Vor dem Eingang der Bar blieb ich kurz stehen und schaute mich in einem der Fenster noch einmal an. Die Haare, wie immer eigentlich, in einem tiefhängenden Dutt gebändigt, mein Gesicht mit ein wenig Farbe bedeckt und meine Wimpern dunkler getuscht.
Ich strich über meinen schwarzen Blazer und drückte die schwere Tür auf. Ich ließ meinen Blick über die wenigen Menschen schweifen, die sich in dem Nichtraucherbereich tummelten, bevor ich weiterging.
Ich wusste, dass Oliver heute frei hatte, also nahm ich kein bekanntes Gesicht wahr, bis ich in den letzten Teil schritt. Links, an einem größeren Holztisch saß eine wunderschöne, brünette Frau in einem sehr eleganten Jumpsuit und starrte mich an.
In der Mitte des Tisches brannten drei Teelichter, deren Flackern Sahra in dem sonst spärlich beleuchteten Teil in ein mysteriöses Licht tauchten. Das leichte Schattenspiel auf ihrem Gesicht war wie ein Feuerwerk, welches mich in den Bann zog.
Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, bevor sie mich zu sich bat. Ich war wohl kurz in meiner eigenen Welt gewesen, da ich nicht mitbekam, wie ich stehen geblieben war.
Ich lief auf sie zu, überwand die letzten Schritte und setzte mich ihr gegenüber. Ihre braunen Augen registrierten jeden einzelnen Zentimeter, den sie sah. Sie schaute mir in die Augen, auf die Lippen, die Hände. Meine Brüste, meine Schlüsselbeine, bevor sie wieder bei den Augen ankam.
Und wieder einmal spürte ich das Lodern in mir, das sich mit Blitzeskälte abwechselnde Hitzegefühl, das Kribbeln und das aufkommende Flausein. Meine Hände nahm ich vom Tisch, um sie vor Nervosität an meiner Hose entlangfahren zu lassen.
Keiner sagte etwas, weil wir beide miteinander so beschäftigt waren, dass kein Platz für Worte war. Wir schauten uns in die Augen und überwältigt von dem Gefühl sackte mein Inneres in sich zusammen.
"Entschuldigung, was darf's bei Ihnen sein?", riss uns eine Stimme auseinander. Sahra und ich zuckten auseinander und setzten zeitgleich das unnahbare Politik-Lächeln auf.
Sahra bestellte sich einen Moscow Mule, während ich einen mit Zitronensaft aufgefüllten Basilikumschnaps orderte.
"Jetzt, wo die Magie vorerst gebrochen ist, möchte ich dich fragen, was du erwartest, Alice. Was möchtest du von mir?"
Ich schluckte. So direkt habe ich sie nicht erwartet. Ich kannte die Antwort, doch sie wollte nicht über meine Lippen. Angst vor dem, was sie sagen würde, schluckte ich die Worte runter.
Bilder aus Sahras Büro fanden ihren Weg in meine Gedanken. Das Feuer, welches damals von ihr ausging, verdrängte Stück für Stück meine Unsicherheit. Ich spürte ihre Hände wieder auf meinem Körper und musste tief ein- und ausatmen, um mich wieder auf sie im Hier und Jetzt zu konzentrieren.
Der fordernde Blick, mit dem sie mich ansah, ließ mich ahnen, dass sie von der Frage nicht loslassen würde, bis Sahra eine Antwort erhielt. Unsicher kaute ich auf meiner Lippe und sprach das wohl offensichtlichste aus. "Dich."
"Lille, versteh' mich nicht falsch." Allein, dass sie mich wieder so nannte, ließ mich ein klein wenig entspannen. "Bevor ich mich auf etwas einlasse, was tiefer geht, möchte ich wissen, woran ich bin.", Sahra blickte mich unsicher an, fuhr dann jedoch fort, "Ich möchte mich vor Enttäuschungen schützen. Wenn du mich allerdings weiter mit deinen Blicken anschmachtest, wird es schwer, auf Gefühle zu verzichten, meine Liebe."
Ich schluckte abermals und sah Sahra einfach nur an. Ihre Augen, ihre Haare, der Jumpsuit. Diese Frau war so unglaublich perfekt. Meine Stimme fand ich kurze Zeit darauf wieder. "Ich glaube, es ist wirklich ernst mit dir. Was ich für dich fühle, habe ich ähnlich das letzte Mal frisch verliebt für Sarah gefühlt. Du wirst dich fragen, warum ähnlich - es hat nicht lange mit uns gehalten. Bei dir ist es intensiver. Bei dir schaltet mein Kopf ab, mein Körper übernimmt die Kontrolle."
Ich öffnete mich ihr, und genau dafür bedankte sich Sahra auch, bevor sie antwortete. "Lille, mir geht es verdammt ähnlich. Ich war bisher nie in eine Frau verliebt. Es waren immer schöne Abenteuer, die ich nicht missen möchte. Aber ehrlicherweise habe ich nie über eine Beziehung dieser Art nachgedacht."
Mir drängte sich der Wunsch auf, dieser Frau zu zeigen, wie schön eine Beziehung sein kann. Unsere Drinks waren mittlerweile leer. Sahra nahm meine Hand, welche auf dem Tisch lag und strich über meine Finger.
"Alice, wir sollten es versuchen. Nebenbei gesagt; du hast so unglaublich schöne Hände." Ich musste lächeln, während ich auf unsere sich berührenden Hände blickte. Sahra striff immernoch immernoch sanft über meine Finger.
Mein Herz sprang, als ihre Worte endlich bei mir ankamen. Ich umgriff ihre Hand und übte leichten Druck aus, während ich ihr in die Augen sah. Sahra stand auf, ich ebenso. Und dann passierte es.
Wir kamen einander näher, lehnten uns über den Tisch und unsere Lippen berührten sich. Flüchtig, wie ein Windhauch, glitten ihre Lippen über meine. Diesmal war es nicht nur eine lodernde Flamme; es entzündete sich ein Feuerwerk aus Emotionen.
Diese Millisekunde war genau so schnell vorbei, wie sie begonnen hatte, doch ich war beflügelt. Diese Frau nahm mich ein, voll und ganz. Immernoch hielt ich ihre Hand und wiederholt zog ich diese Frau zu mir. Diesmal allerdings nur, um ihr ins Ohr zu flüstern, dass sie mit zu mir kommen solle.
Ihr Blick wirkte verschleiert und sie schien meine Worte zu inhalieren. Ihre Augen taxierten mich und sie nickte. Wir legten Zwanzig Euro auf den Tisch und liefen Arm in Arm auf den Ausgang zu.
Draußen war es mittlerweile dunkel geworden und die Temperatur in die einstelligen Plusgrade gefallen. Mein Atem zeichnete sich in weißen Wölkchen vor meinem Gesicht ab.
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in another life - weidelknecht
Fanfic𝟐 𝐅𝐫𝐚𝐮𝐞𝐧, 𝟏 𝐈𝐧𝐭𝐞𝐫𝐯𝐢𝐞𝐰, 𝐆𝐞𝐟𝐮𝐞𝐡𝐥𝐞, 𝐋𝐞𝐢𝐝𝐞𝐧𝐬𝐜𝐡𝐚𝐟𝐭. 𝑨𝑵𝑴𝑬𝑹𝑲𝑼𝑵𝑮: In dieser Geschichte rauchen die betreffenden Personen, trinken Alkohol und haben Sex. Smut ist generell...