2: wie man einen Krieg beendet

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Achtung, dieses Kapitel enthält Gewalt.

Liebe Mum,
mein Anfang hier war ja ziemlich holprig. Und trotzdem lese ich immer wieder meine Erinnerungen an dich durch. Vermisse dich so sehr. Seit ich wieder alleine bin, macht mir vieles, was wir zusammen getan haben, keinen Spaß mehr. Ich vermisse dein nicken, wenn ich essbare Pilze finde und dein strahlendes Lächeln wenn ich eine Hand voll Beeren für dich gesammelt hatte. Wie stolz du warst, als ich mein erstes Feuer entzündete. Ohne dich ist alles anders und doch ist die Natur die selbe. Immer wieder frage ich mich, warum du sterben musstest. Warum waren wir nicht in menschlicher Form geblieben, warum müssten wir sofort fliehen, als sich jemand näherte? Meide Wölfe. So oft hast du es mir gesagt. Meide Wölfe. Aber es waren keine Wölfe, sondern Jäger.

Mein Vater brauchte sehr lange um sich irgendwie wieder halbwegs unter Kontrolle zu bekommen. 5 Soldaten hatte es gebraucht um ihn in einer Zelle zu fixieren. 5 Stunden lang hatte er es nicht geschafft sich wieder in seine menschliche Form zu verwandeln. Seine Eltern haben versucht auf ihn einzureden aber sein Wolf hat nur wütend geknurrt. Irgendwann Riß meinem Großvater der Geduldsfaden und er schrie meinen Vater an, dass wenn er wirklich sein Gefährtin paaren möchte, er dazu all seinen Verstand bräuchte, denn mit Stärke allein sei es leider unmöglich. Da erst gab sein Wolf meinen Vater wieder frei. Den ganzen Abend und die darauf folgende Nacht beriet er sich mit meinem Großeltern und den höchstrangigsten Rudelmitgliedern. Irgendwann wurde er ziemlich still, als würde ein Plan in seinem Kopf reifen. Meine Großmutter wollte unbedingt wissen, was er vorhatte, aber er verschloss sich vollkommen. Am frühen Morgen fragte er seine Eltern, ob sie ihm vertrauen. Dann bat er sie die Mondgöttin für ihn anzubeten und eine Nachricht ins andere Rudel zu schicken, in der er um ein Treffen mit seiner Gefährtin bittet. Danach ging er essen und schlafen. Erst am Abend wachte er wieder auf, packte heimlich eine Tasche und bat seine Eltern ihn die Nacht nicht zu stören. Auf seinem Bett ließ er einen Brief zurück und heimlich verließ er sein Zimmer und sein Rudel.

In meinem Kleid steckte noch deine Nadel, doch als du die Geräusche hörtest, schrakst du erschrocken zusammen ließt alles fallen und warst auch schon verwandelt. Schnell folgte ich dir, als du schon deine Tasche in den Krallen hattest, doch als du bermektest, dass es Jäger waren, hast du die Tasche in die Brennnesseln fallen gelassen. Damals dachte ich du hättest dich nur erschrocken, doch mittlerweile weiß ich, dass Menschen Brennnesseln meiden. Wir flohen erst gemeinsam, doch dann befahlst du mir per Gedankenkommunikation, dass wir uns  in verschiedenen Richtungen aufteilen und beim meinem Kleid wieder treffen. Keine Ahnung, warum sie dir gefolgt sind und mich nicht beachtet hatten. Ich wartete schon auf dich, als du wieder die Gedankenverbindung zu mir öffnetest. "Verwandel dich. Tu so als wärst du ein Mensch. Ich liebe dich." Ihre Worte schockierten mich. Ich hörte ihren Schmerz in meinem Kopf. "Mum" schrie ich, aber die Verbindung zu ihr brach ab und ich konnte sie nie wieder öffnen. Da hörte ich Schritte sich nähern und erwachte aus meiner Schockstarre.  Schnell verwandelte ich mich und zog mein Kleid an. Wieder in Menschengestalt konnte ich endlich weinen. Wenige Augenblicke später traten die Jäger auf die Lichtung hinaus und sahen mich verdutzt an. "Wer bist du? Woher kommst du?", Fingen sie an mich zu fragen und ich sah kurz auf. In ihren Händen erblickte ich den toten Tierkörper meiner Mutter. Ein schriller Schrei entwandt sich meiner Brust und mein Kopf sank in die Hände. Keine einzige ihrer Fragen konnte ich beantworten, denn ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen. 5 Jahre lang war ich mit meiner Mutter durch die Wälder gezogen, 5 Jahre lang hatte ich nie jemand anderes kennengelernt. Und mit einem Augenblick zerbrach meine ganze Welt.

Er verbarg sich so gut möglich in eng anliegender schwarzer Kleidung und schlich sich nachts zur Grenze. Hielt sich versteckt bis eine Günstige Gelegenheit kam. Beim Wachwechsel drang er in feindliches Gebiet vor, denn 8 abgelenke Augen sehen weniger als 4 wachsame. Am geographischen Aufbau seines Rudels orientierend machte er bald das Rudelhaus ausfindig. Vorsichtig schlich er sich vorwärts. Einige Male umrundete er das Haus, dann kletterte er auf einen Baum, von wo aus er sich erhoffte durch ein Fenster eindringen zu können. Der Geruch seiner Gefährtin war so stark, sie war definitiv in diesem Haus. Er musste alle Willenskraft aufbringen, seine Sinne nicht zu sehr benebeln zu lassen. Er kroch Stück für Stück auf seinem Ast entlang und auf das Fenster zu. Was er nicht bedacht hatte, war die Tatsache, dass das Fenster geschlossen war. Er drückte einige Male erfolglos gegen den Fensterrahmen, bis er wohl zu viel Kraft aufwandte und.... Der Ast unter ihm brach. Ja ich weiß, mein Vater war ein echter Held, aber als sie mir davon erzählen haben sie darüber gelacht. Aber er gab nicht auf und das darfst du auch nicht. Er rappelte sich also auf und versuchte das völlig unmögliche: er ging um das Haus herum und drückte die Klinke der Haustür. Sie ging auf. Drinnen wurde er schon erwartet. "Wie kannst du es wagen, hier einzudringen?", herrschte ihn mein Großvater an. Ein wütender Alpha ist ein furchterregender Anblick, vor allem der eines verfeindeten Rudels. Mein Vater war aber in Gedanken so bei seinem Plan dass er ernsthaft nur antwortete: "Gut, dass erspart mir die Suche nach deinem Büro." Während der Alpha ihn völlig irritiert ansah kramte er kurz in seiner Tasche und legte meinem Großvater dann einen Silbernen Dolch vor die Füße. Dieser hatte seine Sprache wieder gefunden: "Willst du mich etwa bestechen?" Aber statt zu antworten stellte mein Vater eine Gegenfrage: "Weißt du wie es sich anfühlt von der eigenen Gefährtin getrennt zu sein?" Er machte eine bedeutungsvolle Pause und sah dem wütenden Alpha direkt in die Augen. Niemand würde so etwas wagen, da dies als Herausforderung um den Alpha Posten angesehen wird. Aber ehe mein Großvater dies als Provokation sehen konnte, sprach mein Vater weiter: "Wie ein Messer in der Brust. Mach es doch bitte Richtig." Der Alpha sah das Messer an und fragte schockiert: "Du willst, dass ich meiner Tochter ein Messer in die Brust ramme?" Stumm schüttelte mein Vater den Kopf und zog sein Oberteil aus. Der Alpha hob den Dolch auf und zeigte auf die entblößte Brust meines Vaters. Dieser nickte stumm. Er kniete sich hin und senkte seinen Kopf wobei er ihn leicht schräg hielt um als Zeichen des Respektes seinen Hals zu zeigen. "Junge, ich kann deine Angst spüren!", Der Alpha machte eine Pause als würde er überlegen, "Warum machst du das?" Schweigen herrschte. "Es ist nicht, was du wirklich willst", die Wut war aus seiner Stimme verschwunden. "Du lässt mir die Wahl, ob ich dir das Leben nehme und damit den Sohn und Nachfolger meines Erzfeindes ausschalte. Da sie leider deine Gefährtin ist, führe das auch zum Tod meiner Tochter, was dazu führen würde, dass 2 Rudel keinen zukünftigen Alpha mehr hätten. Das könnte im schlimmsten Fall zu 2 ausgelöschten Rudeln führen, wenn dann ein Bürgerkrieg durch den Kampf um den Alpha Posten ausbricht.", Sinierte mein Großvater weiter, während seine Hände mit dem Holzgriff des Dolches spielten, "oder ich verscherbel meine Tochter an den Sohn des Feindes. Und würde damit mein ganzes Rudel in Feindeshand geben." Endlich holte mein Vater tief Luft und meldete sich wieder zu Wort: "Wer hätte denn dieses Rudel nach euch angeführt, wenn ich nicht ihr Gefährte gewesen wäre? Natürlich sie als Luna! Und ihr Gefährte hätte dann als Alpha genau soviel Mitspracherecht. Schwierige Entscheidung würden sie immer gemeinsam treffen und kleinere wären je nach Themengebiet auf die beiden und den Beta aufgeteilt. Du hättest auf die Wahl der Mondgöttin vertraut und deinen Schwiegersohn in alle wichtigen Geheimnisse seiner zukünftigen Führungsrolle eingearbeitet. Warum ist es also ein Probl..." - "Gemeinsam?", Unterbrach ihn der Aufschrei des Alphas. "Natürlich gemeinsam", antwortete mein Vater verdutzt, "meistens kümmert sich der Alpha mehr um die Außenpolitik und die Luna um alle innerpolitischen Angelegenheit. Aber Wichtiges entscheiden sie immer gemeinsam. Meine Gefährtin ist doch mindestens genauso viel wert wie ich! Da sie mich erst komplett macht, ist sie mir sogar viel wertvoller. Und auch für ein Rudel ist die Luna extrem wichtig. Ein Rudel ohne Luna ist nur halb so stark!" Mein Vater verstand nicht wieso, aber seine Worte brachten meinen Großvater zum Weinen. Die Selbstständigkeit in der mein Vater dies sagte, erschütterte den alten Mann. Er nahm seinen zukünftigen Schwiegersohn in den Arm und weinte an seiner Brust: "Bitte behandel meine Tochter besser als ich es mit meiner Frau tat. Sie ist alles, was ich noch habe. Ich wollte sie doch nur beschützen." Es war ein unausgesprochenes Geheimnis, dass sich meine Großmutter umgebracht hatte, als meine Mutter gerade Mal 3 Jahre alt war.

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