Teil 1: GÄA / ERDE

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Cyres

Weit und breit nichts anderes als Sand und flimmernde Hitze. Wäre er doch nur nicht so ungeduldig gewesen und hätte auf seinen Freund gehört. Der hatte ihn noch gewarnt, diesen Ausgang nicht zu wählen. Das hatte er nun davon. Gestrandet in einer Wüste, die er nicht kannte. Seinem Eindruck nach war das hier nicht bloß irgendeine kleine Wüste, sondern die Wüste aller Wüsten. Na wunderbar. Sahara, so hieß sie. Ein viel zu wohlklingender Name für diese heiße Hölle.

Hölle. Ein abfälliges Lächeln zeichnete sich auf seinen Zügen ab. Was für eine Bezeichnung. Eines musste er diesen lächerlichen Kreaturen schon lassen – kreativ waren sie. Dennoch. Ihretwegen war er jetzt hier. Dass er in dieser Einöde gelandet war, war zwar sein Fehler, doch ohne diese Verträge wäre er gar nicht erst in die Verlegenheit gekommen, einen Fuß in diese Welt zu setzen. Also kreidete er es ihnen an.

Ein leichter, nicht spürbarer Windstoß ließ den Sand um ihn herum tanzen. Auch das noch. Konnte er nicht wenigstens seine Ruhe haben, wenn er sich verirrte? Verärgert stieß er einen gellenden Pfiff aus. Dieser Frequenz konnte sie sich nicht widersetzen. Sofort kam Leben in seine Umgebung, als sämtliches Getier schlagartig die Flucht ergriff. Doch das, worauf er wartete geschah nicht. Also wirklich. Unverschämt.

„Aylel", knurrte er ungehalten. Der Sand neben ihm regte sich erneut. Endlich schien Madame sich auch angesprochen zu fühlen.

„Ja?", hauchte sie ihm mit tief klingender Stimme entgegen, während der Sand sich darum bemühte, ihre Person nachzubilden. Es war eine sehr kleine Figur und das bedeutete, dass sie ihm nicht wirklich gefolgt war, sondern nur mit ihrem dämonischen Wesen. Ob das gut oder schlecht war, konnte er nicht sagen.

„Wenn du mir schon unerlaubt und ungefragt folgst, kannst du dich auch nützlich machen und mir den Weg zum Dorf weisen."

„Unmöglich", erwiderte sie schrill und mit künstlich angehobener Stimme. „Hier liegt viel zu viel von diesem beschissenen Sand."

Er überging ihre ordinäre Sprache fürs Erste und starrte einen Augenblick lang in den klaren Himmel. „Deine Manieren lassen zu wünschen übrig", informierte er sie schließlich und nahm seinen Weg wieder auf. „Du klingst schon fast nach einem dieser Vögel."

Wie nicht anders zu erwarten, brach das Sandwesen hinter ihm in Gezeter aus. Was für ein nerviges kleines Biest. Das würde eine wahrhaft lange Reise werden, dessen war er sich sicher. Anstatt sich an angemessene Umgangsformen zu erinnern, redete Aylel sich immer mehr in Fahrt. Mit jedem ihrer Worte steigerte sie sich weiter in Rage und ließ sich immer ausschweifender und derber über das Federgetier aus. Nicht, dass er ihre abfällige Meinung und ihre Vorurteile nicht bis zu einem gewissen Grad teilte – es lag eher an ihrer wenig vorteilhaften, leicht schrillen Stimme und ihrer wirklich unangebrachten Wortwahl, dass sie ihm so dermaßen auf die Nerven ging. Heute war absolut nicht sein Tag. Das nächste Mal würde er Tareds Rat beherzigen, so viel war sicher.

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