Prolog

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 Jan wurde von der Sonne geblendet, als sich die Hermetische Tür öffnete. Er fasste den Griff seines Sturmgewehr G39k fester und schritt die verrostete Rolltreppe der alten U-Bahn Station Überseequartier hoch. Die Station hatte ihren alten, prachtvollen Glanz vor vielen Jahren ausgehaucht. Einst glItzerten die Wände in edlem Türkis und große Spiegelwände säumten die Abstieg zum hell beleuchteten Gleis. Einst wurden die Treppen von großen Lampen bestrahlt, was einem das Gefühl gab, direkt durch den Ozean zu schreiten. Jan hatte die Station in ihren besten Zeiten gesehen, doch das war alles schon lange vorbei. An dem Tag der Katastrophe war er mit der U-Bahn 4 auf dem Rückweg von seiner Arbeit, als die ersten Bomben in der neuen HafenCity einschlugen und der Zug einige hundert Meter vor der Station im Tunnel stecken blieb. Die Passagiere des Zuges retteten sich in großer Panik zum Bahnsteig. Jan hatte sich Sorgen um seine Frau gemacht und um seinen Sohn, der damals noch sehr jung war. Bei einem erneuten Bomben Einschlag, stürzte ein kleiner Teil der Decke der Eingangshalle ein.

An all das, an diesen schrecklichen letzten Tag der Zivilisation konnte sich Jan zu gut erinnern. In den ersten Wochen nach der Katastrophe hatte er an der überfüllten Station nach seiner Familie gesucht. Und er hatte sie gefunden. Seine Frau Irina und sein damals dreijähriger Sohn Anton waren an dem Tag zur Haltestelle Überseequartier gefahren um ihn nach der Arbeit zu empfangen und waren gerade am Bahnsteig angekommen als die erste Kernexplosion losging. Jan war so glücklich gewesen, glücklich, die Menschen die ihm nahestanden nicht verloren zu haben. Doch einige Jahre später verlor er Irina dann doch noch. Bei der Geburt seiner Tochter Mila. Jan hatte sich danach geschworen, seine Kinder zu beschützen.

Sie nicht auch noch zu verlieren.

Und wenn es ihn das Leben kosten würde.

»Chef?« Die Stimme seines Untersetzten Martin rief ihn in die dunkle Realität zurück. Er hatte seinen Expeditionstrupp schon ganz vergessen. »Also Männer. Heute liegt der Hafen an. Der Oberst wollte, dass wir gucken, ob wir auf dem Frachter vielleicht Kabel finden.« gab Jan Anweisungen.

Die Truppe aus fünf Stalkern erklomm die Rolltreppe und durchquerte die eingestürzte Eingangshalle. Die Trümmer wurden von Jan und seinen Leuten vor ein paar Jahren höchstpersönlich weggeschafft. Es hatte eine Woche gebraucht, da damals, ein Jahr nach der Katastrophe die Strahlung an der Oberfläche noch so frisch und stark war, dass man nur zwei Stunden oben verbringen konnte und die ABC Schutzanzüge einen großen Teil der Beweglichkeit nahmen.

Die Stalker stiegen die letzten Stufen hinauf, bevor sich ihnen der Anblick des zerstörten und verlassen Hamburgs bot. Sie standen in einem gigantischen Krater, den die Kernexplosion 2013 ausgehoben hatte. In der Ferne sah man die nie fertig gestellte Elbphilharmonie, dessen Gerüste von den unzähligen Druckwellen in die Elbe geschleudert wurden. Das Wasser der Elbe war zu einer dunklen Suppe geworden, weil viele der Schiffe im Hafen nach der Katastrophe Öl und andere Fracht verloren hatten. »Männer, wachsam sein. Man weiß nie hinter welcher Ecke ein Molch oder ein Vampir wartet. Spätestens am Hafen werden wir sicher einen Bürokraten treffen« mahnte der Missionsführer. Kein Stalker wünschte sich einen Molch oder einen Bürokraten zu sehen. Molche waren Fisch-Menschen, die vom verölten Elbwasser schwarze, verdreckte Haut hatten. Sie hatten messerscharfe Flossen und Krallen, doch das schlimmste waren ihre Stacheln an der Hinterflosse. Die Molche konnten sie aus ihrer Haut lösen und sie auf ihr Opfer schleudern. Bürokraten waren anders. Sie waren meist bei Containern oder Fässern anzutreffen. Sie hatten ein braunes Fell und glut-rote Augen, die einem die Haare zu Berge stehen ließen. Sie waren so schnell wie der Blitz und töteten einen genauso schnell, mit gezielten Bissen aus ihren langen Reißzähnen. Ihren Namen hatten die Bürokraten von ihrer seltsamen, aber doch menschenähnlichen Angewohnheit, ihre Beute erst in Containern oder ähnlichen Lagern zu horten, um keinen Hunger leiden zu müssen.

[Metro 2033] Giftiges GutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt