𝒦𝒶𝓅𝒾𝓉ℯ𝓁 3

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Camilles POV


Ich blickte in den Sternenhimmel und konnte es nicht fassen. Der Montag war tatsächlich keine Katastrophe geworden. Ich hatte einen neuen Freund. Zumindest glaubte ich das.

Selbst die Mittagspause war besser gewesen als erwartet. Denn auch wenn die halbe Schule über Jaxons Konzert redete, gab es Drama. Wie ich das liebte. Denn nun hatte Eric endlich ein Ventil gefunden, seine Eifersucht zu überwinden. Und das war der Chor. So hatte er heute Mittag jedem Jungen in der Schule gezeigt, dass nur er selbst eine Chance bei Sarah hatte. Er hatte Ihr einen Song geschrieben. Mitsamt Performance. Und Kostümen. Das war legendär gewesen.

Schade nur, dass er nicht singen konnte, sonst könnte er das garantiert öfter machen. Allerdings war ich nicht die Einzige gewesen, deren Ohren dies bemerkt hatten. So hatte auch Sarah sich verzogen. Selbstverständlich nicht ohne ein riesen Drama und eine zweite Performance.

Deshalb liebte ich diese Schule. Deshalb liebte ich diese Kleinstadt. Hier war immer etwas los.
Selbst zwischen den Gartenzäunen tratschten die Älteren. Zwar hatten diese andere Probleme als wir Teenager, doch auch sie wussten alles über ihre Mitmenschen. Dank meiner Oma war ich auch in den, wie ich ihn nannte, Gartenzauntratsch eingeweiht.

Als ich darüber nachdachte, fiel mir plötzlich auf, dass ein Schatten über den Gartenzaun der Nachbarn huschte. Ich schluckte. Das letzte Mal, dass hier jemand eingebrochen war, war laut meiner Oma Jahrzehnte her. Trotz des Unglaubens schaltete ich mein Licht aus und trat so nah an das Fenster, dass ich die Kälte die es ausstrahlte, spürte.

Der Schatten war inzwischen am Haus der Nachbarn angekommen und krabbelte auf dem Boden herum. Und als er sich aufrichtete, um einen Stein gegen Sarahs Fenster zu werfen, wusste ich, dass es Eric war.

 Manchmal war es mir zum Spucken zumute, wenn ich sah, wie die beiden lebten. Sie könnten glatt einer Disney Serie entsprungen sein. Ob es nun High School Musical oder Hannah Montana war. Ich schloss erleichtert mein Fenster, schaltete das Licht an und machte mich an meine Hausaufgaben, die ich den ganzen Tag lang vernachlässigt hatte.

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Ich hüpfte aus dem Auto und lief auf Lorelie zu, die bereits auf mich wartete. Die Sonne strahlte auf mein Gesicht und lachte mir zu. Gleich hatten wir Musik. Ich konnte es kaum erwarten. Und auch Lorelie schien hellwach.

„Lass uns gehen ich will einen Platz am Fenster."

„Gute Idee. Irgendwie müssen wir ja das Deo vertreiben."So betraten wir die Schule und nach einigen Fast-Zusammenstößen mit Schülern im Halbschlaf hatten wir es geschafft, einen Fensterplatz im Musikraum zu ergattern.

Erstaunlicherweise saß Kevin bereits vor uns und beugte sich über seinen Notizblock. Ich stupste ihn von hinten an. Er fuhr erschrocken hoch. Ich erkannte dunkle Augenringe unter seiner runden Brille.

Er sah mich lächelnd an. „Scheint so, als würde Musik dir eher liegen als Französisch." Da hatte er recht. Also warf ich ihm ein gut gelauntes Lächeln zu und deutete auf seinen Notizblock. „Was machst du da?"

 Er lächelte nur müde und gähnte: „Das sind Französischhausaufgaben. Ich habe das Gefühl Mrs. Martin will mich bis in meine Träume verfolgen. Ich bin gestern einfach nicht fertig geworden."

Lorelie beugte sich vor: „Daran wirst du dich gewöhnen müssen." Kevin verzog gequält das Gesicht: „ Na super..."Mir wurde das Zuviel. Heute war die gute Laune an der Reihe! „Halb so schlimm, du kannst bei mir abschreiben."

 Kevin wollte etwas erwidern, wurde aber von unserem Lehrer unterbrochen, der gerade durch die Tür gekommen war.

„Guten Morgen! Dieses Jahr werden wir uns mit der Geschichte des Pops beschäftigen. Ich will, dass ihr in Partnerarbeit ein Referat haltet über einen Künstler dieser Szene."

Als wäre eine Bombe eingeschlagen, vernahm ich auf einmal Gekreische und Gekicher. Denn jeder wollte sich Jaxon Scott sichern. Und auch Lorelie trug ihren Teil dazu bei, den Lautstärkepegel zu sprengen.

Kevin blickte mich an und ich nickte. Da blieben nur noch zwei.

„Wie wäre es mit Jaxon?", schlug Kevin vor und beobachtete Lorelie, die gerade versuchte Sarah zu überzeugen mit ihr zu arbeiten. „Ha ha ha bist du witzig. Aber du hast recht. Wir könnten auch einen Jackson nehmen... Wie wäre es mit Michael Jackson?" Ich klatschte in die Hände: „Das ist es!"

„Treffen wir uns dann heute Mittag bei mir? Am besten wir ziehen das so schnell wie möglich durch. Sonst sind wir damit noch bis nächstes Jahr beschäftigt."
Kevin schüttelte langsam den Kopf und rückte seine Brille zurecht: „Heute kann ich nicht. Ist morgen auch okay?"

„Klar!", also lehnte ich mich wieder auf meinem Stuhl zurück und überließ Kevin meine Hausaufgaben, von denen man nicht unbedingt behaupten konnte, dass sie richtig waren. Aber so war es nun mal, wenn Baguette das einzige Wort war, dass nicht nach einer Woche aus dem Kopf verschwunden war.

Mein Blick huschte über die Klasse. Eine Diskussion war ausgebrochen. Sarah und Lorelie hatten sich inzwischen zusammengetan, Jaxon zu ergattern. Sie redeten zu zweit auf Lisa ein, die mit der Zeit immer unsicherer wurde, bis sie schließlich aufgab.

 Doch auch wenn sie sich Jaxon nicht gesichert hatte, so war Justin Bieber nicht verschont geblieben. Ich könnte wetten, dass sowohl One Direction, die Jonas Brothers und BTS ebenfalls vergeben waren. Wenn es etwas gab, das leicht vorauszusehen war, dann waren es Dinge wie diese.

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Jaxons POV

Ich schlug die Autotür meines Sportwagens zu und stieg die Stufen des Eingangs hinauf. Wie immer wurde der Haupteingang von Fotografen und Journalisten belagert. Sie kämpften förmlich um die Plätze in der vordersten Reihe, um ein Foto von mir zu erobern.

Und auf dieses Drama konnte ich nun wirklich verzichten. Also schob ich mich nur an ihnen vorbei, zog mir meine Kapuze ins Gesicht und schaffte es so ohne größere Zusammenstöße ins Gebäude.

Als ich im Tonstudio angekommen war, erwartete mich John schon. Er arbeitete schon seit Ewigkeiten hier und war, seit ich denken konnte meine rechte Hand beim Schreiben von Songs.

 In ein paar Wochen mussten alle Songs für mein neues Album fertig sein und ich konnte es mir nicht leisten einen Tag Pause zu machen. Das Problem war nur, dass lediglich die Idee eines Albums vorhanden war. Kein Song. Keine Melodie. Kein Text. Nichts.

„Lass uns mit einer Mind Map beginnen. Was beschäftigt dich gerade? Woran denkst du ununterbrochen? Was verkauft sich gut?", John reichte mir ein Blattpapier und einen Stift und nickte mir aufmunternd zu. Na dann mal los.

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Zwei Stunden später und ich hatte ich nur unzusammenhängende Wörter auf meinem Blatt stehen. Ohne jeglichen Sinn. Von Bäumen bis Schnee und zugehörigen Zeichnungen war alles dabei.

Ich konnte das nicht. Es war nichts gut genug. Irgendetwas fand John immer, dass nicht angemessen war. Der Schmerz drohte mich zu überwältigen. Drei Jahre lang war es her, seitdem ich etwas veröffentlicht hatte.

Drei verdammte Jahre. Und jedes Jahr wurde es schwieriger auf dieses Blattpapier zu blicken und zu wissen, dass man alles haben konnte, doch zu schwach war. Zu schwach, um auf dieses Blatt zu blicken und zu lächeln.

Stolz zu sein. Es war weit weg. Dieses Gefühl stolz zu sein, etwas erschaffen zu haben. Vor drei Jahren hatte er gestrahlt, als er an sie gedacht hatte. Jetzt war da nur noch Schmerz. Der ihn drohte aufzufressen. Hochzukochen.

 Doch das würde er nicht zulassen. Der Schmerz hatte einmal gewonnen. Das würde er nicht wieder. Ich griff in meine Jackentasche und zog eine Plastiktüte heraus und legte mir den Inhalt auf die Zunge. Ich sah auf den Zettel – drei Jahre und so viel hatte sich verändert. Dann schluckte ich.


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