Ein Tag wie jeder andere

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Trigger warning!!! ⚠️⚠️
Der folgende Inhalt können verstörend sein. Bis zum Emoji 👍 bitte nur auf eigene Gefahr lesen. Danach sollte es in Ordnung sein. Danke!!

Während einer Sommernacht ging ich über die Strasse und sah, wie ein Auto auf mich zukam. Es kam gerade um die Kurve, und die Fahrerin, mit ihren Kindern auf dem Rücksitz, riss ihre Augen zu fast herausfallenden Kugeln auf und tritt kräftig auf die Bremse. Lächelnd dachte ich, ich hätte heute ein mal Glück gehabt. Schnell und schmerzlos, nicht? Ich blieb stehen und hoffte, das Auto würde eifach über mich hinwegbrausen, meinen Kopf unter seinen Rädern begraben. Zu früh sollte man sich aber auch nicht freuen. Das Auto blieb quietschend genau fünf Zentimeter vor mir stehen.
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Ich beschloss, mich schnell aus dem Staub zu machen, bevor die Menschen anfangen Fragen zu stellen, denn ich höre bereits, wie die Fahrerin schimpfend aussteigt. Mit schnellen Schritten trat ich in eine kleine Nebengasse. Dort drängte ich mich der von Schatten beworfenen Strassenseite entlang, meine Hoodie- Kapuze über den Kopf geworfen.
Als ich sicher war, den Maulwürfen entkommen zu sein, verlangsamten sich meine Schritte. Es tut mir leid. Ich habe euch die Gesellschaft noch nicht vorgestellt. Es gibt verschiedene Gruppen darin. Zum Beispiel die Maulwürfe. Sie sind blind. Blind für die Welt wie sie wirklich ist. Blind für die Gefühle empfindlicher Geschöpfe. Sie sind überall und graben weiterhin in ihrem perfekten Erdreich herum. Es gibt keine Trauer, keinen Schmerz und keinen Kummer, den sie wahrzunehmen vermögen. Auch meine Mutter war ein Maulwurf. Sie hat nicht sehen können, was in mir vorgeht. Dafür ist jetzt aber zu spät. Als sie, total überrascht und erschrocken meinen Cutter, blutige Taschentücher, und einen russgeschwärzten Siegelwachs- Stempel gefunden hat, hat sie mich dazu gezwungen, mich vor ihr auszuziehen. Als sie die Schnitte, Narben und Brandmale auf meinem Körper gefunden hat, ist sie lauthals schreiend davongerannt. Ich dachte, ich müsse ihr etwas Zeit lassen, und bin wie gewohnt in die Stadt auf Erkundungstour gegangen. Als ich am nächsten Morgen in der Frühe nach Hause kam, fand ich sie, mit einem Seil um den Hals, das sie absichtlich gekauft haben musste da wir sonst keine besassen, von einem Regal herabhängend. Unter ihr lag ein lächerliches Stück Papier. Ein Einkaufszettel. Auf seiner Rückseite stand: „Was habe ich falsch gemacht?" Seit damals lebe ich allein in der Wohnung, die wir zuvor gemeinsam bewohnt hatten. Und falls ihr euch fragt, wo mein Vater blieb, der hat sich schon vor meiner Geburt aus dem Staub gemacht. Da ich nun keinen Vormund mehr hatte, wurde meine Tante ganz offiziell dazu, aber ich durfte in der Wohnung bleiben, da ich den Pädagogen sehr „erwachsen und reif" schien. Dies bedeutet einfach, dass ich keine Träne vergossen hatte, als meine Mutter gestorben war. Dies war aber auch kein Wunder nach allem, was sie mir angetan hatte, als ich noch klein war. Mein Rücken war meistens grün und blau vor Schlägen mit dem Gürtel gewesen. Dies war mir in der Umkleide unangenehm gewesen, weshalb ich der falschen Schlange damit gedroht hatte, sie zu verpfeifen, wenn sie nicht sofort damit aufhöre.
Zurück zu den Maulwürfen. Sie sehen nicht, was hinter der dämlich lächelnden Fassade steckt, sie denken, es sein alles in Ordnung, man sei Glücklich, habe ein schöne Zukunft vor sich. Dem ist leider nicht immer so. Das Lächeln entsteht aus dem richtigen Zusammenspiel aus kontrahierten Muskeln der Skelett- Muskulatur. Die Skelett- Muskulatur lässt sich bewusst beeinflussen. Sie ist also keine verlässliche Referenz, wenn es um die Gefühle eines Menschen geht.
Die Frau, die mir den fast den Gefallen hatte, mir einen friedlichen Tod zu schenken, der nicht als Selbstmord eingestuft würde, war ein Maulwurf. Ich sah es in ihren Augen. Sie hatten einen matten Glanz, der mir Galle in den Mund trieb, da mein Magen, wie meistens, leer war. Von solchen Kreaturen war ich umrundet. Ich konnte lange nicht verstehen, warum die Meisten Maulwürfe waren, doch nun konnte ich es. Die Maulwürfe sind zu schwach, um der Realität ins Auge zu blicken. Sie leben lieber in ihrem gemütlich perfekten Erdreich, als den Schmerz, die Wut, Enttäuschungen oder Schuldgefühle wahrzuhaben. Als mich mein Weg an einem Snack- Automaten vorbeiführte, beschloss ich, mir eine Dose Cola Zero zu gönnen. Ich warf ein paar Münzen in das Gerät, tippte die Nummer 33 ein, und sah dem Arm zu, wie er die Cola- Dose zur Abgabeluke führte. Als ich mich auf die Bank daneben setzte, vorsichtig die Dose nur ein wenig öffnete, um den Rest mit meinem Finger zu öffnen, da ich die silberne Lasche oben drauf nicht beschädigen wollte, hörte ich das leise zischen. Als ich wie soeben beschrieben fortfuhr, zuckte ein kleiner, warmer Schmerz durch meinen rechten kleinen Finger. Ich war unvorsichtig gewesen, und hatte mich an der Dose geschnitten. Mein Vorhaben nicht über den Haufen werfend, liess ich aber keineswegs von meinem Vorhaben ab, sondern zog meinen Finger aus der Dose heraus, drehte die Aluminiumlasche um 180 Grad, und zog sie vorsichtig nach oben. Geschafft! Das kleine Plättchen war nicht mitgekommen, aber der Metallring war noch ganz. Kiss. Wem hätte ich das kleine Ding in meiner Hand schon geben sollen? Ich könnte auch einfach sagen: „ Küss mich." Aber dies zu tun, war für mich nicht sehr einfach. Ich hatte beschlossen, heute Nacht diese Dosenlasche jemandem zu geben, in der Hoffnung einen Kuss im Austausch dafür zu bekommen. Ich bewegte mich, das Netzwerk aus Gässchen nutzend, etwas mehr in Richtung des nächsten Quartiers, das Clubs hatte. Durch die heller beleuchteten Strassen wandelnd, streifte mein Blich den Gebäuden entlang. Ich fand einen Club, trat von oben auf meine leere Cola- Dose, sodass sie zu einem zusammengestauchten Aluminiumklotz wurde. Diesen stopfte ich in meine Hoodie- Kapuze. Es war ja schon ein Wunder, dass ich von dem Türsteher hereingelassen worden war, da den meisten Menschen klar ist, dass ich nicht volljährig bin. Ich versuchte mein Glück noch einmal, und trat an die Bar. Dort murmelte ich dem Barkeeper zu, ich wolle einen Caramel- Whiskey- Sour. Meine Bezahlung entgegennehmend, reichte mir der Bursche schon bald ein Cocktailglas. Dass ich zwei mal nicht als minderjährig angesehen wurde, ermutigte mich bei meinem heutigen Vorhaben. Als also eine junge Frau, das bestimmt keine 18 Jahre alt war, an den Bartresen trat, und ein Cherry- Vodka- Sour bestellte, nutzte ich meine Chance. Als er der unbekannten ihr Glas reichen wollte, sagte ich halblaut, dass das Getränk auf mich gehe, und reichte ihm den geforderten Betrag. Sie blieb verdutzt stehen, und schaute mich aus ihren kugelrunden, rehbraunen, Augen an. Ich schaute beschämt zur Seite, als sie „Danke!" sagte, und legte die Lasche der Cola- Dose vor ihr auf der Bar nieder. Sie warf einen kurzen Blick darauf, nahm sie in ihre Hand, nur um sie in der Tasche ihrer kurzen Hose verschwinden zu lassen. Sie trank ihren Drink in ein paar Zügen und fasste dann meine Hand, um mich mitten auf die Tanzfläche zu ziehen. Etwas verlegen ahnte ich die Bewegungen der mich Umrundenden nach. Ein leichtes Kribbeln breitete sich auf meiner Haut auf, und als ich meine Augen schloss spürte ich es ganz klar. Die Musik mit dem Alkohol, dem Caffein und dem Adrenalin liess mein Bewusstsein an einen ganz Ort, reisen. Die psychedelischen Klänge strömten durch mich hindurch , als sei ich das Medium, dass ihr erlaubt ihre Form anzunehmen. Die Menschenmasse, ich war ein Teil davon. Und die Unbekannte hielt sich so dicht neben mir, dass ich die Wärme ihres Körpers bis zu mir strahlen spüren konnte. Als ein langsameres Lied eingespielt wurde, übernahm sie die Führung, und trat plötzlich ganz eng an mich heran, um ihre Arme um meinen Hals zu schlingen. Ich spürte ihren Warmen Atem auf meiner Haut, ihre leicht verschwitzte Haut an an meinem Hals. So etwas hatte ich noch nie zuvor erlebt. Es schien, als seinen wir eine Einheit. Die Grenze zwischen uns war kaum mehr spürbar. Behutsam schaukelten wir eng umschlungen zu dem Lied, so wie auch viele Andere um uns herum es taten. Ich verlor mich in der Tiefe ihrer Augen, nur um mir bewusst zu werden, was ich gerade Tat, als sie ihre weichen Lippen an meine führte. Warm, fast schon heiss, fühlten sie sich an den Meinen an. Sanft sog sie an mir. Ich öffnete darauf hin meine Lippen etwas, nur um die ihren um die meinen geschlungen zu fühlen. Ich fühlte mich ihr nun noch näher, und schlang meine Arme etwas kräftiger um ihre Taille. Das warme prickeln in meinem Inneren wurde regelrecht zu einem Kochen, als sie ihre Zunge sanft meine Unterlippe entlang führte. Ich tat es ihr gleich, und als sie sich trafen, war das Feuerwerk in mir entfacht. Wir tanzten und küssten uns noch eine Ganze Ewigkeit. Irgendwann, löste sie ihre Arme um meinen Nacken, und lief an die Bar, mich hinter sich herumschleifend. Für uns beide Drinks bestellend, lächelte sie leicht, und kramte ein stück Papier sowie einen pinken Kugelschreiber hervor. Sie notierte etwas darauf, und reichte mir den Zettel, gemeinsam mit meinem Glas. Ohne nachzudenken, schob ich ihn in die Tasche meiner Jeans, und nahm ihr mein Glas ab.
Wir setzten uns auf zwei Barhocker und begannen ein Gespräch. Sie hiess Nao, war 17 Jahre alt, zeichnete in ihrer Freizeit, und ging noch zur Schule. Sie wohnte in einem Quartier, das sich in der Nähe befand. Dort lag auch ihre Schule. Als es langsam spät wurde, oder eher früh, da es zwei Uhr morgens war, beschlossen wir, uns auf dem Weg nach Hause zu machen. „Danke, mir hat es heute Nacht sehr gut gefallen. Dies können wir gern wiederholen, wenn du willst. Mach davon Gebrauch, so oft du willst.", Sagte sie mit einem Augenzwinkern, beugte sich noch einmal vor, um mir einen leichten Kuss auf die Wange zu drücken, und verschwand in der Dunkelheit. Etwas verdutzt realisierte ich, dass sie nicht einmal meinen Namen kannte, geschweige denn wusste, wo ich zu finden sei. Dies galt auch anders herum. Mit den Gedanken noch im heutigen Abend herumhängen, schlenderte ich die Gassen entlang nach Hause. Da ich etwas gedankenverloren war, hatte ich vergessen, mich in den Schatten zu bewegen, und war deshalb von stock besoffenen Typen dumm angemacht worden. Sie hatten etwas gelallt, das wie „Komm her, heisse Schnecke!" geklungen hatte. Ich hatte meine Schritte beschleunigt, um ihnen zu entkommen, und war etwa um halb drei zu Hause.
Erschöpft legte ich mich in mein Bett, ohne mir auch nur die Schule auszuziehen. Ich schlief in dieser Nacht besser als je zuvor. Zum Glück musste ich am nächsten Tag nicht früh aufstehen, da gerade Wochenende war.
Am nächsten Morgen beschloss ich mich umzuziehen, und fand den Naos Zettel in der Hosentasche. Es war ein Einkaufszettel. Was für eine Ironie des Schicksals. Ich musste erst schmunzeln, dann gar krankhaft lachen. Doch ich erinnerte mich daran, dass sie etwas auf den Zettel geschrieben hatte. Ich drehte ihn also um, und fand eine Telefonnummer darauf. Das Bellen verging mir, und wurde zu einem zufriedenen lächeln. So hatte sie das also gemeint.

Hide and seekWo Geschichten leben. Entdecke jetzt