Yin

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Das Miauen seiner Katze weckte Yin auf. Sein Schädel brummte und er wusste nicht wo er war. Langsam öffnete er die Augen, im Raum war es angenehm dunkel. Es dauerte eine Weile bis er merkte, dass dies die Decke war und er auf dem Bett lag.

"Brrrrr" die Katze schmiegte sich an ihn und fing an zu schnurren. "Ach, ihr wisst was gut ist, nicht war?" Meinte Yin und bekam ein zustimmendes "Miau" zurück. Er streichelte ihr über den Kopf und stand auf. Seine Beine knickten beinahe ein und er hielt sich am Bettpfosten fest.

Nicht die beste Idee. Seine Hand drehte sich durch das Gewicht seines Körpers und er landete mit einer nicht ganz so eleganten Drehung auf dem Boden.
"Dieser verammte Idiot!"fluchte Yin und stand wieder auf. Er betrachtete sich im grossen Spiegel der in seinem Zimmer stand.

"Kein Wunder," murmelte er, "der hat schon wieder vergessen zu essen." Im Spiegel blickte ihm das Gesicht eines jungen Mannes entgegen. Die kurzen, schwarzen Haare passten gut zu seinen vier dunkelblauen Hörnern die ihm jeweils zwei vorne und zwei dahinter aus dem Kopf wuchsen. Die schmalen Augen und der leicht überhebliche Blick waren wie massgeschneidert, für sein sonstiges fieses lächeln.

Seine finstere Miene lichtete sich etwas als er bemerkte dass er wenigstens seine Kleidung anhatte. Die Schwarz-blaue Robe sass ihm wie angegossen. Einzig und allein die Kette fehlte. Wo hatte dieser verdammte Idiot von Yang sie nur wieder hingelegt?!?

"Eines Tages lege ich diesen Typen noch um!" Knurrte Yin und fuhr mit seinen langen schwarzen Fingernägeln über den Spiegel. Das Geräusch das entstand war so beissend dass die Katze aufjaulte und verschwand. Zurück blieben nur einige Kratzer im Glas.

"Ich brauch was zu essen." Stellte Yin nach einem kurzen rumoren seines Magens fest. "Menschen wären toll!" Er überlegte kurz. "Ach stimmt ja- in dieser Einöde gibt es keine."

Noch eine Überlegung später traf er den Schluss erst einmal in der Küche nach etwas essbarem zu suchen. Auf dem Weg dahin kam er an einem Zimmer vorbei dessen Türe zur Hälfte offen stand.

Es war das einzige Zimmer dieses Anwesens, das eine Grosse Fensterfront hatte, durch die man das ganze umliegende Land sehen konnte. Yin starrte missbilligend hinaus. Er hatte es so satt Tag ein Tag aus hier gefangen zu sein. Wann war er das letzte mal draussen?

Sein Blick fiehl auf die leere Teetasse. "Hm, ging dem andern wohl genauso. So hat er es also geschafft nicht zu verhungern."
Sein Magen rumorte erneut. "Ist ja gut, verdammt!"

Die Küche des Anwesens war gross, aber leer. Nur einige getrocknete Kräuter hingen von der Decke. Kein Personal, keine Vorräte. Woher auch? Kein Mensch war je bis hier her gekommen. Womöglich gar nicht so schlecht, dachte Yin, die hätten es eh nicht lange gemacht.

In einem der zahlreichen Schränke fand er schliesslich einige Streifen Trockenfleisch. Die hatte er im Sommer selbst getrocknet als ihm langweilig war.

Er schob es sich zwischen die Zähne. Es schmeckte nach Pappe. Aber egal, er hatte nur zwei Optionen. Entweder er ass was er fand oder er verhungerte. Das war alles Yangs Schuld! Dieser Idiot war so unglaublich verplant, das er sogar das wichtigste vergass.

Nach diesem nicht sehr bekömmlichen Mal ging er zurück in das Zimmer mit der Fensterfront.

Nach einem weiteren Blick hinaus hatte er endgültig die Schnauze voll. "Ich will hier rauss! Ich will Menschen! Ich will etwas abschlachten!"


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Als Yin diese Worte äusserte flatterten alle Vögel im Umkreis von 100 Metern aus ihren Ästen auf und flogen in alle Himmelsrichtungen davon.

Aus ihrer Sicht, der Vogelperspektive sah man den ganzen Wald und den See. Die gesamte Landschaft ergab ein gigantisches, beinahe perfektes, natürlich geformtes YinYang. Und dort, genau in der Mitte dieses gigantischen Naturschauspiels befand sich ein Anwesen.

Es beherbergte ein Wesen, dessen Zugehörigkeit man nicht bestimmen konnte. War es ein Gott? War es ein Dämon oder doch nur ein etwas seltsamer Mensch?

Yin und Yang, ein Körper, zwei Seelen.
Die Eine hell und freundlich, die Andere dunkel und böse. Und trotzdem hatte jede ein Stück der anderen in sich und konnte nicht ohne den jeweils anderen Leben. Yin nicht ohne Yang und Yang nicht ohne Yin.

Das änderte jedoch nichts daran dass sie sich gegenseitig nicht ausstehen konnten, obwohl sie noch nie miteinander geredet hatten.

The eternal being YinYangWhere stories live. Discover now