Kapitel 32

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Zwei Wochen später ist Will endlich wieder zu Hause. Enrico und ich haben ihn gestern zusammen aus dem Krankenhaus abgeholt. Mittlerweile geht es ihm schon viel besser, allerdings soll er sich noch schonen.

Da Enrico heute eine Nachtschicht schiebt, entscheide ich mich dazu zu Will rüberzugehen. Als er mir die Tür öffnet, wirkt er überrascht. Aus seinem Apartment duftet es herrlich nach Essen, was mich schließen lässt, dass er gekocht hat. „Du sollst dich doch schonen", sage ich und sehe Will vorwurfsvoll an.

„Ich kann ja schlecht verhungern", erwidert er mit erhobenen Augenbrauen und sieht mich im nächsten Augenblick belustigt an. Erst frage ich mich, ob er wieder etwas an mir auszusetzen hat, doch statt mir einen weiteren blöden Spruch aufzudrücken, ziehen sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben. „Du machst dir Sorgen", schlussfolgert er.

Es abzustreiten, wäre sinnlos, denn Will liegt mit seiner Feststellung goldrichtig. „Natürlich mache ich mir Sorgen um dich", antworte ich also und verschränke beleidigt die Arme vor meiner Brust.

„Süß", kommentiert Will und stupst meine Nase, als sei ich ein kleines Kind. „Ich liebe dich auch", fügt er grinsend hinzu. Obwohl ich mir aufgrund seines dämlichen Grinsens sicher bin, dass er das bloß aus Spaß gesagt hat, lösen seine Worte in meinem Bauch ein wohliges Kribbeln aus und lassen meine Wangen erhitzen.

„Eigentlich wollte ich mich um dich kümmern, aber wie ich sehe, kommst du auch allein zurecht", sage ich, als ich meine Stimme nach einem kurzen Schweigen wiedergefunden habe. Gerade möchte ich mich umdrehen und wieder gehen, da hält Will mich an der Hand fest und wirbelt mich wieder zu sich herum.

„Wenn du jetzt schon da bist, können wir auch zusammen essen. Das Essen ist fertig und du siehst hungrig aus", sagt Will sanft. Dabei hält er mich noch immer so leicht an meiner Hand fest, dass ich sie wegziehen könnte, wenn ich möchte, allerdings genieße ich es viel zu sehr, von ihm berührt zu werden. Nach dem Tag, an dem er im Krankenhaus aufgewacht ist und ich ihn besucht habe, haben wir einander kaum berührt, weil Enrico die meiste Zeit da war.

Aus dem Grund genieße ich jede noch so kleine, vielleicht unbedeutende Berührung, denn mehr bekomme ich nicht von ihm. Keine Küsse und keine Umarmungen mehr.

„Okay", stimme ich seinem Vorschlag zu und betrete das Apartment. Will schließt die Tür hinter mir und lässt mich schließlich los, was mich beinahe traurig macht. „Was hast du gekocht?", versuche ich das Gespräch zwischen uns wieder anzukurbeln und werfe einen Blick Richtung Herd, auf dem eine Pfanne steht.

„Eine Hähnchen-Gemüse Pfanne in Sahnesauce", erzählt Will mir und steuert auf den Schrank mit den Tellern zu. „Lass, ich mach das", sage ich und schiebe ihn sachte beiseite, um den Schrank zu öffnen. Damit ich an seine Teller rankomme, muss ich mich auf Zehenspitzen stellen. Als ich mich mit zwei Tellern in der Hand zu Will drehe, sieht dieser mich schmunzelnd an. „Was?", frage ich mit erhobenen Augenbrauen.

„Nichts", antwortet Will und bemüht sich einen ernsten Gesichtsausdruck aufzusetzen, was ihm jedoch mehr schlecht als recht gelingt. „Ich hole uns das Besteck, wenn ich darf?", möchte er nun wissen und deutet auf die Schublade, in der sich das Besteck befindet. Für einen Moment sehe ich ihn perplex an, ehe ich die Augen leicht verdrehe. „Nicht, dass ich mich überanstrenge", witzelt er. Empört boxe ich ihm gegen die Schulter. Gespielt verletzt fasst Will sich an die Stelle, die ich mit der Faust getroffen habe. „So gehst du also mit verwundeten Männern um?", möchte er wissen.

„Ha-ha", mache ich und drücke ihm die Teller in die Hand. Daraufhin ziehe ich die Schublade auf und hole zwei Gabeln heraus, die ich oben drauf lege. Grinsend sieht Will mich an und bringt das Geschirr zu seinem runden Glasesstisch. Ich folge ihm mit einem Untersetzer und der Pfanne, die ich in die Mitte des Tisches stelle.

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