Ihre Kinnlade klappte nach unten und es schien als würde die ganze Klasse die Luft anhalten. Wir mussten mindestens eine Minute warten, ehe Sumi ihre Worte wieder gefunden zu haben schien.
Ihre Augen hatten einen wütenden Ausdruck angenommen und ich war kurz davor einzuknicken und doch noch den Kopf einzuziehen. Kleinbei zu geben. Ich zwang mich jedoch dazu, ruhig zu bleiben. Nur noch bis Sumi aufgegeben hatte. Ich schaffte das!
"Tu was du nicht lassen kannst. Sag am Ende aber nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte!" Fauchte sie, ehe sie sich demonstrativ von mir wegdrehte und begann mit ihren Freundinnen zu reden.
Ich zog unwillkürlich spöttisch einen Mundwinkel nach oben. Sie wurde wohl nicht sehr oft abgewiesen. Irgendwie freute es mich, dass ich sie aus der Fassung gebracht hatte.
"Danke, aber dazu wird es ohnehin nicht kommen. Also, wenn du mich entschuldigen würdest."
Ich wandte mich von ihr ab und steuerte auf die letzte Reihe zu. Ich spürte wie mir die Blicke aller meiner Klassenkameraden folgten und ballte die Hände zu Fäusten um sie vom Zittern abzuhalten. Ich presste die Lippen zusammen und konzentrierte mich auf meinen Weg, der mich zu Jisung brachte.
Eomma wäre sicher enttäuscht, dass ich bereits in den ersten paar Minuten in der neuen Klasse einen Streit angezettelt hatte, aber ich wusste ja auch nicht, warum ich mich so benommen hatte. Irgendetwas an Sumi hatte mich getriggert und als sie dann so über Jisung geredet hatte war bei mir einfach eine Sicherung durchgebrannt.
Bei meinem neuen Platz angekommen ließ ich mich auf den Stuhl sinken und stellte meinen Rucksack ab. Ich atmete einmal tief durch und zwang mir wieder das Lächeln aufs Gesicht, welches ich bei der Auseinandersetzung mit Sumi verloren hatte.
Als ich mich wieder aufrichtete blickte mir ein überraschtes braunes Augenpaar entgegen. Ich lächelte probehalber noch etwas breiter, und wie ich hoffte freundlicher, in der Hoffnung, dass ich dabei nicht aussah wie der Joker höchstpersönlich. Er erwiderte nichts, sein Gesicht war eine eiserne Maske. Er wandte sich der Tafel zu, denn die Lehrerin hatte den Raum betreten.
Ich murmelte ein leises "Hey!" aber er sah weiterhin starr an die Tafel. Vielleicht hatte er mich nicht gehört. 'Jaja Chenle rede dir das nur ein, aber eigentlich hat er dich absichtlich ignoriert. Du weißt das!'
Die Lehrerin, welche sich bei mir als Mrs. Han vorstellte, bat mich, mich kurz vorzustellen. Unter dem getuschel meiner Mitschüler brachte ich dies schnell hinter mich.
Mir fiel auf, dass die zu Beginn höflichen, einladenden Blicke meiner Mitschüler sich größtenteils giftigen und abweisenden gewichen waren. Lag das daran, dass ich Sumi abgewiesen hatte, oder daran, dass ich mich neben Jisung gesetzt hatte?
Ich vermutete, dass beides Gründe waren. Ich redete mir ein, dass es mir egal war, dass sie mich jetzt wohl nicht mehr leiden konnten.
Wer so falsch war, wie diese Menschen hier es offensichtlich waren, wollte ich gar nicht von ihnen gemocht werden.
Ich ließ mich wieder auf meinen Platz sinken, nachdem ich fertig gesprochen hatte. Mrs. Han begann vorne irgendwelche Mate-Formeln an die Tafel zu schreiben, die ich in meiner alten Schule schon gelernt hatte. Gelangweilt spielte ich mit dem Stift in meiner Hand und sah auf den Block vor mir.
Ich würde jetzt gerne etwas zeichnen, aber mir wollte partout kein Motiv einfallen.
Genervt stöhnte ich auf. Das Geräusch ließ einige Blicke auf mir Landen und ich hörte es aus Sumis Richtung leise kichern. Ich verdrehte die Augen und schielte zu Jisung hinüber. Er war dabei, alles was die Lehrerin an die Tafel schrieb in sein Heft zu übertragen. Musterschüler also. Aha.
Kurzentschlossen setzte ich den Stift auf meinem Papier an und schrieb ein einfaches "Hey! Mein Name ist Chenle," auf. Ich löste das Blatt aus dem Block und faltete es einmal in der Mitte, ehe ich es zu meinem Sitznachbarn schob.
Jisung sah zu dem Zettel und dann zu mir. Er hielt meinem Blick für einige Sekunden ausdruckslos stand, ehe er den Blick abwandte, ohne meiner Nachricht weitere Beachtung zu schenken. Er begann wieder den Aufschrieb in sein Heft zu kopieren. Ein Stich der Enttäuschung durchzuckte mich, aber so schnell er aufgetaucht war, war er auch schon wieder verschwunden.
Zurück blieb ein Gefühl der Entschlossenheit in mir. Ich wollte ihn dazu bringen, mir zu vertrauen und sich mir zu öffnen.
Ich schrieb eine weitere Nachricht, faltete sie und legte sie zu der anderen. Mit dem Fuß stupste ich Jisung unter dem Tisch leicht an. Dieser zuckte heftig zusammen und wirbelte erschrocken zu mir herum.
Ich war so geschockt von seiner Reaktion, dass ich nur gerade so in der Lage war eine Entschuldigung zu stammeln. Er erwiderte nichts, aber sein strafender, leicht angenervter Blick reichte mir, um zu erkennen, dass er diese nicht annahm. Er war wütend.
Super gemacht Chenle wirklich!
Sein Blick wanderte zu dem Tisch, wo er meine zweite Nachricht entdeckte. Er betrachtete sie einen Moment länger als die erste und ich meinte einen Hauch an Neugierde in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Hoffnung regte sich in mir, fiel allerdings in sich zusammen, als er die Augen verdrehte und sich erneut abwandte.
Da ich nichts besseres zu tun hatte, schrieb ich 5 weitere Zettel. Er hatte alle registriert, aber keinen geöffnet. Der Typ hatte ja mal Selbstbeherrschung. Ich hätte es nicht über mich gebracht auch nur einen Zettel ungeöffnet zu lassen, wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre. Diese Neugierde war eine meiner größten Schwächen und ich hasste sie. Neugierde hatte mir in den letzten Jahren nur Unglück gebracht.
Ich sah ein, dass es keinen Sinn hatte und begann den Aufschrieb in meinen Block zu übertragen. Mein Herz schlug schneller, als ich bemerkte, wie Jisungs Blick immer wieder in meine Richtung wanderte.
Nach einigen Minuten hörte ich ein frustriertes Seufzen zu meiner linken. Ich schielte hinüber und beobachtete, wie er in Zeitlupe nach einem Zettel auf dem mittlerweile ziemlich ansehnlichen Berg aus Papier griff.
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Just Want To Start Again//NCT DREAM ff
Fanfiction"Er fiel mir sofort ins Auge, dabei war ich mir nicht sicher ob es an seinen auffälligen hellblauen Haaren lag, oder daran, dass er sehnsüchtig aus dem Fenster starrte. Etwas an ihm zog mich sofort in seinen Bann und weckte ein seltsames ziehen in m...