1. Kapitel - Alte Wunden

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Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass Draco Malfoy heute Abend noch vor Langeweile sterben wird, wenn er auch nur eine halbe Minute länger auf sein Geschichtsbuch starren muss. Das denkt jedenfalls Draco, als er um kurz vor Mitternacht immer noch für seinen Aufsatz für Geschichte der Zauberei recherchiert.

Manchmal, denkt er schon zum dritten Mal, seitdem das Schuljahr eine Woche zuvor begonnen hat, bin ich mir wirklich nicht sicher, ob es schlau war zurück nach Hogwarts zu kommen. Zwar ist eine abgeschlossene Schulbildung durchaus von Vorteil in einer zukünftigen Berufslaufbahn, allerdings wäre es auch einmal von Vorteil, nachts schlafen zu können.

Nicht, dass das Lernen der einzige Grund für schlaflose Nächte ist. Nein, es stellt sich heraus, dass die unfreiwillige Teilnahme an einem Krieg gewisse Langzeitfolgen mit sich bringt.

Seufzend steht er auf. Vielleicht hilft es ja, wenn ich mir kurz die Beine vertrete.

Die Bibliothek ist in der Nacht nur spärlich beleuchtet. Madam Pince zündet nach Sonnenuntergang nur ein paar Fackeln neben den Regalen an. Wenn man aber viel mehr als Umrisse sehen will, muss man selbst für Licht sorgen.

Lumos", wispert Draco und streift etwas ziellos durch die Regale.

Als er an den Regalen mit Büchern über magische Wirtschaftssysteme und arithmantische Statistik ankommt, wird ihm klar, dass er hier nicht viel mehr finden wird, als stechende Kopfschmerzen. Er geht schnellen Schrittes in die Richtung der Stühle und Bänke zurück; dort hat er seine Schulsachen zurückgelassen.

Wegen des dunklen Korridors, seinen hastigen Bewegungen und ganz auf den sanften Schein der Kerze neben seinen Büchern fokussiert, sieht Draco das Buch direkt vor seinen Füßen nicht und bricht sich beinahe das Handgelenk, als er stolpert und krachend zu Boden fällt.

„Ach fuck", schimpft er leise, setzt sich auf und tastet nach dem Buch, das ihn zu Fall gebracht hat. Sich die Haare aus den Augen schüttelnd, steht er auf und betrachtet mit gerunzelter Stirn die Seiten in seinen Händen. Sein Zauberstaub erleuchtet die Zeilen, mehrere davon unterstrichen und mit Notizen ergänzt. Draco entziffert ein paar Wörter und versteht bald, dass viele Kommentare die versteckten Witze und den subtilen Sarkasmus des Buches kommentierten. Er lacht leise auf, ein warmes Vergnügen breitet sich in seiner Brust aus.

Er dreht das offenbar oft gelesene und geliebte Buch um und kann gerade noch „...und Vorurteil von Jane Austen" entziffern, - da wird ihm das Buch aus der Hand gerissen.

„Ich wusste doch ich hab was gehört... Was machst du denn hier, Malfoy! Ist das mein Buch?" will eine allzu bekannte Stimme wissen. Vor Draco steht niemand anders, als eine genervte Hermine Granger mit blitzenden Augen und hochgezogenen Brauen.

Interessant, denkt Draco.

„Dein Buch?" fragt er und setzt ein Grinsen auf.

„Hab ich doch gerade gesagt!" sagt sie und ist das Röte auf Ihren Wangen?

„Interessant", wiederholt Draco laut und verschränkt amüsiert die Arme. „Ist es gut?"

Ja, das sind definitiv rote Flecken, die sich da auf Granger's Wangen breit machen.

„Was machst du hier?" fragt sie schließlich seufzend.

„Ich war am Lernen, wenn du das wirklich wissen musst, und dann hat mich dein liebevoll annotiertes Buch sehr unhöflich zu Fall gebracht." Draco grinst. „Liebesromane? Wirklich, Granger?"

Sie schnaubt. „Jetzt tu nicht so. Dir hat es offenbar auch gefallen, sonst hättest du nicht so lange darin herumgeblättert."

Ertappt fühlt Draco wie seine Wangen sich erwärmen. „Ja, was soll ich denn machen, wenn ein Muggel-Buch mir wortwörtlich vor die Füße fällt." Schießt er abwehrend zurück.

Ein schmaler Grat - Draco&Hermine FF Dramione Harry PotterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt