Kapitel 2

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(Nate P.O.V FBI-Agent)

Das nervtötende Klingeln meines Weckers schrillte in meinen Ohren und ließ mich genervt aufstöhnen. Wie ich dieses Geräusch hasste. Es bedeutete, dass wieder ein stressiger Arbeitstag bevorstand. Gähnend streckte ich mich und nahm mein Handy in die Hand, wo mir direkt Nachrichten von Nicole ins Auge sprangen. Augenrollend beschloss ich, sie diesen Morgen zu ignorieren. Auf dem Weg zur Arbeit würde ich bei Starbucks vorbei zu fahren und ihr einen Kaffee mitbringen. Dies schien sie jedes Mal aufs neue umzustimmen, wenn ich ihr keine Beachtung schenkte. Ich mochte Nicole super gerne. In den letzten Jahren waren in meinem Leben Menschen gekommen und gegangen, nur Nicole war ständiger Bestandteil geblieben und dafür war ich ihr mehr als dankbar. Dennoch ging sie mir manchmal mit ihrer kontrollierenden Art ein wenig auf die Nerven. Oft behandelte sie mich wie ein kleines Kind, welches nicht in der Lage war, sich um sich selbst zu kümmern. Und seit dem Tod meiner Frau Pamela war es immer schlimmer geworden. Sie kam ohne Ankündigung vorbei, kochte mir was zu essen, wusch meine Wäsche und half mir im Haushalt. Zu Beginn war dies vermutlich nötig gewesen und ohne sie wäre ich nicht da, wo ich jetzt war. Aber mittlerweile hatte ich mich wieder gefangen und war sehr wohl in der Lage meinen eigenen Haushalt zu schmeißen.
Müde stand ich auf und putze meine Zähne, bevor ich eine einfache Jeans und ein schwarzes T-Shirt anzog. Meine Arbeitskleidung würde ich mir erst auf der Arbeit anziehen. Jedes Mal, wenn ich sie vorher anzog, wurde ich von allen Menschen anders behandelt. Dies war mir früh am Morgen viel zu anstrengend. Meine Uniform fand ihren Weg in den Kofferraum und ich machte mich auf den Weg zur Arbeit. Vorher fuhr ich bei Starbucks vorbei, um mir und Nicole einen Kaffee zu holen. Einen schwarzen Kaffee für mich und für Nicole wie immer einen Latte mit Hafermilch, Karamelsirup und Zimt. Verstehe einer die Menschen, die sich so einen aufwendigen Kaffee bestellten; ein einfacher Kaffee mit Milch tat es doch sicher auch. Am Hauptquartier angekommen zog ich mir meine Uniform über und meldete mich an der Rezeption zum Dienst. »Nathanael Henrikson«, hörte ich da auch schon Nicoles Stimme, als ich mich gerade auf den Weg zum Fahrstuhl machte. Sie kam mit klappernden Absätzen auf mich zu. Ihre rotblonden Haare hatte sie wie immer in einen ordentlichen Dutt gesteckt, während sie sich heute dafür entschieden hatte einen schwarzen Rock mit einer weißen Bluse zu kombinieren. Ihr Blick musterte mich finster als sie bei mir ankam, während sie eine Augenraue in die Höhe hob. »Du scheinst ja doch noch am Leben zu sein«, kommentierte sie und ihr durchdringender Blick zeigte mir, dass sie genervt von mir war. »Hast du meine Nachrichten heute Morgen ignoriert?«, fragte sie daraufhin auch schon augenrollend und schlug mir leicht gegen die Schulter. Spielerisch hielt ich mir meine Schulter. »Au, schlag mich doch nicht direkt. Ich habe dir Kaffee als Wiedergutmachung mitgebracht.« Versöhnlich hielt ich ihr den Kaffee vor die Nase. »Mit Hafermilch, Karamellsirup und Zimt?«, fragte sie und hob skeptisch eine Braue. »Ja, wie immer«, antwortete ich und mein Plan schien aufzugehen. Sie nahm ihr Getränk und stieg mit mir gemeinsam in den Fahrstuhl, der in diesem Moment unten ankam. »Denk bloß nicht, dass du mich immer ignorieren kannst und mit einem Kaffee alles wieder gut ist«, sagte sie und nippte genüsslich an ihrem Kaffee, während wir uns in die vierte Etage begaben, wo sich die Büroräume befanden. Ich grinste zufrieden vor mich hin. Es funktionierte jedes Mal. »Gibt es irgendwas Neues über den Stroller-Fall?«, fragte ich nach einem kleinen Schluck meines schwarzen Kaffees, um das Thema auf die Arbeit zu lenken. »Anderson und Peters waren vor Ort und fanden nichts. Keine Spur. Der Typ ist wie ein Geist. Ich kann mir immer noch nicht erklären, wie er aus dem Zimmer rausgekommen sein soll. Das macht absolut keinen Sinn. Sind wir sicher, dass wir einen Selbstmord ausschließen können?«
»Ausschließen sollte man es nie, aber die Zeichen deuten alle auf Stroller hin, weshalb uns die Polizei mit diesem Fall beauftragt hat. Das Opfer besaß keinen Grund zum Selbstmord und zudem gehen Anderson und Peters, wenn ich richtig informiert bin, davon aus, dass das Opfer versuchte eine Nachricht mit dem eigenen Blut zu hinterlassen. Die Buchstaben NPL wurden vor dem Opfer auf dem Boden gefunden. Gibt es in dieser Hinsicht einen Fortschritt?« Nicole blätterte etwas in ihren Unterlagen, während wir bereits in meinem Büro angekommen waren. »Anderson geht davon aus, dass die Nachricht auf ihren Ex-Ehemann Nolan Roland Easton hindeuten könnte. Das Blut der Buchstaben wurde untersucht und es handelt sich um das des Opfers. Ihr Ex-Mann kam ihretwegen ins Gefängnis. Er wurde vor drei Monaten entlassen. Da hätten wir auch ein Motiv. Aus einem NPL kann man ganz leicht ein NRE machen. Vielleicht handelt es sich einfach nur um einen normalen Mordfall und hat nichts mit Stroller zu tun?« Ich setzte mich auf meinen Stuhl und fuhr meinen Laptop hoch. »Dies kann natürlich auch sein. Dennoch besitzt dieser Fall viel zu viele Gemeinsamkeiten mit der Stroller Akte.« Es gab keine Hinweise auf den Täter und die Art des Mordes glich der des Serienmörders Strollers. Wir waren immer noch nicht in der Lage gewesen ihn zu fassen und hatten bisher noch keinen Zusammenhang zwischen den Opfern finden können. Es wirkte, als würde er seine Opfer wahllos auswählen und auf brutalste Art ermorden. So als hätte er Spaß daran den Menschen Leid zuzufügen. Die Behavioral Analysis Unit, auch BAU genannt, war bereits dabei ein Täterprofil herzustellen, stieß jedoch noch auf einige Ungereimtheiten. Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. Ich zog es aus meiner Hosentasche, während Nicole kurz nickte und sich auf den Weg in ihr Büro machte. »Agent Henrikson«, meldete ich mich ohne auf den Anrufer zu achten. »Warum denn so formell? «, konnte ich Jake am anderen Ende spaßen hören. Als ich begriff, wer am anderen Ende des Hörers war, bildete sich ein Grinsen auf meinem Gesicht. Jake war vor einigen Jahren mein bester Praktikant gewesen und hatte mittlerweile einen Job in Chicago erhalten. Gemeinsam hatten wir erfolgreich einige Fälle gelöst. »Schön auch mal wieder von dir zu hören Jakey. Was gibt es? Ist dir in Chicago langweilig geworden.«
»Ganz im Gegenteil. Es gibt super viel zu tun hier. Der Grund für meinen Anruf ist ein Fall, an dem ich gerade dran bin«, kam er direkt zum Punkt. »Eine Schießerei in einem Restaurant. 2 Tote 3 Verletzte. Totales Chaos. Zu Anfang habe ich mir nichts dabei gedacht. Doch hör zu: Neben den beiden Opfern wurde weiß gefärbtes Padouk-Holz gefunden.« Ich hielt kurz den Atem an. »Was hast du gesagt? Padouk Holz?« Wenn es das hieß, was ich dachte, dann war das nicht gut. Ganz und gar nicht gut. »Ja ... Nate. Ich glaube, er ist wieder da.« Mir lief es bei dem Gedanken kalt den Rücken runter. »Was wenn es sich nur um einen Nachahmer handelt?«, fragte ich, da ich nicht wahrhaben wollte, dass er wieder auf der Bildfläche erschienen sein sollte. »Nate ... Neben einem der Opfer wurde ein Zettel gefunden auf dem Stand: Es wird Zeit. Ich werde dich finden und meine Rache wartet auf dich. Darunter waren die Initialen M.L zu sehen mit einer aufgemalten Sonne. Nate, das wurde niemals veröffentlicht. Und vielleicht lehne ich mich jetzt etwas weit aus dem Fenster: Aber der Name eines der Opfer der Schießerei war Liora. Könnte natürlich auch Zufall sein, oder aber er ist wieder da.« »Ich mache mich sofort auf den Weg«, war das Einzige, was ich noch sagen konnte, bevor ich auflegte. Seit 4 Jahren hatten wir nichts mehr von ihm gehört. Und jetzt sollte er wieder da sein? In dem Moment als ich eine neue Nummer wählen wollte, ertönte das Klingeln eines Anrufs. »Nate?« Allein bei dem Klang ihrer Stimme kroch Panik in mir hoch. Hatte er sie gefunden? War es bereits zu spät? »Was ist passiert?«, fragte ich so ruhig wie nur möglich. Meine Panik würde sie nur mehr in Schrecken versetzen. »Ich ... Er ... Sie ...«, stammelte sie vor sich hin und es war mehr als eindeutig, dass etwas passiert war. »Nun beruhige dich erstmal und erzähl mir, was passiert ist.« »Sie ist weg«, schluchzte sie. »Einfach verschwunden. Was ...was, wenn er uns gefunden hat? Ich kann das alles nicht mehr. Sie ist weg. Bitte hilf mir.«

Don't break me againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt