13. Kapitel

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Elabriel:

Stöhnend lag ich auf einer weichen Unterlage und wälzte mich hin und her. Die Augen wagte ich gar nicht erst zu öffnen. Mir war entsätzlich heiß, als sich etwas kaltes auf meine Stirn legte. Es fühlte sich gut an, doch war das kühle viel zu schnell wieder verschwunden. Langsam legte sich ein unruhiger Schlaf über mich. 

Als ich das nächste mal zu mir kam befand ich mich in einer Art Dämmerzustand. Weder schlief ich noch war ich wirklich wach. Mir war auf einmal eiskalt und ich zitterte am ganzen Körper. Schlafen, das war der einziger Gedanke den ich hatte. Doch konnte nicht wieder einschlafe. Ich zitterte immer heftiger und mir wurde immer kälter und kälter. Unruhig vergrub ich mich noch weiter in den Decken die auf mir lagen. Doch diese konnten diese schreckliche Kälte auch nicht vertreiben.

Ich wollte nur mehr eines: Schlafen. Schlafen um dieser Kälte, die mich so plötzlich überfallen hatte, zu entkommen.

Irgendwann wurde es wieder etwas wärmer. Langsam hörte ich auf so stark zu zittern und glitt  tatsächlich wieder in einen unruhigen Schlaf, aber dennoch erlösenden Schlaf.

Plötzlich war mir schrecklich heiß, stöhend wälzte ich mich wieder hin und her. Drehte mich von der einen zur anderen Seite, immer und immer wieder, doch nichts half. Ich spührte plötzlich einen schrecklichen Durst, meine Kehle war ganz ausgetrocknet. Ich wollte nach Wasser schreien, doch ich brachte nicht mehr als ein heißeres Krächzen heraus. Die Augen hatte ich noch immer geschlossen, ich schaffte es nicht einmal sie zu öffnen, so schwach fühlte ich mich. Plötzlich begann ich mich unter heftigen Krämpfen zu krümmen. Ich krümmte und wälzte mich, es wollte einfach nicht mehr aufhören. Ich schrie schon fast, so laut stöhnte ich dabei. Es fühlte sich an als ob jeder Muskel meines Körper bis zum zerreißen gespannt war. Plötzlich hörte ich sich nähernde Schritte und spührte dann wie meine Handgelenke nach unten gedrücht wurden. Auch meine Fußgelenke wurden umklammert und auf die Unterlage gedrückt.

Nein, lasst mich los. Lasst mich los.

Ich wollte schreien, doch ich brachte nicht mehr als ein ersticktes Keuchen hervor. Ich versuchte mich zu wehren, wollte diese Hände abschütteln, die mich so fest gepackt hielten und mich auf die Unterlage drückten. Doch ich war einfach zu schwach dafür. Die Krämpfe wurden immer heftiger. Ich schrie und krümmte mich so gut es ging unter diesen kräftigen Pranken die mich immer stärker nieder drückten. Meine Handgelenke schmerzten, sie brannten höllisch unter dem Druck der Hände. Doch die Pranken ließen mich immer noch nicht los. Irgendwann ließen die Krämpfe wieder ein wenig nach und ich sank endlich in den erlösenden Schlaf.

***

Ich rannte, "Nicht so schnell, Amalia." meinte ich lachend, "Warte auf mich!" Sie drehte sich zu mir um, ein herzensfrohes Lächeln lag auf ihren Lippen, "Wetten ich bin als erstes bei der Quelle?" Damit lief sie auch schon lachend weiter. Ich musste schmunzeln, typisch Amalia. Also rannte ich hinter ihr her durch den Wald. Heute war ein besonders schöner Tag, die Sonne strahlte vom Himmel herab auf das lichte Blätterdach der Bäume, und alles schien zu leuchten und zu grünen. Alles kam mir noch schöner vor als sonst. Ich war längere Zeit unterwegs gewesen und froh endlich wieder daheim zu sein. Wie sehr ich sie doch vermisst hatte. Schon viel zu lange hatten wir uns nicht mehr gesehen. Das blonde Mädchen in dem grünen Kleid verschwand zwischen den Bäumen. Ich beeilte mich ihr nach zu kommen. Wir waren beide unbewaffnet, da ließ ich sie nie gerne aus den Augen. Überhaupt würde ich am liebsten die ganze Zeit auf sie aufpassen, doch das würde sie mir nie erlauben. Überhaubt weigerte sie sich irgendeine Art von Waffe bei sich zu tragen. Sie konnte und wollte niemanden verletzten. So war sie eben, meine herzensgute, liebenswürdige Amalia.

Ich legte noch einen Zahn zu und lief durch ein paar Strächer, als plötzlich ein gällender Schrei die ach so friedliche Stille des Waldes zerriss. "Amalia", angsterfüllt schrie ich ihren Namen. Doch sie antwortete nicht. Vielleicht war sie nur schon zu weit weg um mich noch hören zu können und antwortete deshalb nicht. Doch auch der Wald war verstummt, in der Luft lag nun eine bedrohliche Stille. Nein, "Nein!", diesmal schrie ich es. Von der Angst um sie getrieben, rannte ich so schnell ich konnte. Wenn ihr etwas passiert war, könnte ich mir das niemals verzeihen. Ich stolperte über Wurzeln und Steine, bis ich am Rande einer Lichtung zum stehen kam. "Neeeiiiiin!", ein schreckliches Bild bot sich mir dar. Amalia lag mit dem Gesicht am Boden. Ihr blondes Haar war Blut verschmiert. Auf dem Boden um sie herrum bildete sich eine immer größer werdende Blutlache. Auch auf ihrem Kleid klebte Blut. Ihr Blut! Ich rannte zu ihr, "Bitte. In Fortunas Namen, bitte lass sie noch am Leben sein", flüsterte ich den Tränen nahe. Doch weder die Göttin noch das Schicksal waren ihr wohl gesinnt. Es war zu spät, sie war... 

Nein, ich wollte, ich konnte, diesen Gedanken nicht zu Ende denken. Ich drehte sie um, ihre grünen Augen,die den meinen nicht so unähnlich waren, waren glasig. Ihre sonst so sanften Gesichtszüge vor Angst verzerrt. Nasse Tränen tropften auf ihr Gesicht hinab und vermischten sich mit ihrem Blut. Ich barg ihren Kopf vorsichtig in meinem Schoß. Sanft strich ich ihr übers Haar und schloss dann ihre Augen. Wohl wissend, dass sie sich nicht mehr öffnen werden, nie mehr. 

Ich begann zu schluchzen, immer mehr Tränen fanden den Weg in mein Gesicht. Ich fühlte mich leer, als ob mit ihr auch ein Teil von mir gegangen wäre. Ich konnte nicht denken, nicht fühlen. Bis auf einen stechenden Schmerz in meinem Herzen. Ich schrie, ich schrie meine ganze Wut, die Verzweiflung und den Verlust aus mir heraus.

***

Seher (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt