Ich blickte in die Augen der Wölfin und sah darin Angst und Liebe zu ihren Jungen und keine Boshaftigkeit die man von diesen Monstern erwarten würde. Ich ging in die Hocke und näherte mich der Wölfin langsam und diese sah mich nur an, ruhig aber doch flehend. Doch sie flehte nicht um das eigene Leben, sondern darum, dass ihrer Jungen zu verschonen. Ich konnte in ihren Augen die Bitte lesen, uns um die Jungen zu kümmern. Alleine würden sie nicht überleben. Es war die Bitte einer sterbenden Mutter, die ihre Jungen liebte. Und dann schloss sie die Augen für immer.
Ich musste ihren Herzschlag nicht mehr prüfen um zu wissen, dass jegliches Leben ihren Körper verlassen hatte. Die Gestalt war zu ruhig und wenn man von dem Blut an ihrem Bauch absah wirkte es, als wäre sie friedlich eingeschlafen und hätte lediglich vergessen, wieder aufzuwachen. Ich blickte Pandora an und als ich ihre Miene las, war ich mir nicht mehr sicher, ob sie wirklich meine Rivalin sein konnte oder doch eine Freundin war. »Wir können die Jungen doch nicht töten, oder?« Fragte ich leise. Es verriet meine Absichten, aber Pandoras erschütterten Giftgrünen Augen hatten mir diese schon viel früher verraten. Ich hörte sie scharf ausatmen als sie neben mir auf den Boden sank. »Müssen wir das nicht?« Ich presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. Die beiden Wolfsjunge kamen auf mich und Pandora zu. Das kleinere begann an meiner Hand zu schnuppern und sich dann an diese zu kuscheln, während der größere das selbe bei Pandora tat. »Nein müssen wir nicht.« Sagte sie dann plötzlich bestimmt. Ein liebevoller Ausdruck lag in ihren Augen als sie das Wolfjunge über den Rücken streichelte. Sie waren zutraulicher als erwartet und wichen nicht zurück. Das Urvertrauen zur guten Seele eines jeden Wesens in dieser Welt war bei ihnen noch nicht zerstört worden.
»Dann tun wir es auch nicht.« Sagte ich leise und schluckte. Doch alleine würden sie nicht überleben und wir hätten ihnen keinen Gefallen getan. »Wir müssen sie mitnehmen.« Pandora sprach meine Gedanken aus doch ich schüttelte den Kopf. »Man würde sie töten. Und uns im schlimmsten Fall als Deserteure abstempeln.« Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe bevor sie langsam den Mund aufmachte. »Wir müssen es ihnen ja nicht sagen.«
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Die Idee war verrückt und es wäre schon beinahe ein kleines Wunder, wenn sie aufgehen würde. Ich und Pandora hatten uns zurück zu den Assassinen begeben und berichtet, dass die Schattenwölfin umgekommen war. Von den beiden Wolfsjungen, die wir in unseren Rucksäcken mit uns trugen hatten wir nichts erwähnt. Zum Glück waren die beiden noch ziemlich jung und so schliefen sie die meiste Zeit über. Und dennoch könnte man sie so einfach entdecken. Ein hektische Bewegung oder ein Aufheulen der beiden könnte uns bereits verraten. Aus diesem Grund hielten ich und Pandora uns etwas am Rande der Gruppe. Meister Agramon wertete dies als Zeichen, mich endlich mit Pandora anfreunden zu wollen und ließ uns die meiste Zeit in Ruhe. Vielleicht hatte er damit auch Recht. Das wir Freundinnen sein könnten. Nur wusste ich noch nicht einmal, was das Wort Freunde wirklich bedeutete, denn in meinem Leben war ich nur eine wirklich enge Beziehung eingegangen. Und diese war die zwischen Schüler und Lehrmeister, mir und Meister Agramon.
Nachts schlugen wir unser Lager am Rande des Flusses auf, dem wir folgten. Er verlief mitten durch den Schattenwald hindurch und so hatten wir ihm nur folgen müssen, statt mühsam nach den Sternen oder dem Stand der Sonne zu navigieren. Ich und Pandora hatten zwar unsere karge Mahlzeit mit den anderen Assassinen eingenommen, uns dann allerdings zurückgezogen und vom Lager fortgeschlichen um die Wölfe aus unseren Rucksäcken zu lassen. Über die nächsten Tage taten wir es immer genauso. Tagsüber ließen wir die Wölfe schlafen und Nachts spielten wir mit ihnen und richteten sie ab. Wir lehrten sie Befehle zu befolgen und niemanden anzugreifen ohne dass wir den Befehl gaben. Aber sie waren nicht unsere Untergebenen, sie liebten uns und wir liebten sie bedingungslos. Außerdem war ich fest davon überzeugt, dass sie uns genau verstanden was wir zu ihnen sagten.
Das Wolfsmädchen hatte mich auserwählt und schlief Nachts auf mir. Ich nannte sie Nuri. Pandoras Wolfsjunge bekam den Namen Nanuk. Die vielen schlaflosen Nächte sah man uns allerdings an und Meister Agramon lief wieder öfters bei uns, da er sich Sorgen zu machen schien. Es war immer schwieriger Nuri und Nanuk zu verstecken. Schon öfters hatten sie Laute von sich gegeben oder sich plötzlich bewegt und uns war es fast nicht gelungen das zu vertuschen. Es erregte langsam Aufmerksamkeit und innerhalb von kurzer Zeit waren sie doppelt so groß und schwer geworden. Dadurch waren wir immer die langsamsten in unserer Reisegruppe.
Zumindest mein Umgang zu Pandora war an jedem Tag besser geworden und mittlerweile bezeichnete sowohl ich, als auch sie unsere Beziehung als eine Freundschaft. Und unsere Wölfe waren ebenfalls unzertrennlich. Nach etwa zwei Wochen passten die beiden Wölfe nicht mehr in unsere Rucksäcke. Und so befahlen wir ihnen uns Tagsüber in Abstand zu folgen. Das taten sie dann auch.
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Das wahre Ausmaß der Finsternis im Schattenwald wurde mir erst Bewusst, als ich direkt davor stand.
Wie mir schien es einigen der anderen Assassinen zu gehen und meine Zweifel wurden nur weiter untermauert. Aber wir waren tapfer, keiner erhob Einwand oder verbreitete Skepsis es wurde in unseren Reihen nur ganz still. Es war nicht nur der Schattenwald den wir betreten sollten, sondern auch unser geliebtes Land das wir dadurch verlassen würden.
Wir würden in die Wildnis gehen und all die Orte an denen Menschen lebten denen wir bisher geholfen hatten hinter uns lassen. Und keiner hatte je lange genug in der Wildnis überlebt um berichten zu können, was einen dort erwartete.
Als wir die Grenze übertraten wurde es Finster, die Schatten wurden dunkler und das Licht schien zu großen Teilen einfach verschluckt zu werden. Meine Augen gewöhnten sich nur langsam an die ungewohnt finstere Dunkelheit. Doch da wir praktisch zu Dunkelheit werden konnten, sah ich nach wenigen Minuten fast normal. Der Schattenwald war riesig, wild und ungezähmt. Und er schrie beinahe, das Gäste nicht willkommen waren. Je weiter wir in ihn vordrangen umso schlechter wurde mein Bauchgefühl. Wir bewegten uns Lautlos wie es nur die Assassinen konnten und huschten von Schatten zu Schatten um unbemerkt zu bleiben. Nur so könnten wir in einer solchen Urgewalt, in der tausende gefährliche Kreaturen lebten, überleben. Und in der Zeit in der wir hier leben würden, würde es den Unterschied zwischen Leben und Tod machen, ob wir uns Geräuschlos bewegten oder nicht.
Es wäre kein Leben sondern ein ständiger Kampf um das Überleben. Um meine Nuri oder Pandoras Nanuk machte ich mir allerdings keine Sorgen. Sie waren mittlerweile so groß wie Retriever und ihre Zähne und Krallen waren so lang wir mein kleiner Finger. Zwar taten sie keiner Fliege etwas zu leide aber wenn man sie angreifen würde, könnten sie sich wenigstens verteidigen.
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Es war beinahe schon die Nacht hereingebrochen als wir endlich einen Ort fanden, an dem es sich die nächste Zeit leben ließ. Es war eine geräumige Höhle, doch das Wesen, dass zuvor in ihr gelebt hatte war schon lange nicht mehr da. Wir mussten sie uns nur mit ein paar Fledermäusen, Ratten und Spinnen teilen, aber das war in Ordnung. Weiter hinten ließ sich sogar Feuer machen ohne, dass man es von Außen sehen konnte. Der Boden war hart doch an einigen Stellen wuchs dichtes, weiches Moos auf dem wir übernachten würden. Und sogar der Fluss war nur wenige hundert Meter von der Unterkunft entfernt.
Ich und Pandora fanden sogar einen Schlafplatz am Rande der Höhle, wo es eine kleine Lücke im Gestein gab bei der wir uns hinausschleichen könnten um uns um Nuri und Nanuk zu kümmern. Doch diese Nacht schlief keiner von uns gut. Auch wenn zwei Assassinen wache standen, schreckte ich bei jedem Geräusch des Waldes hoch und meinte risesenhafte Monster in den tiefen des Waldes zu sehen. Doch es waren nur die Schatten, von denen der Wald seinen Namen trug.
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Order of Assassins - Fallen King
FantasySeit Jahrtausenden bildeten der Orden der Assassinen und die Gilde der Magier die rechte und die linke Hand des Königs. Die Assassinen setzten Recht und Ordnung durch und verfolgten Gesetzesbrecher bis in den Tod. Sie waren geachtet unter den Rechts...