Kapitel 3

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Ich war gerade auf dem Weg von der Schule nach Hause. Als ich schließlich vor meinem Heim stand, atmete ich einmal tief durch, bevor ich das Haus betrat. Alles war still. Zu still, für normale Verhältnisse. Normalerweise lief unser Fernseher oder das Radio leise im Hintergrund. Also schaute ich mich um. Als ich die meisten Räume durchgeschaut hatte und in die Wohnstube kam, stockte mir der Atem. Meine Mutter lag da, tot. Sie wurde erschossen. Eine große Blutlache war unter ihrem Kopf. Der Anblick war mehr als nur scheußlich. Mein Vater stand daneben mit einer Pistole in seiner linken und einem Messer in seiner rechten Hand. Eine leere Whiskey Flasche lag umgekippt auf dem Boden. Mein Vater bemerkte mich und sah mich mit verrückten hasserfüllten Augen an. Auf einmal stürzte er sich, wie ein wildes Tier, auf mich, nagelte mich am Boden fest und drückte mein Gesicht auf den Boden. Er nahm das Messer und fing an, meine rechte Gesichtshälfte mit Schnitten zu verstümmeln. Er holte mit dem Messer mein Auge heraus. Ich schrie wie am Spieß.

Ich wachte auf, schweißgebadet und schreiend. Als ich zu mir kam setze ich mich auf und schaltete mein kleine Lampe an. Wie ich diese Alpträume hasste. Als ich auf mein Handy schaute staunte ich, ich hätte es auf ca 04:30 Uhr geschätzt aber es war bereits 06:16 Uhr. Also stand ich seufzend auf. Ich musste den Fleck, den mir Phil gestern zugefügt hatte, jetzt wohl oder übel überschminken und somit auch in den Spiegel schauen. Als ich auf stand und nach meinen Pulli griff, fiel mein Blick auf meine Arme. Neben den zahlreichen Narben und vielen frischen Schnitte, die ich mir zugefügt hatte sah ich wieder diese Zeichen. Kreise mit hindruchgehenden Kreuzen, als ich mich umsah, fand ich auch schon einen offen liegenden Marker auf dem Boden liegen. Ich hob ihn auf, sah aus dem Fenster in den Schwarzwald und dann zu meiner Zimmertür. Ich überprüfte sie: ja, sie war abgeschlossen wie jede Nacht. Also konnte Phil es schon einmal nicht gewesen sein, obwohl mein Cousin so etwas Seltsames wohl eher nicht tun würde.

Ich seufzte und zog mir den Pulli an. Im Endeffekt würde das sowieso ja niemand sehen und hinterfragen können, wenn ich ihn trug. Also ließ ich sie einfach dort wo sie waren. Ich griff meinen Concealer und ging zu dem einzigen Spiegel in meinem Zimmer, den ich auch erstmal aus der Schublade meines Schreibtisches holen musste. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich ihn mir anschließend vors Gesicht hielt. Die Stelle an der Phil mich geschlagen hatte, war angeschwollen und rot. Ich fasste leicht an die Stelle aber zog meine Hand gleich wieder weg, da es wirklich weh tat. Dann gleitete mein Blick auf meine rechte Gesichtshälfte und ich schauderte. Meine leere Augenhöle starrte einfach nur ins nichts, und die tiefen Narben die mir mein Vater zugefügt hatte waren auch nur schwer zu übersehen. Mein Blick verharrte für wenige Augenblicke auf den Narben, bevor mir wieder klar wurde, warum ich überhaupt hier saß. Ich nahm meinen Concealer und tupfte leicht auf die geschwollene Wange bis ich der Meinung war, dass man den Fleck nicht mehr sah.

Als ich fast fertig mit dem Frühstück war, hörte ich meinen Cousin bereits runter kommen. "So zeitig schon?" murmelte ich kaum hörbar in mein Brötchen herein, als ich auf die Uhr schaute. Es war erst 6.47 Uhr, was sehr zeitig für Phil war. Mein Körper spannte sich an, in der Annahme das ich gleich einen Schlag gegen den Hinterkopf kassieren würde, als ich ihn nur ein paar Schritte hinter mir hörte. Er lief einfach an mir vorbei, holte sich alles für sein Frühstück und setzte sich mir gegenüber an den Esstisch und fing an, sein Müsli zu essen. Mir war das alles nicht geheuer, also aß ich schnell auf und machte mich auf den Weg zur Schule. Mein Cousin beobachtete mich stumm. Bevor ich das Haus verließ trafen sich unsere Blicke noch einmal, er sah mir nur unbeeindruckt nach.

Mein Körper entspannte sich, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. Was war das gerade? Warum war er schon so zeitig wach? Und warum hatte er mich nicht geschlagen oder mich wenigstens gedemütigt, so wie er es immer tat wenn wir aufeinander trafen? Während ich meinen Schulweg ging, machte ich mir über sein merkwürdiges Verhalten Gedanken, bis ich auf einmal das Gefühl bekam falsch am Platz zu sein. "Huh?" Ich schaute mich verwundert um. Warum war ich im Wald? War ich wirklich so in Gedanken gewesen, dass ich nicht einmal bermerkt hatte, wie falsch die Richtung war in die ich gegangen war? Ich schaute mich um und erstarrte fast Augenblicklich, nur ca. 100- 150 Meter von mir entfernt sah ich jemanden- oder etwas? Es sah aus wie ein Mann. Er war für einen normalen Mann aber viel zu groß und seine Arme viel zu lang. Die Sonne war noch am Aufgehen, deswegen konnte ich sein Gesicht nicht wirklich erkennen. Er starrte mich direkt an, mir lief es eiskalt den Rücken hinunter und dennoch: irgendwie hatte ich das Bedürfnis, zu ihm zu laufen. Es war wie eine Trance, der ich zu entweichen versuchte. Wir beide standen nur unbeweglich da. Es war so still, kein einziger Vogel zwitscherte und sonst hörte man auch kaum Waldgeräusche. Nur den Wind, der leicht an den Ästen zupfte. Nach ein paar Augenblicken, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten nahm ich endlich meinen Mut zusammen. Ich sah mich hektisch um, um mich zu orientieren und herauszufinden, in welcher Richtung die Straße war. Ich entdeckte sie schnell und rannte los. Ich sprintete einfach nur noch, bis ich bei meiner Schule angekommen war. Ich war zwar völlig außer Puste aber das war mir egal. Ich ging nur schnell ins Schulhaus, da der Unterricht auch in wenigen Minuten begann. Ich war doch aber schon zeitiger losgegangen. Wie lange hab ich denn bitte im Wald gestanden?!

Wörter: 1025
Das war das 3. Kapitel meiner Story. Ich danke euch wenn ihr sie bis hier hin verfolgt habt und sie auch weiterhin lesen werdet. Liebe geht raus♡

The Story Of Chris The ChaserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt