Vom Regen in die Traufe

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Als ich den letzten Bissen verschlang, schürte ich das noch glimmende Feuer und zog mich auf meine Decken zurück. Ein unruhiger Schlaf, voller Blut und kaltem Stahl überkam mich.

Geweckt wurde ich durch Caspar, der mich sanft wachrüttelte, gefolgt von einem nicht so sanften Tritt gegen meine Schulter. Dieser Tritt allerdings kam nicht etwa von Caspar sondern von Burkhart. "Hey Aufwachen! Wir wollen frühstücken und endlich das Lager abbrechen. Für uns ist hier keine Arbeit mehr!" sagte Er und trottete wieder davon um weiter aufzuräumen. Caspar verschwand derweil weiter zur Straße um Ausschau zu halten nach irgendwelchen Reisenden oder Raubrittern. Ich blicke um mich herum und sehe Poliver und Hans wie sie den Proviant, den ich gestern Nachmittag kaufte, auspacken und aufteilen. Desweiteren ist Wilhelm damit beschäftigt seinen Zweihänder zu schleifen. Richard stapfte durch den Morgen und belud die Pferde mit den fertig zusammengepackten Taschen und in Decken eingewickelten Vorräten und Waffen. Wir hatten uns kurz nach unserem Zusammenschluss als kleine Truppe angewöhnt nie unsere schweren Waffen griffbereit zu tragen. Das Bauernvolk würde abgeschreckt und eingeschüchtert, Gesindel aggressiv und Soldaten misstrauisch werden. Der geübte Blick der Veteranen und Hauptmänner würde Ihnen dennoch zeigen das wir eine schlagkräftige Truppe waren, welche jedoch keine Gefahr darstellt. In erster Linie sind wir nur befreundete Reisende die hier und da aushelfen.

"Haaaallo? Fertig mit Aufwachen?" fragte mich Burkhart und rüttelte mich erneut unsanft während sein Gesicht nur ein oder zwei handbreit von meinem entfernt waren. "Gut dann runter von der Decke, wir müssen sie aufladen." Mit diesen Worten zog er die Decke unter mir weg, als sich gerade genug Luft zwischen mir und meinem Schlafplatz befand. Unsanft aus dem Schlaf gerissen machte ich mich auf den Weg zu meinem Pferd und sattelte es. Caspar kam zügigen Schrittes angelaufen und ging ebenfalls an sein Pferd, jedoch nicht um es zu satteln sondern um seine Waffen wieder abzuschnallen und sich scheinbar auszurüsten. Die Anderen sahen ihm zu und ich fragte "Caspar? Was machst du da?". Caspar sah mich an während er seinen Bogen neu einspannte "Ullrich..." er machte eine kurze Pause und atmete hastig "Merringen wurde überfallen!" wieder eine kurze Pause in der Caspar durch die Runde schaute. "Ich stand vorn am Weg" fuhr er fort "als eine Wache von Merringen sich in unsere Richtung schleppte und auf dem Weg zusammen brach. Ich dachte er trüge eine rotgefleckte Tunika dabei war das einmal eine graue Wolltunika gewesen. Sein Überwurf war zerschlitzt und an den kaputten Stellen mit Blut befleckt. Er erzählte mir in seinen letzten Minuten das Merringen im Morgengrauen, als wir schliefen, angegriffen wurde. Die Häuser sind bis auf ein paar Außnahmen heil geblieben und auch die schlafende Bevölkerung ist unbeschadet geblieben, doch die Raubritter nahmen die jungen Frauen des Dorfes mit und erschlugen dabei die gesamte Wachgarnison in ihren Feldbetten." schwer atmend führte Caspar die Beschreibung näher aus "Die wachhabenden Soldaten waren die jungen grünen Rekruten. Irgendjemand musste davon gewusst haben das nur sie Wache hatten. Dieser junge Rekrut starb in meinen Armen und liegt jetzt dort an der Straße. Wir müssen irgendwas tun!". Ausser Atem starrte er mich an doch ich nahm ihm den Bogen aus den Händen und fasste ihn an beide Schultern um seine volle Aufmerksamkeit zu erringen. "Lass uns erstmal Frühstücken. Wenn wir irgendwas unternehmen nützt es niemandem wenn wir dann nach dem Ritt hungrig und ohne Kraft vom Pferd fallen." Caspar ließ resigniert die Schultern hängen doch er verstand meinen Punkt. "Aber ..." wollte Casper ansetzen doch Poliver drückte ihm Brot, Fleisch und Wein in den Arm. "Nach dem Frühstück Kleiner, nach dem Frühstück." sagte Poliver und gab auch mir meine Ration um etwas wach zu werden. Ich nahm einen großen Bissen von meinem Brot, vom Fleisch und einen kräftigen Schluck aus dem Weinschlauch welchen Caspar die ganze Zeit in der Hand hatte seit er Ihm von Poliver gegeben wurde. Meine Kameraden taten es mir nach. Sie bissen von Ihrer Mahlzeit ab, tranken und legten dann das Essen in unsere Provianttasche. "Jetzt ... gehen wir Verbrecher jagen!" sagte ich dem nun grinsenden Caspar und schob seinen Bogen zurück in die Wolldecke aus der er Ihn gezogen hatte. "Du willst doch sicher nicht nach Merringen laufen oder? Setz dich auf dein Pferd. Wir rücken aus!" gab ich den Aufbruchbefehl an alle. Jeder packte zusammen was noch übrig war und verstaute die Waffen, versteckt aber griffbereit sollten die Männer die wir suchten noch in der Nähe sein.

Wir gallopierten über die schlammigen Furchen des Waldweges, schnell und bestimmt. Ein leichter Nebel kroch aus den Wäldern zu unseren Seiten und die Sonne strahlte durch Ihn hindurch, was dem ganzen Ritt einem Traum gleichen ließ. Einem Traum aus dem man jeden Moment aufwachen könnte, doch das hier war kein Traum. Wir ritten auch an dem Leichnam der Wache vorbei. Mehr ein Haufen Elend als eine Wache. Er tat uns allen Leid doch wir mussten den Verbliebenen des Dorfes helfen. Der Wald vor uns lichtete sich und ebenso der Nebel. Ein wunderschöner Morgen tat sich vor uns auf. Grüne Weiden mit kleinen Nebelfeldern, welche sich aus dem Wald einen Weg bahnte. Wir mussten von der Ferne wirken wie mystische Wesen, Geister die den Nebel hinter sich hertragen um so ihre Absichten oder Spuren zu verschleiern. Die Luft war kalt an diesem Morgen und nur die aufgehende Sonne spendete Wärme in diesen kalten Herbsttagen. Wir hatten den August bereits überschritten und gingen immer mehr in den September über. So genau wusste das keiner von uns. Die Monate fließen ineinander wenn man auf der Reise ist und ohne einen steten Halt. Wir galopierten eine kurze Zeit bis unsere Reittiere und auch wir erschöpft waren.

Das Leben eines SöldnersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt