Loving the chaos
Ich habe Liz eher zufällig kennengelernt. Eines Tages sind wir einfach ineinander gerannt. "Kleiner Tipp, Augen auf, wenn du dich bewegst!", ruft sie mir zu. "Danke, gleichfalls.", entgegne ich und wir beide müssen lachen. Danach stellen wir einige Gemeinsamkeiten fest. Mit ihr wollte ich eigentlich nur über Kim hinwegkommen. Kim hat mich drei Wochen vorher verlassen. Liz teilt meine Vorliebe für Chaos, aber mit der Zeit wird mir klar, dass sie das Chaos mehr liebt, als mich. Ich vermisse Kim. Sie war immer total ordentlich. Mit Liz verbindet mich nicht mehr viel. Alles, was am Anfang so neu und aufregend war, ist jetzt eine einzige Qual. Liz kann nicht lange an einem Ort bleiben, deshalb wundert es mich nicht, dass sie irgendwann weg ist. Du weißt, dass das nicht funktioniert hätte. Bin jetzt in London. Bye, Liz, steht auf einem Zettel. So kurz und knapp hat noch nie jemand mit mir Schluss gemacht. "Mach dir nichts daraus, sie hat sowieso nicht zu dir gepasst.", erklärt Maxi zwischen zwei Zügen an einem Joint. Er kommt mir vor wie Absolem, die Raupe aus Alice im Wunderland. Aber vermutlich hat er Recht.
Loving the toxic one
Hannah war toxisch, aber was soll man von jemandem erwarten, der Mathe und Physik studiert und das nicht auf Lehramt? Für mich ist das unvorstellbar. Ich habe Hannah ungefähr zwei Monate nach der Trennung von Liz auf einer Party kennengelernt. Jeder weiß, dass sich der wichtigste Teil einer Party in der Küche abspielen. Dort waren Lara, Maxi und ich auch, da mein bester Freund mal wieder seine berühmte Lasagne gemacht hat. Die haben wir zu dem Zeitpunkt fast jeden Tag gegessen und ich vermute noch immer, dass Gras die geheime Zutat ist, von der Maxi immer spricht. Da stand sie also, irgendwie war diese Nacht etwas Besonderes. Wir waren zwar komplett unterschiedlich, aber wir haben uns direkt verstanden. Es war eine schöne Sommernacht und wir verbrachten die ganze Nacht miteinander. Am liebsten wäre ich direkt zu ihr gezogen, aber sie wollte das nicht. Einige Wochen später sollte ich dann auch erfahren, warum. Hannah war zu diesem Zeitpunkt eine Woche bei mir. Ich musste viel arbeiten, aber eines Abends kam ich früher zurück. Ich habe Hannah erwischt, wie sie in meinem Bett eine andere gevögelt hat. Ich habe sie dann raus geworfen und bin zusammengebrochen. "Naja, was hast du erwartet? Keiner, der auch nur ansatzweise normal, nett oder empathisch ist, studiert Mathe und Physik. Sei froh, dass du dieses toxische Vieh losgeworden bist.", bemerkt Lara, die für eine kurze Zeit ihre Arbeit an einer Ausarbeitung unterbricht, um mich zu trösten.
Loving the older one
Zugegeben, Marlene war vielleicht etwas zu alt für mich, sie war dreiundvierzig Jahre alt, als sie in unsere Vorlesung gestolpert ist. Marlene war unsere Dozentin für Psychologie und ich war von der ersten Sekunde an von ihr begeistert. Sie war total zerstreut, ihre Brille ist ihr dauerhaft von der Nase gerutscht und ihre Unterlagen sind ihr mehr als einmal vom Tisch gefallen. "Oh nein.", flüstert Lara, als sie mich anschaut. "Was denn?", frage ich überrascht. "Mira, willst du mich eigentlich komplett verarschen? Auf deiner Stirn blinkt ein Text. Ich bin total verliebt und halte diese Frau, die viel zu alt und wahrscheinlich sogar hetero ist, für eine geeignete Partnerin. Das ist nicht cool, Mira.", erklärt Lara genervt. Ich schieße alle Warnungen in den Wind. Marlene ist wohl wirklich hetero, aber dafür lief es eigentlich ziemlich gut. Im Endeffekt hat sie mich dann aber doch verlassen. Zu dem Zeitpunkt wollte sie sich eigentlich von ihrem Mann scheiden lassen, aber irgendwann ist sie dann doch wieder zu ihm gegangen. Ich war am Ende, denn ich habe sie geliebt. Für sie war ich wohl nur eine Affäre. Ab sofort nehme ich mir vor, mich nicht mehr so schnell auf jemanden einzulassen.
Loving Kimberly
Kim war meine erste große Liebe, wir haben uns mit siebzehn auf dem CSD kennengelernt und waren zwei Jahre lang zusammen. Sie wollte immer nach Australien, aber ich war noch nicht bereit dafür. Das war der einzige Grund, warum wir uns dann getrennt haben. Kim, die es übrigens hasst, wenn man sie Kimberly nennt, ist dann für ein Auslandsjahr nach Australien gegangen. Ich habe sie nie vergessen, obwohl ich es versucht habe. "Na, bist du immer noch in deiner Spießerhölle gefangen?", fragt mich jemand morgens in der Bahn. Ich erkenne die Stimme sofort, es ist Kim. "Was machst du denn hier?", frage ich überrascht. Sie erzählt mir, dass sie gerade von ihrem Auslandsjahr zurückkommt und jetzt Religion und Biologie auf Lehramt studiert. Langsam nähern wir uns wieder an und ein paar Monate später kommen wir zusammen. Nach unserem Studium zieht es uns nach Irland. Dort erkenne ich, wie schön das Leben sein kann und ich bin so dankbar, dass Kim wieder in mein Leben getreten ist.
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Sieben Blickwinkel
Teen Fiction»Kein Mensch tritt ohne Grund in dein Leben. Der eine ist ein Geschenk, der andere ist eine Lektion.« Sieben Personen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch verbindet sie eines. Sie suchen den Sinn ihres Lebens. Die einen haben ihn verlo...