1. Kapitel

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Triggerwarnungen: Anspielung auf
sexuellen Missbrauch, psychische Krankheiten.

Drei Wochen vor Nathalies Rettungsaktion.

Arcadia

„Was ist los, Baby?", möchte Askan wissen.

Sein warmer Körper schmiegt sich an meinen und er legt seinen Kopf auf meiner Schulter ab.

„Es ist nichts ... Ich muss nur an Nath denken, das ist alles", lüge ich.

Schon wieder habe ich einen dieser grauenvollen Albträume gehabt, in denen Robert Hasher den Kampf gewonnen hat. Ich spüre förmlich, wie er mich brutal vergewaltig und anschließend erwürgt. Nacht für Nacht. Es ist kaum mehr auszuhalten. Und der Gedanke daran, dass ich noch nicht fit genug bin, Nath aus dieser Hölle zu befreien, macht mich zusätzlich noch fertig.

„Hey, sieh mich an ...", haucht Askan an mein Ohr. Ich drehe mich langsam zu ihm um und wieder sieht er meine Tränen. Tränen, die ich nicht länger verbergen kann. „Baby ... Ich weiß, dass du Albträume hast und das schon seit Wochen." Vorsichtig legt er seine Hand an meine Wange, um in sanften Bewegungen die feuchten Tränen wegzustreichen.

„Es tut mir so leid", murmle ich an seine Lippen.

Egal was Askan auch tut und wie sehr er sich um mich bemüht, ich bin momentan einfach nicht in der Verfassung ihm das zu geben, was er zu brauchen scheint. Und das tut verdammt weh.

„Hey, ... wieso entschuldigst du dich?" Er legt seinen Arm um meine Schultern und zieht mich fest an sich heran. „Falls das eine Anspielung darauf sein soll, dass du mir gegenüber abweisender bist, als noch vor dem Vorfall, dann bin ich echt sauer auf dich."

Ich weine. Auf meinem Herz lastet ein derart gigantischer Felsbrocken, dass ich es kaum mehr ertrage zu sprechen, zu denken, oder sonst irgendetwas zu tun, das über die vier Wände meines Zimmers hinausgeht. Ich bin immer stark gewesen. Aber seit dem Tag, an dem ich wieder aus dem Koma erwacht bin und in die besorgten Gesichert meiner Familie geblickt habe, ist alles anders. Das hat irgendwas mit mir gemacht. Jedenfalls habe ich nicht einen Gedanken daran verschwendet, wie es meiner Familie damit gegangen wäre, wäre es Hasher tatsächlich gelungen, mir all die Dinge anzutun, die er sich zuvor in seinem kranken Hirn ausgemalt hat.

Ich wäre nicht einmal mehr in der Lage dazu gewesen, ihn sagen zu können, für wen ich all das hier in Kauf genommen habe.

Außerdem behandeln sie mich seit dem Vorfall irgendwie anders, als würde ich daran zerbrechen, würden sie einen falschen Mucks von sich geben. Bloß Askan und unsere Freunde - die bei dem ganzen Spektakel dabei gewesen sind - verhalten sich mir gegenüber normal.

„Ich ... Ich weiß doch auch nicht. Wir sind erst seit ein paar Tagen zusammen und das ... wünsche ich mir schon, seitdem wir im Kindergarten sind ..." Ich schlucke den dicken Kloß, der sich mittlerweile in meinem Hals gebildet hat, mit viel Mühe herunter, ehe ich fortfahre. „Eigentlich sollte ich es vor Freude laut in die Welt schreien, oder zumindest Luftsprünge machen. Doch ich kann es einfach nicht genießen."

Weil etwas mit mir nicht stimmt.

„Hör zu Kleines ..."

Gott! Fürchterlich, das hat Clint immer zu mir gesagt.

„Nein! Bitte nenn mich nicht so! Und frag nicht nach, weshalb du mich nicht so nennen sollst."

Ich habe einfach keine Kraft, mich jetzt auch noch zu rechtfertigen.

„Na gut", schnaubt er. „Dann eben Großes-Kleines."

Askans Art ist einmalig. Es gibt keinen Menschen auf dieser Welt, der mir in meiner Situation auch nur ansatzweise ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann. Doch er schafft es einfach so, ohne großartig etwas gesagt zu haben.

„Ist das etwa ein Lächeln?" Er beißt sich auf die Lippen und kitzelt mich anschließend so sehr, dass ich lauthals aufschreie.

„Hör auf! Ich hab' Angst, dass ich dir versehentlich eine reinhaue!"

Er hingegen grinst und drückt mir sanft einen Kuss auf die Stirn.

„Mach dir keine Sorgen, manche Dinge brauchen einfach Zeit. Du setzt dich selbst zu sehr unter Druck", wispert er an mein Ohr.

„Ich will aber nicht, dass du wegen mir auf irgendwas verzichten musst, nur weil ich gerade so eine Tiefphase habe."

„Arcadia Calea Thomson", immer dann, wenn jemand meinen vollen Namen ausspricht, verheisst das nichts Gutes. Das ist ein Naturgesetz. „Wenn du nicht sofort damit aufhörst, dir die Schuld für irgendwas zu geben, wofür du überhaupt nichts kannst, werde ich dich die ganze Nacht lang durchkitzeln."

„Oh nein! Bitte nicht!" Ich drücke mein Gesicht in mein Kopfkissen, um mich zu verstecken. Es riecht mittlerweile nach Askans frischem Parfum, was unweigerlich dazu führt, dass ein seichtes Lächeln meine Mundwinkel umspielt.

„Außerdem ist morgen dein Geburtstag und Tilly liegt mir schon seit Tagen damit in den Ohren. Ich hab wirklich versucht sie davon abzuhalten, aber sie ist ziemlich eisern, wen es darum geht, eine Party auszurichten."

„Aber ... ich will keine Party", brumme ich. Dabei lasse ich meinen Kopf, wie einen schwere Stein, ins Kopfkissen fallen.

Im selben Moment vibriert mein Handy.

„Würde mich nicht wundern, wenn sie dir gerade geschrieben hat."

Aber leider muss ich ihn enttäuschen, denn es ist nicht Otilia, sondern Sarah.

Eine Nachricht von Sarah Neirs:
Hey Sweetheart ... Ich wollte mich mal nach deinem Wohlbefinden erkundigen. Wir machen uns alle große Sorgen um dich, weißt du?

„Willst du ihr denn nicht antworten?", hakt Askan nach, als ich mein Smartphone verdeckt auf den kleinen, hölzernen Nachttisch lege.

„Ich kann nicht ... Nein, ich will nicht. Bitte zwing mich nicht dazu."

„Das würde ich nie tun. Wenn du noch nicht bereit bist, ihr zu antworten, dann lass es", er streichelt mir behutsam über den Kopf. Dabei bleibt er mehrmals in meinen verknoteten Haaren hängen.

Es wäre ratsam, mir ganz bald mal die Haare zu kämmen. Ansonsten kann es sein, dass ich mir in ferner Zukunft eine Glatze schneiden lassen muss.

„Ich bin so müde ...", entgegne ich in einem murrenden Ton.

„Dann schlaf, Baby. Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus. Versprochen", raunt er in mein Ohr.

In er Hoffnung, wenigstens einmal ordentlich durchschlafen zu können, folge ich Askans Worten und schließe ich meine Augen.

In er Hoffnung, wenigstens einmal ordentlich durchschlafen zu können, folge ich Askans Worten und schließe ich meine Augen

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