Kapitel 5 - Die Diebin, die verzaubert

145 6 0
                                    

Also, nur um das Ganze hier noch einmal zusammenzufassen.

Ich stand in Ronin's Krämerladen, in der Hoffnung, an etwas Geld zu kommen, nachdem ich mich eine Woche – eine verdammte Woche lang! – vor den Ninja in meiner Wohnung versteckt hatte. Wie mein Glück – hust hust – es so wollte, mussten gerade an diesem einen Tag die Ninja auch hier auftauchen. Und um das Chaos zu vervollständigen, hatte ein Teil meiner ererbten Fähigkeiten wieder einmal zugeschlagen, ohne, dass ich etwas tun konnte. Nun standen mir hier fünf Ninja (Nya war anscheinend im Flugschiff geblieben) mit einem Schleier in den Augen gegenüber. Während Ronin sich innerlich den Arsch ablachte. Fantastische Aussichten, nicht wahr? Bin jederzeit bereit, zu tauschen! Also, nur falls einer Bock hat...

Ich sah hin und her zwischen den Ninja. Der Schleier begann langsam, zu verschwinden, die Wirkung jedoch nicht ganz. Ich setzte ein falsches Lächeln auf.

„Mein Name ist Tessandra. Und ihr seid...?"

„Wir sind Ninja!", prahlte Cole, und Kai fügte hinzu;

„Die, die Ninjago beschützen. Mein Name ist Kai, Meister des Feuers."

Ich weiß, Igelfrisur!

„Wir suchen ein Mädchen, ungefähr in unserem Alter. Sie hat etwas aus dem Museum gestohlen, und wir sollen sie finden.", sagte Lloyd, wesentlich ruhiger. Wenigstens er schien also nicht ganz so sehr von dem Ganzen betroffen. Ob das aufgrund seines Vaters war, konnte ich nicht sagen. Immerhin einer!

Jay hielt sich scheinbar zurück – gut so, soweit ich wusste, war er mit Nya zusammen, und ich konnte nun wirklich keinen Zickenkrieg wegen derlei Dingen gebrauchen.

Zu meinem Bedauern jedoch hatte es sogar Zane getroffen, was mich fragen ließ, wie das überhaupt möglich war. Schließlich war er ein Nindroid, wenn auch ein sehr humaner. Wie zu erkennen hatte es dagegen Kai und Cole volle Kanne erwischt.

Klasse... Einfach nur klasse...

Ronin hatte Monate gebraucht, um sich von diesem Bann zu befreien, genau genommen sogar Jahre. Ich konnte nur hoffen, dass es bei den Ninja nicht so lange dauern würde.

Vor allem, da ich genau genommen vor ihnen auf der Flucht bin!

Ich tat so, als wüsste ich nicht, was vor sich ging, als sei ich eine unschuldige Bürgerin Ninjago's. Also, genau das Gegenteil von dem, was ich wirklich war. „Oh, dann wünsche ich euch viel Glück dabei. Ihr findet sie bestimmt!" Anhand ihrer Blicke erkannte ich, dass sie mir glaubten. Kai's, wie auch Cole's Brust schwollen an, und ich konnte mir bereits vorstellen, wie sehr mir diese Bemerkung bei unserer nächsten Begegnung auf die Füße fallen würde. Ihr Ego schien maßlos zu wachsen, zu meinem Leidwesen. Und zu dem von dieser Nya, die ich selbst noch nicht kennengelernt hatte. Ich wollte gar nicht wissen, was ich damit jetzt für sie ausgelöst hatte.

Ich wandte mich Ronin zu. Ich hatte keine Lust, länger als nötig im selben Raum wie die Ninja zu sein. Zudem war ich aufgrund meines Geldes gekommen. „Und? Wie viel kannst du mir für die Sachen geben?"

Ronin nannte mir einen Betrag, und ich verzog mein Gesicht. Das war weniger als erhofft.

„Kannst du nicht noch etwas drauflegen? Immerhin gehöre ich zu deinen besten Kundinnen."

Ohne die Ninja zu beachten, sah er mir einen Moment in meine bittenden Augen, bevor er einknickte.

„Okay, ich leg noch etwas drauf. Aber lass es dir nicht zur Gewohnheit werden."

Ich nickte erleichtert, während er das Geld holen ging. Damit wären meine nächste Miete und mein Einkauf schon einmal sicher. Zumindest für diesen Monat.

„Und? Was machst du hier so?", sprach Kai mich ein weiteres Mal an.

Beim großen Schlangenmeister, beeil dich, Ronin!

„Ein paar Dinge verkaufen. Die Miete steht an, und ich wollte noch etwas Einkaufen.", antwortete ich, angespannt lächelnd. Je schneller ich hier wegkam, desto besser. Ihre Hilfsbereitschaft wurde etwas gruselig.

„Echt? Wenn du magst, können wir dir helfen.", meinte Zane, wohl heftiger vom Schleier betroffen als erwartet. Und hilfsbereit. Wie unheimlich ist das bitte?! Er ist ein Nindroid, und außerdem bin ich ihr verdammtes Ziel!

„Nettes Angebot, aber nein, danke. Ich komm' schon allein zurecht.", wimmelte ich sie ab. „Außerdem sucht ihr doch gerade jemanden, da will ich nicht stören."

Ihre Mission schien vergessen, Schleier sei Dank, oder eher Schande!, und sie beteuerten, dass es absolut kein Problem sei. So langsam fühlte ich mich in die Enge getrieben, weshalb ich dankbar floh, als Ronin mit meinem Geld zurückkam. Höflich natürlich, ich bin ja nicht bescheuert.

„Was ein Mist...", murmelte ich, als ich wieder auf den Straßen Ninjago's war. „Die waren aber auch echt anhänglich."

Dann sah ich mit einem Schauern zurück. Eine Gänsehaut zog sich über meinen Körper, als ich daran dachte, wie knapp das eigentlich gewesen war. Die nächste Zeit würde ich wohl noch vorsichtiger sein müssen.

Meine Einkäufe erledigte ich im Eiltempo, um so schnell wie möglich in die fragliche Sicherheit meiner Wohnung zurückzukehren. Kaum angekommen hetzte ich nach oben und zog die Vorhänge hoch, schloss zweimal ab und atmete tief durch. Das Licht flackerte einmal kurz, ein Zeichen, dass meine Gefühle die Kontrolle übernahmen. Mein Atem bebte, mein Herz pochte wild.

Ruhe... Kontrolle... Es wird alles gut..., betete ich stumm vor mich hin, in meinem Kopf die Worte meines Vaters wiederholend;

Und denk immer daran... Nur du hast es in der Hand, Tessandra... Du, und niemand anders...

Zitternd trug ich die Einkäufe in die Küche, und begann, den Kühlschrank einzuräumen. Es war gerade so viel, wie ich zum Überleben brauchte. Nicht mehr, nicht weniger. Knapp, aber im Rahmen des Möglichen.

Im Glas des Fensters spiegelte sich meine unruhige, wie ein normaler Mensch wirkende Gestalt. Vielleicht konnte man an der Geschmeidigkeit meiner Bewegungen bemerken, dass ich es nicht war, oder an der Tatsache, dass ich nicht exakt wie einer handelte. Stets fluchtbereit war. Unter Strom. Bereit, alles hinter mir zu lassen.

Als meine Ruhe langsam zurückkehrte fiel mir auf, wie ruhig und still es in der Wohnung war. Wie leer. Kühl. Ohne Erinnerungen oder Bedeutung. Und wie so oft legte sich die Einsamkeit über mich. Doch auf der anderen Seite... wollte ich das so.

Enemy's daughter -  A Thief's Heart | NinjagoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt