10. Kapitel

18 6 5
                                    

Gepardenpfote wollte sich gerade umdrehen und wieder zurücklaufen, als Nebelpfote ihn zurückhielt. Auch Eispfote drehte sich wieder um. »Was ist?«

Nebelpfote starrte in den Fluss und flüsterte: »Das sonst so klare Wasser, wird dunkler und keineswegs blasser«.

Eispfote schaute ihre Schwester mit großen Augen an, dann beugte sie sich ebenfalls über den Uferrand und blickte in das Wasser hinab. Gepardenpfote stellte sich neben sie.

Was er sah ließ ihn kurz zusammenfahren. Das Wasser, einst schön klar und blau, war jetzt von einem trüben Grau. Komische, silberne Schlieren durchzogen es.

Gepardenpfote wandt den Blick ab und schüttelte sich. Auch Eispfote und Nebelpfote gingen ein paar Schritte zurück.

Still lief er mit seinen Geschwistern zurück zum Lager. Er besah sich die Bäume und Büsche, den Waldboden und die Tiere genauer also sonst. Sollten sie das alles wirklich zurücklassen?

»Wie, glaubt ihr, reagieren die anderen Clans?«, unterbrach Eispfote die Stille. »Werden sie einverstanden sein?« Gepardenpfote überlegte. »Das wird ihnen doch alles viel zu schnell gehen, ganz wie uns«, meinte Nebelpfote. Gepardenpfote nickte langsam. »Aber wenn sie selbst schon Verluste erlitten haben?«, sagte er. Nebelpfote schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«. 

Still trotteten sie weiter, bis Eispfote wieder die Stille unterbrach: »Sollten wir Finkenstern von dem Fluss berichten?« »Ja«, antwortete Nebelpfote sofort. »Das könnte auch die anderen Clans bekräftigen, zu gehen«. »Ob wir das selbst überhaupt wollen?« Gepardenpfote's Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, doch in der Stille des Waldes konnte man sie gut verstehen.

Gepardenpfote schlüpfte als erster durch den Dornentunnel in die Höhle und schaute sich um. Finkenstern war nirgends zu sehen.

»Vielleicht ist sie in ihrem Bau?«, sagte Nebelpfote. Die drei liefen zum Bau ihrer Anführerin. »Finkenstern?«, rief Eispfote. Niemand antwortete. »Finkenstern?«, rief Eispfote erneut. Immer noch keine Antwort.

»Dann ist sie wahrscheinlich außerhalb des Lagers«, meinte Nebelpfote, gerade als ein Schwanz sie an die Schulter tippte und sie herumfuhr.

»Ich war bis eben außerhalb des Lagers«, korrigierte Finkenstern sie. »Aber jetzt bin ich wieder da. Was habt ihr mir denn zu berichten?«

»Es geht um den Fluss«, miaute Gepardenpfote. Finkenstern's Miene veränderte sich schlagartig. Ihre Augen verdüsterten sich und ihr Lächeln wirkte nun eher angespannt.

»Wir waren eben dort und haben gesehen, dass der Fluss deutlich dunkler geworden ist, dunkler als normal. Außerdem durchziehen ihn solch silberne Schlieren«.

Finkenstern antwortete nicht sofort, ihre Ohren zuckten und ihr Schwanz schlug unruhig hin und her. Gepardenpfote zuckte unwillkürlich ein wenig zusammen. Er hatte seine Anführerin noch nie so ernst erlebt.

»Ich werde mir das Mal selbst anschauen«, sagte sie schließlich. »Ich danke euch«. Mit diesen Worten rief sie Adlerflügel, Kräuselwind und Stachelfell zu sich und wollte gerade mit ihnen in ihren Bau gehen, als - »Kräuselwind, Stachelfell! Schnell! Kräuselwind, Kräuselwind!«

Finkenstern fuhr herum. Die beiden Geschwister Blaubeerherz und Taufrost kamen durch den Tunnel gerast. »Erdkralle, es ist Erdkralle! Wir haben ihm gesagt, er soll es lassen, aber er wollte nicht hören!«

Kräuselwind überlegte gar nicht erst. Sie machte auf der Stelle kehrt und rannte in ihren Bau, Stachelfell hinter ihr. Gemeinsam mit Blaubeerherz und Taufrost rasten sie, so schnell ihre Beine es zuließen, aus dem Lager.

Gepardenpfote sah ihnen nach. »Oh nein...«, flüsterte Nebelpfote und Eispfote hatte die blauen Augen weit aufgerissen. »Keine Sorge, diesmal sind Kräuselwind und Stachelfell schneller und wissen sofort, was los ist«, versuchte Finkenstern sie zu beruhigen, doch ihre Stimme klang, als ob sie ihren eigenen Worten keinen Glauben schenkte.

Adlerflügel wandt sich an seine Anführerin. »Ich denke, du solltest nicht bis Abend mit der Sternenwiese warten, Finkenstern«. Finkenstern sah ihn an und nickte dann. »Du hast Recht. Sobald wir das Schicksal Erdkralle's Erfahren haben, werde ich mich auf den Weg machen«. Ihre Stimme klang sorgenvoll.

Ein trockenes Husten aus dem Heilerbau ließ Gepardenpfote abermals zusammenzucken. Flammenjunges und Samenjunges' Zustand hatte sich laut Kräuselwind und Stachelfell verschlimmert. Sie konnten von Glück reden, dass sich noch kein anderer angesteckt hatte. Nicht einmal Kleeschweif wurde in den Bau gelassen, auch wenn sie jeden Tag davor saß und Kräuselwind und Stachelfell durch rufen besorgt fragte, wie es ihren Jungen ginge.

»Geht etwas essen«, meinte Adlerflügel und nickte zum Frischbeutehaufen, der nur eine Maus und zwei Eichhörnchen enthielt. »Ihr könnt euch die Maus teilen«. Auch seine Stimme war durchtränkt von Sorge. Gepardenpfote nickte und trottete zum Frischbeutehaufen. Adlerflügel verschwandt mit einem letzten Blick zum Heilerbau mit seiner Anführerin in ihrem Bau.

Die drei Geschwister ließen sich nieder und begannen an der Maus zu knabbern, doch keiner von ihnen aß wirklich.

»Meint ihr, auch Erdkralle wird...?«, fragte Eispfote behutsam. Nebelpfote seufzte. »Ich hoffe nicht«, antwortete sie. »Wie Finkenstern gesagt hat: Kräuselwind und Stachelfell wissen diesmal, was zu tun ist«, versuchte Gepardenpfote seine Schwestern zu beruhigen, doch er selbst fühlte sich nicht besser.

Sie aßen die Maus auf, fühlten sich danach jedoch keineswegs gesättigt. Alle warteten gespannt auf die Rückkehr von Kräuselwind und Stachelfell, doch das warten schien sinnlos. Sie kamen nicht.

»Wollen wi-«, doch Nebelpfote wurde unterbrochen. Ein grauer Blitz schoss plötzlich an ihr vorbei und Richtung Heilerbau. »Das ist Stachelfell!«, rief Gepardenpfote erschrocken. Bevor sie mehr tun konnten, war er auch schon wieder aus dem Lager.

»Los, hinterher!«, rief Eispfote. Ohne nachzudenken folgte Gepardenpfote seiner Schwester durch den Dornentunnel, Nebelpfote war hinter ihm.

Sie sausten durch den Wald, Stachelfell sahen sie kaum noch. Gepardenpfote war sich nicht ganz im Klaren, warum sie auf einmal hinter Stachelfell herrannten, doch er folgte einfach weiterhin Eispfote, die Mühe hatte, Stachelfell im Blick zu behalten.

Eispfote blieb auf einmal so plötzlich stehen, dass Gepardenpfote in sie hineinrannte und Nebelpfote in ihn krachte.

»Hey, was soll denn das?!«, rief Nebelpfote verärgert, nachdem sie wieder richtig stand. »Das musst du Eispfote fragen!«, antwortete Gepardenpfote.

»Psst!« Eispfote deutete mit großen Augen auf etwas einige Schwanzlängen von ihnen entfernt. Dort saßen fünf Katzen, zwei etwas abseits und zwei hatten sich über eine andere gebeugt. Es waren Kräuselwind und Stachelfell, die Erdkralle behandelten.

Warrior Cats - warme Hoffnung                                            BAND 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt