Who am I

Kapitel VII

Liu Jin blieb fast das Herz stehen, als er sich vor Uilos hinkniete und die Wunden sah, die der Fuchs sich bei seinem Kampf zugezogen hatte.

"Dummer Fuchs... warum nur?... Warum stürzt du dich immer für mich in einen Kampf?..."

Uilos war zu schwach, um seinen Kopf zu heben, daher leckte er nur kurz über Liu Jins Hand. Vorsichtig nahm Liu Jin ihn auf den Arm und trug ihn zurück zur Höhle. Dort legte er ihn sanft auf seine alte Felljacke, nahm den Kessel und holte Wasser vom Untergrundsee. Das Feuer war heruntergebrannt, daher musste Liu Jin es neu entfachen. Zuvor hatte Uilos darauf geachtet, dass es nicht ausging, doch nun musste sich Liu Jin damit abmühen. Er war nicht sonderlich geschickt darin, da er es als kleiner Junge von den Alten nicht beigebracht bekommen hatte. Somit musste er aus der Erinnerung heraus die Bewegungen nachahmen. Nach einigen Versuchen sprang der Funke endlich über und das trockene Laub begann zu glühen. Schnell legte er dünne Zweige dazu und fächerte Luft hinein. In Gedanken betete er, es würde nicht wieder ausgehen. Liu Jin hatte Glück, bald schon prasselte ein ansehnliches Feuer und er konnte das Wasser erhitzen. Mangels sauberer Tücher zog Liu Jin das Oberteil seines Untergewandes aus und riss es in Streifen. Auch wenn Uilos ihn dafür schelten würde, im Moment war es ihm gleich. Mit dem Kessel und den Verbänden kniete er sich neben Uilos, wusch die Wunden, um sie anschließend zu verbinden. Nachdem er ihm etwas Wasser zum Trinken verabreicht hatte, lehnte sich Liu Jin an den Felsen. Uilos hielt die ganze Zeit über seine Augen geschlossen, doch nun öffnete er sie und sah Liu Jin an.

"Schau mich nicht so an... du hast mich zu Tode erschreckt... mach so etwas nie wieder... hörst du?!..."

Uilos fiepte leise und schloss erneut seine Augen. Das Hecheln, das er die ganze Zeit über von sich gab, verschwand und er atmete jetzt deutlich ruhiger. Liu Jin nahm an, dass er soeben eingeschlafen sei. Mit geschlossenen Augen lehnte sich Liu Jin an den Felsen und rief sich die Bilder der vergangenen Nacht in Erinnerung. Diese grässlichen Wesen mussten einst Menschen gewesen sein. Liu Jin hatte ganz deutlich Reste von menschlichen Zügen erkennen können. Er nahm sich vor, mehr darüber herauszufinden, sobald Uilos wieder bei Kräften war. An den nächsten Tagen sowie in den darauffolgenden Nächten war Uilos sehr unruhig. Er fiepte immer wieder im Schlaf und strampelte mit seinen Pfoten. Die ganze Zeit über wich Liu Jin ihm nicht von der Seite. Wusch seine Wunden aus und verband sie neu. Benässte seine Schnauze und streichelte ihn beruhigend, wenn er anfing zu zucken. Erst am Morgen des fünften Tages schlug Uilos seine Augen wieder auf. Liu Jin hatte in der Zwischenzeit die Befürchtung gehabt, sein, ihm mittlerweile ans Herz gewachsener, kleiner Freund würde nie mehr erwachen. Daher spürte er die Erleichterung durch seinen gesamten Körper fließen, als Uilos seinen Kopf hob und ihm über die Hand leckte.

"Endlich erwachst du... fühlst du dich besser?... Möchtest du etwas Suppe?... Aber ich kann dir nicht versprechen, dass sie so gut ist wie deine..."

Liu Jin hatte in der Nacht zuvor in Uilos Vorräten nach Zutaten gesucht. Leider gingen sie allmählich zur Neige. So hatte er nur Reis und ein wenig Gemüse gefunden und daraus eine ziemlich wässrige Suppe gekocht. Ohne auf Uilos Reaktion zu warten, sprang Liu Jin auf und holte ihm eine Schüssel. Während er mit dem Löffel darin herumrührte, pustete er hinein, damit sie schneller abkühlen würde. Uilos wollte sich indessen aufsetzen, kippte aber geschwächt wieder zur Seite. Liu Jin stellte die Schüssel beiseite und hob Uilos kurzerhand auf seinen Schoß, doch scheinbar gefiel ihm das nicht sonderlich. 

"Störrischer Fuchs, hör auf zu zappeln... ich habe gesehen, dass du nicht von allein sitzen kannst... lass mich dir doch einmal helfen..." 

Uilos senkte seinen Kopf und blieb dann still sitzen.

"Na geht doch... wie kann man nur so zickig sein?!... Du bist fast so schlimm wie ein Mädchen..."

Ein leises Knurren war daraufhin zu hören. Liu Jin kniff ihm kurz ins Ohr, was ein kleines Jaulen von Uilos zur Folge hatte und grummelte.