Hastig trat ich durch die Haustür ins Freie und zog die Tür, mit einem dumpfen Geräusch, hinter mir zu. Sofort streifte mich der eiskalte Wind, fuhr durch mein Haar - welches gerade eben noch schön gekämmt aussah - und zerzauste es fürchterlich, und der herbe aber dennoch süße Regengeruch stieg mir in die Nase und bereitete ein wohliges Gefühl in mir.
Mit gesenktem Blick lief ich in Richtung Schule los und vergrub währenddessen meine zierlichen Hände tief in den Taschen meiner Jacke, da ich dummerweise meine Handschuhe zu Hause vergessen hatte und die Temperatur hier draußen höchstens zwei Grad betrug.Schweigend ging ich den mit Wasser besprenkelten Fußweg entlang und hörte dem rhythmischen klackern meiner Schuhe beim Aufschlagen auf den Steinboden zu, während die Autos auf der Straße an mir vorbei rauschten und keine Notiz von mir zu nehmen schienen - Warum denn auch? Ich war ein komplett normales Mädchen, welches kurz nach sieben früh morgens auf dem Weg zur Schule war.
Als ich um die Ecke bog, richtete ich meine Augen nach vorne und sah schon meine Freundin in der Düsternis an unserem Treffpunkt warten - eine Litfaßsäule, hinter der in ein paar Metern Abstand eine Ampel angebracht war, die uns jeden Tag sicher über die Straße beförderte und die Autos davon abhielt, uns zu überfahren.
Ich fand es schon immer sehr nett, dass die Stadt hier ein paar Ampeln hingebaut hatte, denn die Straßenkreuzung die wir - dankt der Ampeln - fünf Tage die Woche heil überquerten, war zu fast jeder Tageszeit von Autos befahren, noch dazu kam, dass die Straßenbahnen und Busse ebenfalls die Kreuzung passieren mussten und ohne Ampeln das eine sehr schwierige Angelegenheit wäre.Mit der Bahn kam auch immer meine Freundin, Antonia, her gefahren - denn diese hielt direkt hier an der Kreuzung -, obwohl sie auch schon eine Station eher aussteigen könnte, denn die Straßenbahnstation vor dieser war höchstens fünfzig Meter entfernt von unsere Schule. Doch für mich stand sie jetzt extra im morgendlichen Regendunst mit dem Handy in der Hand, über welches sie sich beugte, und fror sich den Arsch ab - wenn ich das jetzt mal so ausdrücken darf.
Wenn es noch dunkler gewesen wäre, hätte ich meine Freundin - die sich nun gegen die Litfaßsäule lehnte - sicher nicht einmal gesehen, doch der Bildschirm ihres Handy's erhellte auf gruseliger Art und Weise ihr Gesicht und ließ sie wie ein verstorbenes Wesen aus der Unterwelt wirken.
Ich näherte mich ihr schnellen Schrittes und erst als ich genau vor ihr stand, sah sie vom Handy hoch und bemerkte meine Anwesenheit.
»Morgen«, begrüßte ich sie lächelnd und versuchte mal wieder, meinen grottenschlechten sächsischen Akzent hin zu bekommen.
»Hello, my holy highness«, entgegnete sie in der angemessenen Höflichkeit und steckte ihr Handy samt ihrer Hände in die Jackentaschen, wo in meinem Hirn wieder die Frage aufkam, wie das alles in ihre Taschen passte. »Du bist zu spät«, fügte sie dann noch spitz hinzu und nickte bedeutsam.
»I know, aber deine holy highness darf doch wohl mal zu spät kommen.«Dann versuchte ich mich wie fast jeden Tag vor Antonia für meine Unpünktlichkeit zu rechtfertigen, während wir uns an die Ampel stellten und warteten, bis es grün wurde.
Nachdem ich meine Verteidigungsrede hervor gebracht hatte, leuchtete in der Ampel kein rotes sondern ein grünes Männchen auf und wir überquerten zügig die Straße, da die Ampel die schlechte Angewohnheit hatte, sich rasch umzuschalten.Auf meine Verteidigungsrede ging Toni nicht weiter ein, denn sonst hätten wir noch ewig weiter darüber diskutiert - das war nämlich etwas, was wir beide sehr gut konnten und in dieser Kategorie konnte echt niemand mit uns mithalten. Außerdem konnten wir beide uns in solche Diskussionen sehr schnell hineinsteigern, und das endete meist nicht gut - und viertel Acht früh konnten wir gut auf Streitereien verzichten, denn unsere Gehirne waren immer noch nicht ganz wach und hatten den Arbeitsmodus auf off geschalten.
So liefen wir nun schweigend nebeneinander her und bliesen abwechselnd weiße Atemwolken vor uns in die Luft, die sich sofort auflösten und in der Umgebung verschwanden oder mit ihr verschmolzen.
»Kannst du mal bitte mein Handy in den Ranzen stecken?«, riss mich Toni's Stimme ins hier uns jetzt zurück und ließ mich vom Boden aufschauen, wo nun vor uns unsere alte Schule aus dem Boden ragte. Ja, ich hatte es definitiv nicht weit zur Schule und musste höchstens fünfhundert Meter zu ihr hinlaufen, aber ich weiß nicht, ob es gut oder schlecht ist, die eigene Schule aus dem Fenster sehen zu können.
Nach ein paar Sekunden Reaktionszeit drehte ich meinen Kopf zu ihr um und nahm den eckigen Gegenstand entgegen, den sie mir vor die Nase hielt. Dann blieben wir beide stehen und ich steckte das Handy in ihren geblümten Ranzen - so wie ich es jeden Tag tuen musste, ja, es war schon wie ein Ritual für uns beide geworden. Wenn sie mich vor der Schule nicht fragte, ob ich es mal in ihren Ranzen stecken könne, wunderte ich mich schon darüber - was so im Nachhinein betrachtet ziemlich absonderlich wirkt.Als ich das Handy verstaut und den Ranzen wieder geschlossen hatte, gingen wir weiter und stoppten kurz darauf vor den Toren der Schule. Eine Menge Schüler verschiedenen alters lungerten bereits vor der Schule herum oder hatten sich auf den Schulhof zu ihren Freunden gestellt. Toni und ich gehörten eher zu denen, die sich an den Zaun stellten und erst rein gingen, wenn die Türen geöffnet wurden - so wie heute auch.
Wir wollten gerade anfangen, uns von unserem spannenden Wochenende zu erzählen, doch wurden jäh unterbrochen, als sich eine weitere Person aus unserer Klasse ungebeten zu uns gesellte. Und zwar keine andere als Trixie, ein großgewachsenes Mädchen mit langen, braungewellten Haaren und braunen Augen, aus denen sie zu uns hinab schaute.
»Und ihr so?«, stellte sie uns ihre Standardfragte, die mir so langsam richtig auf die Nerven ging. Manchmal fragte ich mich echt, wie ich mal mit ihr hatte befreundet sein können. Zum Glück waren wir das nicht mehr - auch wenn sie da sicher anderer Meinung war - denn sie hing jetzt immer mit Sophie, einer Tussi aus unserer Klasse, ab, die Toni's und meiner Meinung nach Trixie nur ausnutzte.
»Was und wir so?«, entgegnete ich deswegen und verdrehte kaum merklich die Augen, bevor meine Augen abwartend zu ihr hinauf schweiften. Ehe mein Gegenüber jedoch antworten konnte, fügte meine Freundin von der Seite hinzu: »Wo ist denn deine unbiologische Schwester geblieben?«
Trixie warf Antonia einen bösen Blick zu, denn sie konnte es gar nicht ausstehen, wenn wir sie damit aufzogen, doch mir entlockte es ein leises glucksen. Eigentlich war sie aber selbst daran schuld, denn hätte sie letztes Schuljahr nicht zu uns beiden gesagt, sie und Sophie wären wie Schwestern, würden wir sie nicht damit ärgern.
Jedoch glaubten Toni und ich, dass Sophie nur mit Trixie befreundet war, weil sie niemanden anderen hatte und Trixie echt alles für einen tat. Sie war immer so anhänglich und treu, wahrscheinlich brauchte Sophie diese Art von Bestätigung, und sicher benötigte sie auch jemanden, der sie tröstete, wenn sie sich mal wieder von einem ihrer Boyfriends getrennte hatte.»Woher soll ich denn das wissen«, gab Trixie bissig zurück und zog so komisch ihre Augenbrauen hoch, wie sie es immer tat, und verzog dabei wieder ihren Mund seltsam.
Bevor wir uns mit ihr noch weiter unterhalten konnten, öffnete ein Lehrer die Türen und ließ uns hinein. Meine Freundin und ich warfen uns schnell einen vielsagenden Blick zu, der soviel wie ›Puh, schnell weg‹ bedeutete, ehe wir diese Chance nutzten und uns dem wirklich höchst amüsanten Gespräch entzogen - einfach gesagt: wir flohen ins Schulgebäude.Eilig stiegen wir die Treppe in die erste Etage hinauf, wo unser Klassenzimmer und unsere Spinte waren, und stopften unsere beiden Sportbeutel in meinen Spint hinein, denn diese würden im Verlaufe des Tages für uns nochmal von Gebrauch sein.
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Eine ganz normale Liebesgeschichte
Novela Juvenil»Love is the most beautiful thing to have, hardest thing to earn and the most painful thing to lose.« Kennt ihr diese ganzen Klischees? Meistens ein Mädchen was irgendwie Streberin ist und ein BadBoy, der plötzlich an dem Mädchen gefallen findet und...