Erstarrung erfasste die Ninja. Der vorher so belebte Raum war totenstill. Am liebsten würde ich jetzt einfach nur verschwinden. Zurück in meine Wohnung, in der sicherlich noch immer mein Essen auf mich wartete, oder zu Ronin, um Unterschlupf zu suchen. Es wäre angenehmer als das hier.
"Sensei...?", fragte einer von ihnen, ich konnte nicht wirklich ausmachen wer. Wu schien sich kurz zu sammeln, als würde das alles hier ihm seine Nerven kosten - hah, als wenn er welche hätte! -, dann sagte er ruhig:
"Schüler, das hier ist Tessandra. Sie wird von nun an eure Kameradin sein, also behandelt sie mit dem nötigen Respekt."
Weitere Stille, in der er einfach so den Raum verließ. Ist das sein ernst?
Die Ninja sahen sich an, wandten sich mir zu, aber ich zuckte die Schulter. Woher sollte ich wissen, was mit ihrem Sensei falsch ist?
„Du bist also..."
"Tess.", unterbrach ich Zane, der mich schon mit meinem richtigen Namen ansprechen wollte. „Ich heiße Tess."
"Bist du nicht die Frau von dem Krämerladen von Ronin?", fragte der schwarze Ninja, Cole, woraufhin ich wieder nicken musste. Äußerst widerstrebend.
"Also... wohnst du nun bei uns?", flirtete Kai - ich war jetzt schon genervt von ihm.
"Ja."
Zane legte seinen Kopf schief, als würde er die neuen Informationen ebenfalls erst noch verarbeiten müssen. "Was ist mit deiner Wohnung passiert?"
Ich zwang mich zu einer Grimasse. "Plötzliche Mieterhöhung. Hatte nicht mehr genug Geld um sie zu halten."
"Ah."
"Ja. 'Ah'."
Während die Ninja nur weitere Blicke wechselten, wurde mir eins klar; das würde eine lange Zeit werden. Und ich hatte keinen Plan, wie ich das überleben sollte.
Schlussendlich musste ich mir selbst helfen, mein Zimmer zu finden. Das einzige, was mir wirklich gesagt wurde, war, dass ich es mir mit Kai's Schwester teilen würde.
Von den Erzählungen meines Vaters her, sah sie meiner beinahe-Stiefmutter mehr als nur ähnlich, und ich musste zugeben, dass es mich neugierig machte. Andererseits jedoch war ich mir nicht sicher, ob ich der Sache wirklich positiv entgegen sehen konnte. Die Frau, die ich kannte, war verschollen, keiner fand je heraus, was wirklich passiert war. Da mein Vater sie damals nicht hatte aufspüren können wussten wir jedoch, Hoffnung war zwecklos. Sie war tot.
Es hatte mich damals tiefer getroffen, als ich für möglich gehalten hatte. Sie war diejenige gewesen, zu der ich mich bei Problemen hatte wenden können, und wie eine Mutter für mich gewesen. Ich fühlte mich damals schon schuldig, dass ich um sie mehr als um meine leibliche Mutter, die ich nie kennengelernt hatte, getrauert hatte. Tief in meinem Inneren hatte ich die Empfindungen meines Onkels aufgrund dessen gespürt; er hatte es mehr als nur 'nicht gebilligt'.
Mit einem Seufzen öffnete ich also die Tür, die mich mit höchster Wahrscheinlichkeit in mein neues Zimmer bringen würde, und erstarrte, als ich die Person darin sah.
Delara...
Schwarze Haare, zu einem Bob frisiert, und ebenso schwarze Augen, die mich zu durchleuchten schienen. Vater hatte Recht gehabt, genau wie die Mitglieder unserer Crew. Sie sah ihr so ähnlich, dass ich tatsächlich erstarrte. Eine jüngere Version, aber unverkennbar sie.
Die Frau vor mir sah mich mit ähnlicher Überraschung an. Sie trug einen hellblauen Schlafanzug (Ich glaubte immer noch nicht, dass das Ninjaanzüge sein sollten!), der mir ihr Element anzeigte. Ihre Gesichtszüge glichen denen von Kai bestenfalls im Ansatz, obwohl man nicht leugnen konnte, dass sie wenigstens im Ansatz verwandt wirkten.
Ihre Haltung war selbstbewusst, und hätte ich nicht gewusst, dass sie unter keinen Umständen (außer vielleicht unter einem Bann) Delara sein konnte, hätte ich ihr ohne Probleme abgenommen, es doch zu sein. Die Parallelen waren einfach zu groß. Plötzlich hatte ich Angst. Angst vor der Frau, die der Freundin meines Vaters so ähnlich war. Sie war bereits einmal Delara gewesen. Jetzt blieb höchstens der Schatten...
Ich blieb in der Starre gefangen, und auch mein Gegenüber, die in meinem Alter sein sollte, starrte mich an, als hätte sie jemanden wie mich noch nie gesehen. Es dauerte, bis die Stille durchbrochen wurde. Sie war die erste von uns, die sich fing.
"Uhm, du bist eine neue Kameradin? Hi, ich bin Nya.", stellte sie sich vor, und ich nickte nur. Ihre Erscheinung weckte Erinnerungen, die ich längst verloren geglaubt hatte. In diesem Augenblick verstand ich meinen Vater mehr als jemals zuvor.
"Ja... Ja, das bin ich.", sagte ich schließlich, und ließ meine Arme unbeholfen hängen. Es geschah selten, dass jemand es schaffte, mich sprachlos zu machen. Ich schämte mich beinahe, dass sie es innerhalb weniger Sekunden schon geschafft hatte. "Ich- Ich bin Tess. Wu hat mich... aufgenommen, nachdem mir plötzlich die Miete erhöht wurde. Ich... soll mit euch trainieren..."
"Ah, ich hab's schon gehört. Die Jungs sind ja nicht gerade leise. Aber da wirst du dich schon noch dran gewöhnen, da bin ich mir sicher."
Wieder nickte ich, und sah mich einmal um. Der Raum war anders, als ich erwartet hatte, aber nicht im negativen Sinne. Er war nicht das, was ich gewöhnt war, doch das würde schon noch kommen. Ein Bett für jede von uns, an ihrer und meiner Seite des Zimmers ein Nachttisch. Sogar eine Kommode fand ihren Platz.
"Ich weiß, es ist nicht viel, aber ich arbeite bereits an einigen Verbesserungen. Falls du etwas verändern möchtest sag mir einfach Bescheid."
"Oh, das... ist gar nicht nötig, danke. Das geht schon.", sagte ich gezwungen, und versuchte mich an einem Lächeln. Unnötig zu sagen, dass ich scheiterte. "Habt ihr hier irgendwo eine Dusche, die ich nutzen kann?"
"Ja, klar. Ist ein Gemeinschaftsbad, aber da gewöhnt man sich dran, wie bei den Jungs. Ich zeig's dir.", antwortete Nya. Mein Gesicht verrutschte bei dem Wort 'Gemeinschaftsbad' ein wenig, aber ich sagte nichts. Stattdessen folgte ich Nya, die mir gleichzeitig die Handtücher und persönlichen Schränke zeigte. Ich dankte ihr, auch, da ich mir für heute ihr Shampoo und Duschgel leihen konnte. "Der Waschdienst wechselt immer Mal wieder, sollte deine Kleidung also auf besondere Weise gewaschen werden müssen, sag am besten Bescheid."
"Okay. Danke.", meinte ich leise, doch sie wank ab.
"Ach, kein Problem. Ich bin nur froh, nicht mehr die einzige Frau hier zu sein."
Ich brachte ein Lächeln zustande. Sie zwinkerte.
"Das mit der Wäsche meinte ich allerdings ernst. Lloyd hat es tatsächlich einmal geschafft, Zane's Ninjaanzug pink zu färben, weil er ihn mit Kai's gemeinsam gewaschen hat. Auf Wu's Anweisung, aber immer noch planlos."
Für einen Moment blinzelte ich perplex, bevor ich lachen musste. Die Vorstellung von dem Nindroiden in einem pinken Anzug war einfach zu komisch.
"Danke, Nya. Ich werde es im Kopf behalten."
DU LIEST GERADE
Enemy's daughter - A Thief's Heart | Ninjago
FanfictionNinjago Ff. "Also, nur um das Ganze hier noch einmal zusammenzufassen. Ich stand in Ronin's Krämerladen, in der Hoffnung, an etwas Geld zu kommen, nachdem ich mich eine Woche - eine verdammte Woche lang! - vor den Ninja in meiner Wohnung versteckt...