4. Kapitel

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Triggerwarnungen: Körperliche und seelische, sowie sexuelle Misshandlung.

Drei Wochen vor Nathalies Rettungsaktion.

Nathalie

Meine Zeit in der Geschlossenen Anstalt zu abzusitzen, ist die Hölle auf Erden. Ich weiß nicht einmal mehr, wann ich zum letzten Mal die Sonne gesehen habe. Und von Tag zu Tag dieselben öden vier Wände anzustarren, benebelt mich noch mehr, als die Medikamente es bereits tun.

„Hey, Nath. Möchtest du noch etwas Suppe?", fragt der für mich zuständige Pfleger.

Seine Name ist Pi und er scheint mir der einzig nicht-korrupte Mitarbeiter in diesem Scheißladen zu sein.

Ich schüttle meinen Kopf, denn ich will nicht noch mehr Betäubungsmittel durch die gepanschten Lebensmittel aufnehmen. Mir wird übel, wenn ich auch nur daran denke.

Diese Woche hat Hores Urlaub, weshalb Pi nun für mich eingeteilt worden ist. Eine ganze Woche, ohne irgendwelche Gegenstände, mit denen er wahllos und gewaltsam in mich eindringen kann. Sieben lange Tage, ohne seinen abartigen Schweißgeruch einatmen und sein Glied in mir spüren zu müssen. Er widert mich mehr an, als der gesamte Hasher-Clan es je getan hat.

„Nathalie ...", wispert Pi mit sanfter Stimme. „Du musst wirklich mehr essen, ansonsten wirst du verlegt und zwangsernährt ... Bitte ... Lass es nicht so weit kommen."

Moment ... Hat er gerade gesagt, dass ich verlegt werde, wenn ich mich weigere zu essen?

„Ver...legt?", murmle ich, weil ich es nicht fassen kann, dass ich diese Option ernsthaft noch nie in Erwägung gezogen habe.

„Oh mein ..." Er schlägt sich vor Schreck die Arme vor den Mund. „Hast du gerade ...", stammelt er und lässt dabei den silbernen Suppenlöffel fallen. „Ich meine ... Ich verspreche es niemandem zu erzählen ..."

Ich deute mit meinen Augen zur Kamera, welche sich in der rechten Ecke über uns befindet. In Hores' Urlaubszeit ist diese zur Abwechslung auch mal tatsächlich eingeschalten.

„Verstehe. Also, wenn du nicht isst, dann stirbst du vermutlich. Ich will nicht, dass das in meiner Schicht passiert, also iss. Bitte ..."

Ich nicke knapp und strecke meine Hände aus, um mein Mittagessen entgegenzunehmen. Pi schüttet einen ordentlichen Schöpflöffel in meinen Teller und reich ihn mir. In der Geschlossenen muss er warten, bis ich aufgegessen habe, um Geschirr und Besteck wieder mitzunehmen.

Der arme Tropf ...

Manchmal - wenn ich nicht gerade benommen bin - frage ich mich, auf welchen Drogen der Kerl ist. Seine Pupille ist andauernd so winzig wie der Kopf einer Stecknadel und manchmal nennt er mich Otilia.

Wenn er dann merkt, dass ich Nathalie bin und nicht Otilia, schlägt er sich die Hand auf die Stirn und entschuldigt sich.

Wirklich merkwürdig ... Aber vermutlich handelt es sich um eine gute Bekannte.

„Wie lange bist du noch hier?", möchte er wissen.

Ein bisschen dreist zu denken, dass ich nach Jahren des Schweigens nun Smalltalk mit ihm führen würde.

Stattdessen zucke ich mit den Schultern und führe den Suppenlöffel an meinen Mund. Zugegebenermaßen schmeckt das Essen heute anders als sonst. Irgendwie besser, frischer. Wenn man bedenkt, wie viel Geld meine Eltern zahlen, nur um mich in dem Schuppen hier unterzubringen, wäre eigentlich ein ordentliches Drei-Gänge-Menü zu erwarten gewesen.

Die Fassade, die guten Ärzte, das Personal ... Alles ist nur zum Schein und für die Presse. Das letzte Mal, als ein Einblick in die Behandlungsräume gewährt worden ist, haben die Ärzte Massensedierungen angeordnet. Ich kann mich nur daran erinnern, dass vor meiner Tür damals ein Kamerateam gestanden hat, um meinen Namen extra laut vorzulesen.

Natürlich ist es für die Öffentlichkeit schön längst kein Geheimnis, dass ich in Frames Hill behandelt werde. Allerdings habe ich mich nie richtig zu den Geschehnissen diesbezüglich geäußert und ich vermute, dass die nervigen Pressefutzis mir ein Vermögen für die Story zahlen würden. Denn das würde bedeuten, dass der Hasher-Clan noch tiefer sinken und die Firma von Abervants Vater pleite gehen würde. Ihnen würden die Investoren abspringen und es würden Schäden in Milliardenhöhe entstehen. Zudem würde ans Licht kommen, dass die Hashers sich anteilig in Frames Hill eingekauft haben, auch, wenn das vor der Presse vehement abgestritten wird.

Nicht einmal meine Eltern haben Kenntnis davon. Ich weiß es von Hores, der mir diese kleine Information während unseres letzten Zusammentreffens unter die Nase gerieben hat.

Dieser gottverdammte Sadist!

Es würde sich ohnehin nichts ändern. Selbst dann, wenn ich mein Schweigen brechen würde, wäre der Einfluss der Familie Hasher noch immer zu groß. Sie schaffen es immer wieder, die Menschen in ihrem Umfeld zu blenden. Und die Wahrheit hat nur dann eine Bedeutung, wenn man ihr diese schenkt.

Umso mehr bewundere ich Clint und seine kleinen High School Freunde. Sie haben das Unmögliche geschafft. Ich hingegen, schaffe es nicht einmal mich gegen die verdammten Pfleger zur Wehr zu setzen.

Ich bin so schwach ... aber das wird sich bald ändern.

 aber das wird sich bald ändern

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Dimmed Lights - Everyone has an IssueWo Geschichten leben. Entdecke jetzt