Tier

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Shipping: Schneider x Flake

PoV Schneider:

Von meinem Platz am Fensterbrett aus beobachtete ich den anderen Kater. Er lag schlafend auf dem Boden und sein dunkelbraunes, fast schwarzes Fell schimmerte im Sonnenschein, der durch das Fenster, auf dessen Simms ich lag schien. Geschmeidig sprang ich herunter und landete mit weichen Pfoten auf dem Boden. Ich lief an dem großen, schlanken, schlagenden Körper vorbei in die Küche, in der die Menschenfrau auf einem Stuhl saß und telefonierte. ,,... das ist nicht dein Ernst!", rief sie so plötzlich in das Handy, dass ich erschrocken zusammenzucke. ,,Sorry Süßer.", murmelte sie und strich mir beruhigend über's Fell. ,,Warte eine Sekunde.", wandte sie sich wieder ihrem Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung zu ,,Ich komm rüber und dann können wir reden." Dann legte sie auf und stand auf. Fragend legte ich den Kopf schief und sie beugte sich herunter zu mir, um mich unterm Kinn zu kraulen. ,,Ich muss los, eine Freundin braucht meine Hilfe.", sie lächelte und ging in den Flur, um ihre Schuhe und Jacke anzuziehen. Ich war ihr gefolgt und hockte nun auf der kleinen Kommode, neben der Türe. ,,Jungs, Ich bin dann mal weg. Stellt ja nichts an.", rief sie, bevor sie die Tür schloss, nicht ahnend, dass ich sie verstand.

Ich sprang wieder von dem Schränkchen herunter und huschte zurück ins Wohnzimmer. Flake - so hatte ihn die Frau genannt - lag mittlerweile wach auf dem Boden und sein Blick folgte mir, als ich auf das Sofa sprang und mich dort zusammenrollte. Flake sprang auf die Beine, streckte sich und sprintete dann in die Küche, vermutlich um etwas zu trinken. Wenig später spähte er wieder um die Ecke, ein Tropfen Wasser glänzte am Ende eines seiner Schnurrhaare, was meine Vermutung mit dem Trinken bestätigte. Ich hob den Kopf und blickte ihm queer durch den Raum in die Augen. Der etwas größere Kater lief schnurstracks auf das Sofa, auf dem ich lag zu und setze sich neben mich. Sein Kinn legte er auf meinem Rücken ab und wenig später kuschelte er sich enger an mich.

Manchmal, in Momenten wie diesem wünschte ich mir, dass er so wie ich ein Katzenwandler war und ebenfalls neben seiner Katzengestalt auch eine Menschengestalt hatte. Ich wollte mich unbedingt mit ihm unterhalten und ihm meine Liebe zu ihm gestehen. Die Menschen wussten nicht, dass es uns gab. Wir waren wenige, aber es gab uns. Die meisten meiner Art, zogen es vor so wie ich, als Katzen zu leben. So fielen sie nicht so leicht auf, wurden versorgt und hatten keine großen Probleme. Die wenigsten von uns lebten als Menschen. Sie versteckten ihre Katzenohren unter Mützen, Kappen und Kapuzen und die Katzenschwänze unter Röcken oder in Hosen. Dieses Leben war deutlich anstrengender, doch manche zogen es vor. Es war einfacher, einen Wandler in seiner Menschen Form auszumachen, da an ihnen immer der dominante Geruch ihrer Tierform klebte. Es gab nicht nur Katzenwandler. Doch einem anderen war ich noch nie begegnet, sodass ich sogar die Existenz von Vogelwandlern anzweifelte. Flake leckte mir über das Fell und ich schloss die Augen und schnurrte leise.

Wir verweilten so für bestimmt eine halbe Stunde und ich wäre auch gerne länger so geblieben, doch mein Mangen machte sich bemerkbar. Ich stand auf und sprang vom Sofa herunter. Flake gab ein fragendes Miauen von sich und sah mir dann verwundert hinterher, als ich in die Küche tapste. Doch anstatt zum Futternapf zu gehen, ging ich zum Kühlschrank und setze mich davor. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich darauf, meine Gestalt von einer Katze zu einem Menschen zu ändern. Kurz darauf saß ich als Mensch nackt vor dem Kühlschrank. Ich stand auf und streckte mich. Ich war ein wenig eingerostet, was diese Form anging. Dann öffnete ich den Kühlschrank und nahm mir eine Scheibe Schinken und eine Scheibe Käse heraus, rollte sie zusammen und biss hinein. Dann schloss ich den Kühlschrank wieder und ging zurück ins Wohnzimmer.

Auf dem Weg dorthin kam ich an dem großen Spiegel vorbei, blieb stehen und musterte mich. Schulterlange, braune Locken, recht muskulöse Arme, blaue Augen, schmaler Körperbau und leichte Bartstoppeln die mein Gesicht zierten. Ich aß den letzten Bissen Käse und Schinken und nickte. Abgesehen von den Ohren und dem Schwanz sah ich aus wie ein normaler, zwischen 30 und 40 Jahre alter Mann. Ich konnte mir vorstellen, dass man mich sogar als attraktiv empfinden würde. Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern und ging zurück ins Wohnzimmer zu Flake. Dieser sprang erschrocken auf und fauchte, als er mich sah. Verständlich. Er hatte mich noch nie so gesehen und fragte sich gerade bestimmt, wer der fremde Mann dort war. Langsam ging ich auf ihn zu. ,,Keine Sorge. Ich bin's nur. Schneider.", sagte ich heiser, da ich meine Stimme lange nicht mehr benutzt hatte.

Ich streckte Flake eine Hand entgegen und er streckte sich vor und schnupperte daran. Er entspannte sich wieder, als er meinen Geruch erkannt hatte. Ich griff sanft nach ihm, nahm in den Arm und hob ihn ein Stückchen von meinem Gesicht entfernt in die Luft. Dann setzte ich ihn wieder auf dem Sofa ab und setzte mich neben ihn. Langsam kletterte er auf meine nackte Brust und rollte sich dort zusammen. Ich streichelte ihm sanft über das Fell und er streckte eine Pfote aus und strich mir damit über's Gesicht. ,,Ach Kleiner...", flüsterte ich traurig ,,Ich wünschte wir könnten reden." Kaum hatte ich dies gesagt, sprang der Kater auf, sprang von mir herunter und setzte sich neben mich. Wenige Augenblicke später saß dort, wo eben noch die Katze gesessen hatte ein Mann. Er hatte die Knie an die Brust gezogen und blickte mich schüchtern aus hellblauen Augen an. Sein Katzenschwanz peitschte hin und her.

Erschrocken fiel ich von der Couch und starrte ihn ungläubig an. Er hob nur entschuldigend die Arme und lächelte, den Kopf schief gelegt. ,,Passiert halt.", sagte er unsicher. Da mein Gehirn immer noch versuchte, das soeben Geschehene zu verarbeiten, gaffte ich ihn nur mit offenem Mund an. Die Chance, dass sich gleich zwei Katzenwandler in einem Haus befanden, war so gering, dass es in der Regel auch nicht vorkam. Langsam stand er auf und ging auf mich zu. So, wie ich vorhin bei ihm. Sanft nahm er mein Gesicht zwischen seine Hände und musterte mich. ,,Du bist hübsch. Hübscher als erwartet.", murmelte er. ,,Was heißt da 'erwartet'?", blinzelte ich ihn fragen an. ,,Ich wusste, dass du so bist wie ich. Ich wollte nur, dass du der erste bist, der sich verwandelt.", leise kicherte er ,,Eigentlich dumm. Aber es hat ja funktioniert." Ich grinste, auch wenn er in dieser Form so gesehen ein Fremder war, so kannte ich ihn doch.

Immerhin lebten wir nun schon seit zwei Jahren zusammen. Davor war ich eine Straßenkatze gewesen, bis ich eingefangen und adoptiert wurde. ,,Nur wegen ein bisschen Essen?", er lachte, gab mein Gesicht frei und setzte sich neben mich auf den Boden. ,,Ach was weiß ich. Katzenfutter wird auch irgendwann langweilig.", antwortete ich ihm grinsend. Plötzlich wurde Flakes Gesichtsausdruck ernst und ich wunderte mich, ob ich etwas Falsches gesagt hatte. ,,Du meintest vorhin, dass du mit mir reden willst. Was liegt dir denn auf der Seele?", aufmerksam beugte er sich nach vorne. Ich wurde schlagartig rot und sah auf den Boden. ,,Aber bitte hass mich nicht.", nuschelte ich und bekam prompt eine leicht empörte Antwort: ,,Ich kann dich nicht hassen." Ich nickte und holte dann tief Luft, bevor ich anfing zu reden. ,,Ich weiß, es ist bescheuert und unlogisch. Ich wusste ja davor nicht, dass du so wie ich ein Wandler bist und so kannte ich dich nur als Katze. Und auch wenn es biologisch und wahrscheinlich auch moralisch keinen Sinn macht, da wir beide Kater sind und ich wie gesagt nur deine Tier-Form kannte. Aber ich sag jetzt einfach das, was ich schon lange machen will: Ich habe mich in eine verdamme Katze verliebt. Du warst immer so lieb zu mir und auch so süß. Ich hab mich in dich verliebt."

Überrascht sah Flake mich an ,,Bist du dir sicher?", harkte er unsicher nach und ich nickte überzeugt. Er schien kurz zu überlegen und mit sich zu ringen, doch dann beugte er sich nach vorne zu mir und platzierte seine Lippen auf meinen. Überrascht schnappte ich nach Luft und unterbrach so ungewollt den Kuss. ,,Tut mir leid.", entschuldige Flake und sah zur Seite ,,Ich dachte, das macht man so, wenn dir gerade derjenige in den du Verliebt bist, seine Liebe gesteht." Entgeistert sah ich ihn an ,,Was?"

,,Ja."

,,Wirklich."

,,Wenn ich es doch sage.", mein Gegenüber strich sich über's Gesicht und lächelte dann zaghaft. Ich streckte den Arm aus, legte eine Hand in seinen Nacken und verband unsere Lippen wieder miteinander. Dieses Mal unterbrach niemand den Kuss. 

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SEHNSUCHT OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt