Alles zu viel

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Er küsst sie leidenschaftlich.
Lässt sie einen Augenblick die schmerzhafte Realität vergessen.

Als er sich von ihr löst und ihr Büro verlässt, sieht sie ihm nach.
Einige Minuten fixiert ihr Blick, das dunkle Holz der Tür.
Sie versucht, das Gefühlschaos in ihrem Inneren zu ignorieren, und beschließt, sich abzulenken.

Nachdem zahlreiche Hexen, ermordet wurden, ist der Schutzzauber, jetzt umso wichtiger. Die Studenten müssen geschützt werden.

Runa dreht sich um und will sich grade an ihren Schreibtisch setzen, als sie die Reste des explodierten Fensters sieht.

„Da war ja was", murmelt sie vor sich hin.

Doch bevor sie das Fenster erneuert, schweift ihr Blick über den Campus.

Er empfängt seine Frau.
Zieht sie schwungvoll in ihre Arme und küsst sie.
Seine Hand ruht auf ihrem Bauch.

Das ist es, was sie nicht wollte.
Sie wollte ihn nicht mit seiner Frau sehen.
Nicht sehen, wie glücklich sie zusammen sind.

Runa weicht von dem Fenster zurück.
Hat das Gefühl, keine Luft zubekommen.
Die Tränen, die sie krampfhaft versucht hat zurückzuhalten, bahnen sich einen Weg nach draußen und fließen über ihre Wangen.

Sie muss hier raus.
Raus aus ihrem Büro.
Raus aus der Universität.

Sie lässt alles stehen und liegen und teleportiert sich in ihre Wohnung.
Auf wackeligen Beinen geht sie in ihr Schlafzimmer.

Das halb verbrannte Bett, die Brandflecken an Wand und Boden.
Der Moment, als das geschah, rattert wie ein Film durch ihren Kopf.

Ebenso die Erinnerungen, die Daleek, sie hat qualvoll erneut durchleben lassen.

Sie war immer die zweite Wahl.
Jedes Mal wurde sie verlassen.
Und diesmal?

Er sagt, das er sie liebt und tief in ihrem Inneren, spürt Runa, dass es stimmt.
Er liebt sie, so wie sie ihn liebt.

Nur, reicht das?

Ihre Beine tragen sie in die Mitte des Raums.
Ihr Magen fühlt sich an wie auf links gedreht.
Ein Schwall an Erinnerungen bricht über sie ein.

All die Worte, mit denen der Höllen König versucht hat, sie zu manipulieren, hallen in ihrem Kopf nach.
Die Folter.
Der Schmerz.

Verzweifelt versucht sie, die Erinnerung daran zu verdrängen.

Der Tränenschleier vernebelt Runa die Sicht.
Alles um sie rum scheint sich zu drehen.

Mit einem lauten Schrei bricht alles aus ihr raus.

Unkontrolliert sprengt sie jedes noch so kleine Möbelstück in dem Raum.
Zersplittertes Holz, Glas, Stofffetzen.
Alles landend in Trümmern auf dem Boden.

Inmitten dessen sackt sie schwer atmend auf die Knie.

Ihre Tränen perlen von ihren Wangen und zerlaufen auf ihren Händen, die sich in den Boden krallen.

Als wäre jegliche Energie aus ihrem Körper gewichen, bricht sie schließlich kraftlos zusammen.

Produktive Langeweile Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt