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Narziss hatte Kaschmirhaar in den Farben von Schwanenfedern, die im Abendwind silbrig aufbauschten und absanken - nichts als federleichte Schwere auf seiner goldenen Haut.

Er war eine flüchtig-mystische Seele, die - zu meiner Freude - lieber las, um nach der Zeit zu suchen und hinter seinen Pupillen wuchs stets ein feiner Glanz von Sehnsucht, nach Unbenennbarem, wenn sein Blick über den Himmel schwebte.

Ich fand, er ähnelte den Sternenkörpern, die unruhig am Himmel zu flimmern schienen, als seien sie zu größerem bestimmt, als das Firmament zu zieren und Poeten stille Gedichte in die rastlosen Seelen einzuhauchen, die ächzten unter der Last von Insomnie und dem Drang, zu schaffen.

Narziss ähnelte dem Mondlichtmeer, dessen Helle die Nacht mit süßem Licht umwob, das sich in seinem Haar verfing, bis er es am Morgen wieder auskämmte.
Er verachtete die Süße, von der er stets behauptete, dass sie niemand verdiente. (Ich verstand ihn nie ganz, er sprach oft in Rätseln oder fulminanter Poesie, die zu erhaben für meine Brust war, als dass ich sie darin hätte spüren können)

Er genoss es, wenn die Luft am Nachmittag bitter wurde von der absinkenden Sonne; wenn Licht in blassen Wellen am Horizont verquoll. Er erfreute sich, wenn alles schwand, das seinen Glanz zu übertönen drohte.

Narziss verachtete viele Dinge, doch wenn ich die Strähnen seines Schwanenfederhaars durch meine Finger gleiten ließ, um Perlen darin einzuweben, wenn er las (meist Bücher über sich stetig wandelndes Wasser, über die Geburt von Aphrodite aus dem Nektar der See) oder wenn wir uns aneinanderpressten wie die Margeriten, die er zwischen den Seiten seiner Bücher aufbewahrte, um stets ein Stück toten Sommers bei sich zu haben, dann glaubte ich, dass ich nicht zu diesen Dingen gehörte.

Ich hatte mich geirrt.

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