Kapitel 29

392 21 2
                                    

„Emma!", lautete die stürmische Begrüßung von Snow, als Emma und Regina die Wohnung der Charmings betraten. Snow und David zogen ihre Tochter nacheinander in eine liebevolle Umarmung.

Emma ließ es geschehen, obwohl sie so eine freudige Reaktion überraschte nach allem, was geschehen war. Schließlich war ihr letztes Zusammentreffen weniger glücklich verlaufen und der Tod von Jekyll war ihre Schuld gewesen. Doch Emma musste sich daran erinnern, dass ihre Eltern nicht nachtragend waren. Wenn ihr jemand vergeben würde, dann die Charmings mit ihrem unerschütterlichen Glauben an das Gute und die Hoffnung.

Snow war die erste, die das Wort ergriff. „Was ist mit der bösen Königin?" Ihr ernster Blick ruhte auf Emma.

„Ich ... Wir sind nicht ..." Nervosität stieg in Emma auf und sie wusste nicht, warum. Vielleicht lag es an ihren Schuldgefühlen, weil sie ihre Familie im Stich gelassen hatte, oder vielleicht wegen dem, was zwischen ihr und der Königin gelaufen war, obwohl ihre Eltern nicht die leiseste Ahnung davon hatten.

Sofort griff Regina beruhigend nach ihrer Hand, was Emma allerdings komplett aus dem Konzept brachte. Deswegen antwortete Regina für sie. „Dank Emma ist die Königin wieder ein Teil von mir."

„Warte, ich dachte, du wolltest sie töten?", erwiderte David verwirrt. Er schien keine Notiz von Reginas Geste genommen zu haben, denn er starrte ihr geradewegs in die Augen.

„Ich habe erkannt, dass das nicht der richtige Weg ist."

Snows Blick dagegen richtete sich direkt auf die Hand ihrer Tochter. „Wie habt ihr das geschafft?"

Das war dann wohl der Moment, in dem Emma ihnen die Wahrheit sagen musste. Obwohl sie wusste, dass ihre Eltern Fans von wahrer Liebe waren, hatte sie Angst vor ihrer Reaktion. Das mit Killian war schließlich noch nicht so lange her, und sicherlich würden sie daraus schließen können, dass Emma auch etwas mit der Königin hatte, was nicht besonders gut ankommen würde.

Emma atmete tief durch. „Der Kuss der wahren Liebe, wie sich herausgestellt hat."

Snows und Davids Augen weiteten sich synchron, doch im Gegensatz zu ihm bildete sich ein freudiges Lächeln auf ihrem Gesicht.

„Wow, das ist ...", begann Snow.

„Unerwartet. Es ist unerwartet", beendete David ihren Satz und schaltete sofort seinen typischen Beschützerinstinkt ein. Nicht, weil er Regina nicht vertraute, sondern eher auf dieser väterlichen Art, als wollte er seine Tochter vor allem Bösen dieser Welt schützen. Manchmal hatte sogar Killian Angst vor ihm gehabt.

Emma wollte so schnell wie möglich das Thema wechseln. „Eigentlich bin ich hier, um mich bei euch zu entschuldigen für ... für einfach alles. Ich habe euch enttäuscht und im Stich gelassen und ... Es tut mir leid."

„Ach, Emma, du hast uns nicht enttäuscht. Wir machen doch alle Fehler."

„Ich weiß. Ich halte es aber trotzdem nicht für einen Fehler. Die Königin", wieder entstand dieses dümmliche Grinsen auf ihren Lippen - sie hasste es -, „hat mir geholfen, meine Magie wieder nutzen zu können. Auch die Visionen von meinem Tod habe ich seitdem nicht mehr. Und ich weiß, ich bin die Retter-Sache falsch angegangen. Ich hasse zwar den Druck und die Erwartungen, aber", ihr Blick richtete sich auf Regina, „vielleicht sollte ich versuchen, es zu akzeptieren. Dass ich die Retterin bin, ist ein Teil von mir, genauso wie die Dunkelheit ein Teil von Regina ist."

Regina lächelte sanft und drückte Emmas Hand ein wenig fester.

Langsam nickte Snow. „Ich verstehe. Deine Beziehung zu Regina scheint wirklich etwas Besonderes zu sein, wenn ihr es schafft, euch gegenseitig zu inspirieren, ein besserer Mensch zu sein. Ich freue mich wirklich für euch."

„Danke, Mom." Emma fühlte sich wie ein Teenager, dessen Mutter dem neuen festen Freund Babyfotos zeigte. Da war ihr fast schon ihr Vater lieber, der Regina mit seinem wehe-du-tust-ihr-weh-Blick strafte.

Auf einmal ertönten eilige Schritte auf der Treppe. „Moms?", rief Henry von oben herunter. Als er unten angekommen war, lief er auf seine Mütter zu und nahm jede in den Arm. „Ich wusste, dass ich eure Stimmen gehört habe."

Emma wuschelte sein Haar. „Hey, Kleiner."

Später saßen sie alle zusammen am Esstisch und lauschten Henrys Erzählung von seinem Date mit Violet, während Snow in der Küche Kakao machte.

Emma hatte keine Ahnung gehabt, wie sehr sie ihre Familie in den letzten Wochen wirklich vermisst hatte. Ja, sie hatte sich freiwillig gegen ihre Familie gestellt, aber dennoch ... Sie war sehr erleichtert, dass das alles vorbei war. Auch wenn sie die Zeit mit der Königin genossen hatte, haben ihr all die kleinen Dinge gefehlt, die ihre Familie ausmachten. Die ständigen Hoffnungsansprachen, überschwänglichen Umarmungen, die zum tausendsten Mal erzählte Geschichte von dem Kennenlernen ihrer Eltern, die Partys im Granny's.

Emma fand ihre eigenen sentimentalen Gedanken unerträglich (fehlte nur noch, dass sie vor Rührung weinte), aber sie konnte einfach nicht anders. In den letzten Monaten hatte eine Katastrophe die nächste gejagt, da war nicht viel Zeit für Familie und Freunde geblieben. Außerdem war sie eine Charming und der Apfel fiel bekanntlich nicht weit vom Stamm.

Henry grinste von einem Ohr zum anderen. „Ich glaube, sie will mich wieder sehen."

„Deinen Charm hast du definitiv von mir", erwiderte Emma ebenfalls mit einem breiten Grinsen. „Das Wortspiel war keine Absicht."

Regina zog ihre Augenbrauen nach oben. „Davon träumst du wohl. Bei deiner ersten Begegnung mit Neal hast du sein Auto geklaut, und den Piraten hast du an einen Baum gekettet und mit einem Dolch bedroht. Das würde ich persönlich nicht wirklich charmant nennen."

„Und du hast mir einmal ziemlich brutal ins Gesicht geschlagen, und trotzdem sitzen wir jetzt hier."

„Du hattest es verdient." Trotz Reginas Worte, griff sie unter dem Tisch nach Emmas Hand. Sie hätte nicht gedacht, dass Regina so ein Fan vom Händchen-halten war.

Emmas Herz schlug sofort schneller, als sie Reginas Hand in ihrer spürte. Sie war so froh, dass sie die Königin von ihrer Rache abgehalten hatte. Wenn sie es nicht getan hätte ...

Aber vielleicht hätte Emma von vornherein wissen müssen, dass sie ihre Familie schlussendlich doch retten würde. Denn, ob sie nun wollte oder nicht, das war nun einmal ein Teil von ihr: die Retterin. Und egal, wie sehr sie es auch versuchte, sie würde diesen Teil von sich niemals ganz in den Hintergrund drängen können. Auf Dauer würde es sie glücklicher machen, es nicht zu leugnen, sondern das Beste daraus zu machen. Und möglicherweise würde ihre Vision dadurch nicht zur Realität werden.

Nie hätte Emma gedacht, dass sie solch eine Lektion von der ‚bösen Königin' lernen würde. War es nicht ironisch, dass ausgerechnet der ‚Schurke' dem ‚Helden' geholfen hat, sich selbst zu akzeptieren? Emma musste an ihre eigenen Worte denken, die sie vor einiger Zeit einmal an Regina gerichtet hatte. Ich habe dich gerettet. Jetzt rette mich.

Emma mag Regina damals vor der Dunkelheit gerettet haben (und das wahrscheinlich auf mehr Arten, als ihr bewusst war), aber vielleicht musste sogar die Retterin manchmal gerettet werden.

The Beauty of DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt