dein, mein, unser ende

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Ein Leben lang hat sie sich gefragt, warum die Sehnsucht und Einsamkeit bei Nacht größer werden, wenn die Schatten der Kerzen tanzen und sie stillschweigend in ihren Büchern liest. Die Antwort wird sie vielleicht nie finden, aber als er neben ihr lag, empfand sie keine Einsamkeit. Da wollte sie nicht einmal einen Gedanken an die Einsamkeit verschwenden, die sie sonst heimsuchte und verzehrte.

Nur die Sehnsucht nagte an ihr, denn sie konnte die Nähe und Wärme seines Körpers an dem ihren fühlen, während der kühle Wind durch das Fenster in das Zimmer wehte und das Regenwasser die Rohr hinabrauschte.

Alles, was sie wollte, während der Sturm draußen tobte, war sein Körper an dem ihren und ihre Lippen auf den seinen, denn dann könnte er endlich Liebeslieder auf ihren Lippen schreiben.

Also sprach sie die einzige Wahrheit aus, die sie kannte, weil sie die Stille zwischen ihnen nicht mehr ertrug. »Was ist das zwischen uns?« Ihre Stimme zitterte. Es war diese Ungewissheit, die sie die ganze Zeit über kaputt gemacht hatte, diese ganzen Was wäre, wenn's. Aber auch die Angst, ihn durch nur ein Wort zu verlieren. Doch jetzt schien die Blase zerplatzt, der Weg zurück versperrt, und noch wusste sie nicht, ob das gut oder schlecht war, obwohl die Wahrheit nun raus war. »Weil ich glaube wir haben schon längst die Grenze einer Freund:innenschaft überschritten. Und es ist als würden wir uns den Aufenthalt verschweigen, um nicht entdeckt zu werden. Aber ich will entdeckt werden. Von dir.«

»Ich weiß doch auch nicht, was das zwischen uns ist, was es werden wird.« Er stockte, stolperte über seine Worte, musste sich erst an die Luft, die Wahrheit hier, außerhalb der Blase, gewöhnen. »Ich will dich entdecken, aber ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich weiß nicht, ob ich mehr als diese platonische Ebene kann. Berührungen ja und Umarmungen auch, aber ich glaub-« Tief Luftholen. Augen zu und durch. »Ich glaube ich bin asexuell.« Seine Stimme brach. »Und könnt' ich uns, könnt' ich dir ein Happy End schreiben, so einfach auf Papier, würde ich es sofort machen, aber ich kann es nicht. Ich kann nicht versprechen, dass alles gut gehen wird, und das macht mir Angst. Weil ich dich nicht verletzen will, wenn ich den nächsten Schritt nicht mehr gehen kann, weil ich dich verdammt nochmal nicht verlieren will.«

Tränen sammelten sich bereits in seinen Augen und auch in den ihren. Jetzt konnte sie verstehen, warum er nie ein Wort über sie verloren hatte.

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