Part 7

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Es war nur für den Bruchteil einer Sekunde, ein unauffälliger Stupser, aber in mir löste er ein Kribbeln aus dass sich in meinem ganzen Körper ausbreitete. Flatternd öffnete ich die Lider und mein Blick wanderte zu Jisung, der wie so oft aus dem Fenster sah. 

Ich wollte gerade wieder die Augen schließen, weil ich dachte, mir die Berührung eben nur eingebildet zu haben, als mein Blick an einem zusammengefalteten Zettel hängen blieb. Mein Herzschlag der sich eben erst wieder beruhigt hatte nahm wieder Fahrt auf und ich musste all meine Selbstbeherrschung aufwenden, um mich nicht auf das Papier zu stürzen, wie ein verhungernder Löwe auf seine Beute. 

Langsam richtete ich mich in meinem Platz auf legte die Hände verschränkt auf dem Tisch ab und spielte mit meinen Fingern. Meine Augen wanderten erneut zu meinem Nachbar der nun ebenfalls den Zettel fixierte und mich dann erneut sanft mit dem Knie anstupste. 

Langsam nahm ich den Zettel in meine Hand und drehte ihn hin und her. Ich war so nervös, dass ich mich nicht traute ihn zu öffnen. Warum würde ich selbst gerne wissen. Nachdem ich den Zettel mehrere Minuten einfach nur angestarrt hatte, stöhnte Jisung genervt auf und wandte den Blick wieder nach draußen. 

In Zeitlupe faltete ich die Nachricht auseinander und las die 5 Buchstaben, welche, in zugegebenermaßen sehr krakeliger Handschrift, darauf notiert waren. 

'Danke'

Ein Lächeln zupfte am meinen Mundwinkeln und ich faltet den Zettel vorsichtig wieder zusammen. Irgendwie war das hier ja das erste Mal, dass er in irgendeiner Weise Kontakt mit mir aufgenommen hatte und das machte mir Hoffnung, es mir bei ihm noch nicht auf ganzer Linie versagt zu haben. 

Auch wenn es nur ein Wort war, bedeutete es mir sehr viel und mein Herz flatterte aufgeregt vor sich hin wie so oft an diesem Tag schon. Ich behielt den Zettel in der Hand, fuhr die Faltstellen nach und drehte ihn hin und her. Ich schielte hinüber zu Jisung, welcher dieses mal mich beobachtete statt ich ihn. Ich wandte mich ihm komplett zu und bemerkte überrascht, dass seine Wangen einen leichten Rotton angenommen hatten. Entgegen meiner Erwartung fuhr er dieses mal nicht seine Mauer hoch, sondern zeigte mir seine ehrliche Dankbarkeit. 

Immernoch schien etwas in ihm vorsichtig und distanziert zu sein, aber ich freute mich über diesen kleinen Schritt, den er auf mich zugegangen war. Als er mich vorsichtig anlächelte fiel ich vor Schock fast vom Stuhl. Ich hatte ihn bereits lächeln sehen, aber nun, da es ganz allein mir galt machte es etwas mit mir. 

Es war das schönste Lächeln, dass ich je gesehen hatte. Es war warm und freundlich und es erreichte seine Augen. Mit geweiteten Augen starrte ich ihn an und versuchte die Röte, welche sich auf meinen Wangen auszubreiten drohte zu verdrängen. Vergeblich. Himmel er war so schön, dass ich ihn den ganzen Tag und noch länger einfach nur ansehen konnte und es mir an nichts fehlen würde. Er sah aus wie ein Engel. In mir breitete sich der Drang aus, ihn zu beschützen. Dieses Lächeln zu schützen und dafür zu sorgen, dass es nie wieder aus seinem Gesicht verschwand. 

Automatisch breitete auf meinen Lippen auch wieder ein Lächeln aus und so saßen wir dann da. Einander zugewandt, lächelnd, aber ohne ein Wort miteinander zu wechseln. Das war auch überhaupt nicht nötig, es gab nichts, das beredet werden müsste, denn im Moment war alles perfekt so wie es war. 

Alle Geräusche um uns herum verschwammen zu einem leisen Rauschen und mein Blickfeld wurde auf diesen wunderschönen Jungen vor mir beschränkt, der mich mittlerweile nicht mehr vorsichtig anlächelte, sondern glücklich und selbstbewusst. Da waren nur noch Jisung und ich. Die Minuten verstrichen und ich war mir sicher, dass der Unterricht schon längst wieder begonnen hatte. Ich konnte mich jedoch nicht dazu aufraffen, den Blick von Jisung abzuwenden um nachzusehen. Irgendwann wandte er jedoch seine Braunen Augen weg von mir und fixierte geschockt etwas oder jemanden hinter mir. 

In Zeitlupe drehte ich den Kopf und sah Mrs. Han mit verschränkten Armen vor unserem Tisch stehen. "Wenn ihr beide dann fertig damit wärt, euch mit Herzchenaugen anzuschmachten, wäre ich ihnen sehr verbunden, wenn sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Unterricht lenken würden. " Meine Wangen wurden wieder rot und ich stammelte eine leise Entschuldigung und ließ den Blick durch die Klasse wandern um ihrem Blick nicht zu begegnen. Alle in der Klasse starrten mich und Jisung  an und ich begann unruhig auf meiner Unterlippe herum zu kauen. Mein Blick landete auf Jisung, welcher noch immer Mrs. Han anstarrte, wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Er stammelte einige Entschuldigung und unsere Klassenkameraden begannen hinter vorgehaltener Hand zu  kichern. 

"Entschuldigen sie. Also das...wir... Es wird nicht wieder vorkommen versprochen. Entschuldigung für unsere Respektlosigkeit", kam ich ihm zur Hilfe und das Kichern nahm zu. Ich zwang mich ruhig zu bleiben, zumindest nach außen hin. Mrs. Han schien zu merken, dass wir uns wirklich für unser Verhalten schämten und begab sich zurück zur Tafel. 

Ich zog meinen Block zu mir hin und begann die Aufgaben zu lösen, welche an der Tafel standen, um nicht noch einmal negativ aufzufallen. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Jisung es mir nicht gleichtat, jedoch zwang ich meine Aufmerksamkeit zurück auf die Aufgabe. Für einige Minuten klappte das auch ganz gut, aber ich wurde durch ein klopfendes Geräusch abgelenkt welches von meiner linken zu kommen schien. 

Das Geräusch kam wie erwartet von Jisung. Er klopfte unruhig auf den Tisch und rutschte auf seinem Stuhl herum. Ich bemerkte, dass seine Atmung ungesund schnell war und immer lauter wurde. 

Ich erkannte die Anzeichen. Hatte sie viel zu Oft am eigenen Leib erfahren. Ich lehnte mich in seine Richtung, darauf Bedacht ihn nicht zu berühren und murmelte ein leises "Hey!" um ihn nicht zu erschrecken, aber er zuckte dennoch zusammen, als hätte ich geschrien. Er stoppte seine Hand und ballte sie zur Faust, aber ich sah trotzdem wie sehr er zitterte. Er stand so kurz davor vollends die Kontrolle zu verlieren und ich wollte ihm nicht die Blöße geben, vor der ganzen Klasse eine Panikattacke zu bekommen. Sie würden sich über ihn lustig machen. Ihn verspotten. 

Mrs. Han sah mich überrascht an, als ich meine Hand hob. Ich konnte an einer Hand abzählen, wie oft ich mich seit ich hier war im Unterricht beteiligt hatte. Als sie mich aufrief musste ich sie jedoch enttäuschen, da die Lösung der Aufgabe mir im Moment sowas von am Arsch vorbei ging. 

"Mrs. Han mir geht es gerade irgendwie nicht so gut. Da ist dieses seltsame Schwindelgefühl... Ich denke ich brauche etwas frische Luft. Hätten sie ein Problem damit, wenn Jisung und ich kurz nach draußen gehen?" Hörte ich mich fragen und hoffte, dass mein gespielt schwacher und kränklicher Tonfall zumindest ein bisschen glaubwürdig war. 

Sie musterte mich einen Moment lang skeptisch, ehe ihr Blick zu meinem Nachbar weiter wanderte. Ihre Augen weiteten sich kurz, als sie ihn wie ein Häufchen Elend auf seinem Stuhl sitzend auffand. Sie verstand die Situation und ich hoffte, dass sie dies tat, weil sie eine gute Pädagogische Ausbildung hatte und nicht, weil etwas in der Art schonmal vorgekommen war. Sie nickte mir schnell zu ehe sie mit dem Unterricht fortfuhr, damit die Aufmerksamkeit der Schüler nicht zu lange auf uns beide gerichtet war. 

Ich wandte mich Jisung zu. "Hey Jisung! Alles ist gut okay? Wir gehen jetzt nach draußen an die frische Luft. Nur wir zwei. Ich weiß nur zu gut, wie du dich gerade fühlst und deshalb weiß ich auch, dass du gerade wahrscheinlich nicht berührt werden willst, aber könntest du mir eventuell die Erlaubnis dazu geben, damit ich uns beide hier herausbringen kann?" Fragte ich ihn mit sanften Tonfall. Er schnappte leise nach Luft, nickte dann jedoch langsam. "Okay also ich helfe dir jetzt dabei aufzustehen und dann versuch einfach einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ich bin da und stütze dich. Ich weiß, dass es jetzt vielleicht unmöglich für dich klingt, aber versuch so ruhig wie möglich zu atmen okay?" Schwach nickte er wieder und ließ sich von mir aufhelfen. 

Ich sah Tränen in seinen Augen glänzen und beeilte mich noch ein bisschen mehr, ihn aus dem Raum zu bekommen, damit niemand sonst sie sah. Ich spürte die Blicke der anderen auf uns wie Feuer, dass meine Haut versengte. Sumi kicherte als wir an ihrem Tisch vorbei kamen und ich warf ihr einen vernichtenden Blick zu, damit sie nicht auf die Idee kam noch einen Blöden Kommentar abzugeben. Wie konnte man sich nur derart über das Leid anderer freuen? 

In dem Moment, als die Türe hinter uns ins Schloss fiel brach Jisung in meinen Armen zusammen. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 22, 2022 ⏰

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