Kartenraum

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Es ist fünf Uhr, als ich aufstehe. Von meinem Hotelfenster sehe ich in der Dunkelheit die Abzeichnungen vom Leuchtturm. Ich streife mir meine Klamotten über und hänge mir eine Taschenlampe an den Hosenbund. Leise ziehe ich die Zimmertür hinter mir zu, um niemanden zu wecken. Dann mache ich mich auf den Weg. Nach wenigen Minuten stehe ich genau da, wo ich gestern Abend schon gestanden habe. Die Tür habe ich schnell wieder offen. Ich bewege mich vorsichtig nach oben. Diesmal brennt nirgends Licht. Ich bin vermutlich allein. Trotzdem bleibe ich vorsichtig. Der Leuchtturm hat drei Plattformen. Ich habe gestern Abend noch lange überlegt, wo die vermeintliche Sache versteckt sein könnte. 

Wenn Wasser und Höhe miteinander verschmelzen sollen, muss ich unten beginnen zu suchen. Ich laufe die Treppen nach ganz unten und beginne mit der Taschenlampe in meiner linken Wand die Wände abzuklopfen. Ich suche nach vermeintlichen Hohlräumen, irgendeinen Ort, wo man etwas verstecken könnte. Nichts.

Dann beginne ich den Boden abzuklopfen, wieder nichts. Nirgends scheint etwas nachzugeben. Als ich alles abgetastet habe muss ich mich also doch auf die nächste Etage begeben. 

"Mist," ich fluche auf, als ich beinahe wieder auf mein Knie knalle. Ich bin hängengeblieben an einer Schraube, die nicht richtig an der Holzstufe befestigt worden ist. Ich will sie wieder reindrehen, damit sich die nächste Person nicht auch noch verletzt...bis ich sie rausdrehe. Mit der einen Schraube hebele ich die andere nach oben. Dann nehme ich das Brett beiseite. Hohlraum - Bingo.

Es geht tief in die Dunkelheit. Als ich die Taschenlampe noch weiter nach unten halte sehe ich eine weitere Treppe. Ich mache mich daran noch mehr Bretter abzubauen. 

Als die Lücke groß genug ist lasse ich mich vorsichtig nach unten auf die Treppe gleiten. Ich spüre die Holzbretter unter meinen Füßen und kann wieder aufatmen. Dann befestige ich die Taschenlampe so, dass sie mir den Weg nach unten freileuchtet. 

Nach drei weiteren Schritten bin ich angekommen. Vor mir ist ein Netz von Spinnenweben. Angeekelt schiebe ich es zur Seite. 

Dann bleibt mir mein Mund offen stehen. Ich stehe in einem Raum mit einer riesigen Landkarte. Der Raum ist förmlich tapeziert mit dem Umriss von Outer Banks. Ich trete einen Schritt näher und sehe nun, dass eine rote Linie sich von Tapetenabschnitt zu Tapetenabschnitt zieht. Es ist wie eine Route. Ich folge der Linie mit meinem Finger, bis sie stoppt. Jemand muss das hier alles vorbereitet haben. Es kann gut möglich sein, dass sich dort, wo die Linie endet das Armband befindet. Ich versuche ein Teil der Tapete abzumachen. Es klappt tatsächlich. Kurze Zeit später fehlt ein entscheidender Teil der Karte.

Der entscheidende Teil.

Ich mache mich wieder auf dem Weg nach oben, nachdem ich mich noch einmal gründlich umgesehen habe, um nichts zu übersehen.

Dann drehe ich die Schrauben so fest wie möglich wieder rein, damit auch niemand auf die Idee kommt, den Kartenraum zu finden.

Ich verlasse den Leuchtturm so als wäre ich heute morgen nicht hier gewesen. 

Mittlerweile ist eine Stunde vergangen. Bevor ich mich also auf den Weg zur Strandhütte mache, werde ich die Karte sicher im Safe meiner Hotelzimmers verwahren.


Your secret's safe with me - JJ Maybank FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt