Da standen sie nun. Der Mietwagen, den Marie bei einem Zwielichtigen Typen besorgt hatte, war so verschmutzt, dass sie kaum durch die Fenster sehen konnten. Nur die Frontscheibe, die sie zuvor Behelfsmäßig von einer dicken Schicht Schlamm befreit hatten, bot nun freie Sicht auf den Supermarkt, dessen Lichter im dunkeln unangenehm strahlten.
"Hättest du für unseren letzten Coup, nicht einen besseren Wagen auftreiben können?", fragte Bella und beugte sich vom Rücksitz nach vorne, um besser sehen zu können.
Sie beobachtete, wie sich zwei Personen von einer dritten verabschiedeten und über den Parkplatz auf der anderen Straßenseite in der Dunkelheit verschwanden.
"Das ist der unauffälligste, den ich finden konnte. Wäre dir ein roter Porsche lieber gewesen?" Marie wandte ihr Gesicht zu ihrer Freundin und fuhr sich durch die schwarzen Haare ihrer Perücke, die Julia für jede von ihnen besorgt hatte.
"Dann hätten wir zumindest etwas sehen können", zischte Bella und deutete auf die verdreckten Seitenfenster.
"Wir hätten auch gleich einen leuchtenden Pfeil auf uns richten können, wenn du so sehr darauf aus bist alle möglichen Leute auf uns aufmerksam zu machen", erwiderte Marie bissig.
Anna, die am Steuer saß, meldete sich nun auch zu Wort. "Hört auf zu streiten. Das hilft uns auch nicht weiter."
Augenblicklich verstummten die beiden Frauen neben und hinter ihr.
"Weiß jeder was er zu tun hat?", fragte die Sekretärin dann und erhielt als Antwort ein einstimmiges nicken.
Julia, die sich nicht auf den kleinen Streit, sondern weiterhin auf den Supermarkt konzentriert hatte deutete auf den verbliebenen Mitarbeiter, der gerade in einer seiner Jackentaschen kramte. "Er will gehen."
Anna nahm die Hände vom Lenkrad, öffnete die Tür des Wagens und setzte sich die Maske auf, die sie vor einem Jahr aus Venedig mitgebracht hatte. "Dann los."
Die anderen folgten ihrem Beispiel, öffneten die Türen und kletterten, ebenfalls maskiert, nach draußen. Zeitgleich knallten sie die Türen zu.
Der Mann, der gerade in Begriff war die Tür zu dem Laden abzuschließen, sah kurz auf und ließ dabei den Schlüssel fallen. Er achtete nicht länger auf die Frauen und bückte sich, um ihn wieder aufzuheben.
Geschlossen liefen die vier Frauen zu ihm, wobei Julias Schuhe auf der geteerten Straße klackerten.
"Warum zum Teufel trägst du gerade jetzt High Heels?", fragte Marie und sah zu den pink glitzernden Schuhen ihrer Freundin.
"Na immerhin ist das hier unser letzter Auftritt, da wollte ich schick aussehen." Ein erheitertes Lächeln umspielte ihre Lippen. "Außerdem wollte ich das schon immer mal ausprobieren." Sie bemerkte nicht, wie Marie ihre Augen verdrehte. "Die wunderschöne Diebin, die die Stadt unsicher macht."
"Das einzige, was du unsicher machst ist deinen Gang", brummte Marie, "Wenn du umknickst und nicht mehr laufen kannst werde ich nicht diejenige sein, die dich zurück zum Wagen trägt."
"Könntet ihr bitte aufhören euch zu streiten?" Wieder war es Anna die ihre Freundinnen zurechtwies.
Nur Sekunden später erreichten sie den Mann, der immer noch mit dem Schlüssel am Schloss herumwerkelte. Was für ein Glück, dass er scheinbar zu blöd war, um den Laden abzuschließen, andernfalls hätten sie sich einen anderen Weg hineinsuchen müssen.
"Hallo", sagte Anna, worauf der Mann, der es endlich geschafft hatte den richtigen Schlüssel in den Türschlitz zu stecken, verwirrt zu ihr aufsah.
"Hallo", entgegnete er und betrachtete nun auch die anderen Frauen. "Kann ich ihnen helfen?"
"Wir würden gerne in den Laden", sagte Bella direkt heraus.
"Wir haben leider seit einer halben Stunde geschlossen", erwiderte der Mann und deutete auf das Schild mit den Öffnungszeiten.
"Wir beeilen uns auch." Julia wickelte sich eine Strähne ihrer Perücke um den Finger.
"Es tut mir wirklich leid, aber ich-" Zu mehr kam er nicht mehr, denn Anna zog die Waffe unter ihrem Mantel hervor und hielt sie ihm direkt vor sein Gesicht, in dem sich augenblicklich der Angstschweiß ausbreitete.
"In ein paar Minuten sind wir wieder weg und sie können nach Hause", sagte sie, "Julia, fessle ihn."
Schon ehe Anna sie dazu angewiesen hatte, hatte Julia das Seil aus ihrer Handtasche hervorgekramt, die passend zu ihren Schuhen pink glitzerte. Mit geschickten Fingern band sie ihm die Hände am Rücken zusammen. Unterdessen öffnete Bella, die Tür, in der immer noch der Schlüssel steckte und trat in den Laden ein.
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Bei Splitter Nummer 5, gibt es mal etwas ganz anderes. Diesen kleinen Text habe ich als kleines Experiment geschrieben. Allerdings bin ich bis heute nicht wirklich zufrieden damit, weil es absolut nicht mein Genre ist und ich nicht recht wusste, wie ich den Text aufbauen soll. Aber ich fand es interessant mal aus meiner Komfortzone herauszutreten und etwas komplett anderes zu schreiben als sonst. :3
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Gedankensplitter
Short StoryHerzlich Willkommen, in meiner Ideenkiste. Hier werde ich hin und wieder kleinere Textpassagen veröffentlichen, die mir durch den Kopf schwirren und bei denen ich noch nicht sicher bin, ob es einzelne Gedankensplitter bleiben oder ob sie eventuell d...