Alte Herbsttage

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Ich sitze auf der Veranda in meinem Schaukelstuhl und sehe den bunten Blättern beim Fallen zu. Mein Enkelkind rennt glücklich auf mich zu und schenkt mir ein wunderschönes vielfarbiges Blatt. Ich bedanke mich. Meine Tochter kommt aus dem Haus und ruft uns zum Essen. Ihr Sohn rennt begeistert ins Haus und ich sage, dass ich gleich nachkomme. Sie kehrt in die Küche zurück und ich bleibe alleine draußen. Die untergehende Sonne färbt alles golden. Der See in der Ferne glitzert, als die Sonne am Horizont verschwindet. Der Schatten kriecht langsam an meinem Körper hinauf und ich merke wie meine alten Knochen kalt werden und als der Schatten mein Hals erreicht merke ich, wie ich meinen Körper nicht mehr bewegen kann. Es ist als hätte der Schatten meinen Körper im Blei getaucht, das nun hart wird. Die schönsten Momente meines Lebens ziehen an meinem inneren Auge vorbei. Der Tag an dem ich laufen gelernt habe, als ich Kapitän der Cheerleader wurde, mein Abschluss, das erste Date mit meinem Mann, die Hochzeit, die Geburt unseres Kindes und die ihr erstes Lächeln. Eine Träne läuft meine Wange herab die vom Lachen, als auch vom Weinen faltig geworden ist. Die Sonne sinkt immer tiefer bis ich in vollkommener Dunkelheit sitze. Ich versuche erneut aufzustehen und dieses Mal gelingt es mir. Tatsächlich fiel es mir lange nicht mehr so leicht aufzustehen. Ich blicke nicht zurück, selbst als meine Tochter aus dem Haus tritt um mich herein zu holen. Sie sieht meinen zusammengesackt Körper an meinem Lieblingsplatz sitzen und beginnt leise zu weinen, doch ich bin frei und tanze durchs Laub. Mein Lachen schallt so laut wie lange nicht mehr über die Wiese, bis ich am Waldrand eine Silhouette bemerke. Ich trete näher und erkenne einen Mann vor mir. Er lächelt mich mit seinen strahlenden Augen an und als ich ihn erkenne und falle ich ihm in die Arme. Freudentränen strömen aus meinen Augen, als ich seine starken Arme endlich wieder um mich geschlungen spüre. Er nimmt mich an die Hand und wir spazieren endlich wieder vereint in den dunklen Wald.

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