10 - Zehn Minuten und eine wichtige Erkenntnis

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Was soll ich jetzt mit Reana besprechen? Wie wir die besten Freunde werden und den Strand Hand in Hand mit Bananenblattröckchen entlang tanzen oder wie stellen die beiden sich das vor?Reana sieht mich genauso ratlos an wie ich sie, entscheidet sic...

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Was soll ich jetzt mit Reana besprechen? Wie wir die besten Freunde werden und den Strand Hand in Hand mit Bananenblattröckchen entlang tanzen oder wie stellen die beiden sich das vor?
Reana sieht mich genauso ratlos an wie ich sie, entscheidet sich jedoch, einen Anfang zu machen.

"Das ist jetzt richtig strano, wenn du's nicht warst, aber bist du gestern hinter mir her gelaufen? Ich meine, dich erkannt zu haben, als ich dann ins Café gegangen bin."
Ups. Ich war doch nicht so unauffällig, als ich weitergegangen bin.

Ich räuspere mich.
"Eventuell hast du da recht." Es ist mir unangenehm, dass sie mich erkannt hat. Ich hatte gehofft, doch unauffällig zu sein.

"Warum hast du das gemacht?" Reana klingt nicht anklagend, nur neugierig. Wann in den letzten dreißig Sekunden hat sie sich zum Positiven verändert?
Muss ich ihre Frage beantworten? Das ist schon unangenehm.
"Ich habe gehofft, dass ich anhand deines Weges einen Grund finde, warum du mit diesen Textchen im Jahrgangs-Slam-Book angefangen hast."
"Ahja, okay." Reana wirkt etwas verwirrt, das kann ich mir aber auch einbilden.
"Mehr hast du nicht zu sagen?" Jetzt bin ich auch verwirrt.
"Eine Frage habe ich schon: Welche Textchen?" Entweder sie ist die geborene Schauspielerin oder ihre Unwissenheit ist tatsächlich echt. Aber warum hat sie dann vorher so gefasst geantwortet?

"Na die in dem kleinen, braunen Buch, das mal hinter der Heizung versteckt war?"
"Also ich weiß schon, welches Slam-Book du meinst, aber nicht welche Texte. Ich habe da nie was reingeschrieben."
Das ist nicht ihr Ernst! Und warum waren sie mit - P. unterzeichnet? P. entweder für den Spitznamen, den ich ihr gegeben habe, pupetta oder für ihren Nachnamen Pappalardo.
Ich spreche meine Gedanken aus und ernte noch verwirrtere Blicke von ihr.

"Ich weiß echt nichts davon, Adrin."
Reana's blaue Augen strahlen pure Ehrlichkeit aus. Diesen Ausdruck habe ich tatsächlich noch nie bei ihr gesehen. Er lässt ihre Augen heller wirken, weniger kalt. Trotz der hinzugekommenen Helligkeit strahlen sie nun etwas Warmes aus, das mich ihr glauben lässt.

"Hm, okay. Komisch, aber mal 'ne andere Frage. Was denkst du, warum sind wir hier?"
"Ich weiß nicht, vielleicht, um uns nicht halb umzubringen, wie Ambra es so schön gesagt hat?" Ihre Stimme ist wieder ein bisschen lauter geworden, nachdem sie sie bisher gesenkt hielt.
Vor der Tür ertönt ein schlecht unterdrücktes Lachen. Valentin. Sie stehen also vor der Tür und belauschen uns.
"Möglich. Aber ich habe so das Gefühl, dass der Spaß hier einen anderen Hintergrund hat, weil uns nicht halb umbringen könnten wir auch sonst wo."
"Vielleicht ist es aber auch der Wunsch, hier rauszukommen, den sie ausnutzen wollen."
Offenbar hat auch Reana gemerkt, dass Val und Ambra noch vor der Tür stehen, denn sie hat ihre Stimme wieder in Richtung Flüsterton bewegt.
"Da könntest du recht haben."
"Un momento, das muss ich verarbeiten. Hast du mir gerade recht gegeben? Ich glaub's nicht! Ambra, hast du das gehört? Dein fratello hat mir recht gegeben!" Reana ist total aus dem Häuschen und kreischt beinahe durch die Tür. Dass die Fenster noch nicht zersplittert auf dem Boden liegen, wundert mich.
"JA! Das hörst du auch dein Leben lang, fratello!", kommt es durch die Tür mindestens genauso schrill zurück.
Habe ich mich getäuscht oder haben die Fensterscheiben gerade gezittert? Wenn die beiden nochmal so kreischen, zerspringen sie vielleicht wirklich und ich kann auf diesem Weg aus dem Raum raus!

Im Hintergrund höre ich Val bloß lachen. Er findet die Freude der beiden offenbar sehr amüsant.
"Jetzt sprecht aber mal weiter, wir haben auch nicht ewig Zeit! Also, hopp hopp." Ich kann Ambra's Grinsen förmlich vor mir sehen.

"Okay, also, mir ist noch was eingefallen", flüstere ich Reana zu, "Ambra, meine Mamma und deine auch wollen, dass wir irgendwann mal heiraten, vielleicht ist das der erste Schritt ihres Masterplans."
Reana's Augen werden groß.
"Nicht dein Ernst, oder?"
"Leider doch, ich habe sie am Freitag drüber sprechen hören, du weißt schon, beim Abendessen."
"Oh mein Gott, das ist nicht ihr Ernst", haucht Reana entsetzt und entfernt sich einen Schritt von mir, "Wenn das wirklich ihre Intention ist, warum macht Valentin dann mit?"

Da hat sie eine verdammt gute Frage gestellt, deren Antwort ich nur vermuten kann.
"Mir fallen zwei Möglichkeiten ein. Entweder meine Schwester erpresst ihn, oder er hat mich die ganze Zeit angelogen und unterstützt das eigentlich."
"Dann bin ich für Ersteres. In einer Freundschaft sollte man ehrlich zueinander sein", erwidert Reana.
"Tja, da scheiden sich unsere Meinungen schon wieder. Ich tippe auf die Lüge. Er faselt in letzter Zeit nämlich immer mal was von wegen, das ich eine Freundin bräuchte oder so."
Wenn überhaupt möglich, werden Reana's Augen noch ein Stück größer.

"Noch ein bisschen größere Augen und du wirst den Spitznamen pupetta nicht mehr los. Deine Augen gehen gefühlt bis an den Haaransatz." Ich bringe diesen Satz so trocken, dass sie ihn mir tatsächlich glaubt.
"Spaß beiseite, den Namen behältst du so oder so."
Reana schnaubt. Und da ist sie wieder, die Reana, die ich kenne. Ein bisschen zickig, ein bisschen nett und ein bisschen beleidigt.

"Ach ja, bevor ich's vergesse, eine Frage habe ich noch: Warum hast du dann das Buch auf dem alten Spielplatz versteckt?" Diese Frage lag mir schon seit dem Themenwechsel auf der Zunge und jetzt habe ich eine Gelegenheit gefunden, sie loszuwerden.
"Ach, das war dieses sagenumwobene Slam-Book? Das sollte ich dort hinbringen. Oh und dann warst du auch der Typ auf der Schaukel, der mit der Kapuze. Man, war das lugubre, ach man, ich mein' unheimlich."
War ich wirklich so unheimlich wie ich da auf der Schaukel saß?

"Na dann, ich will rausfinden, wer mir geschrieben hat. Hilfst du mir?" Ich mache Reana das Angebot in einem unüberlegten Moment und beiße mir gleich darauf auf die Zunge, wünsche mir, ich hatte den Satz nicht ausgesprochen.
Doch Reana nickt und ruft dann durch die Tür "Ihr könnt uns rauslassen, alles geklärt!"

Ich höre Val, der etwas zu Ambra sagt, sie antwortet.
"Du hast recht, das ging schnell."

Das Schloss klickt und die Tür öffnet sich, meine Schwester und mein bester Freund stehen im Rahmen.
"Respekt, ihr habt nur zehn Minuten gebraucht, wir haben mit länger gerechnet." Natürlich muss Val alles mit einem schiefen Grinsen, bei dem man seine weißen Zähne sieht, kommentieren.
Reana und ich zucken bloß mit den Schultern und verlassen den Raum.

"Ach ja, pupetta, von wem hattest du das Buch denn?" Diese letzte Frage hätte ich beinahe vergessen.
Reana neigt den Kopf zur Seite, antwortet mit einem simplen "Von ihm." und geht.

Was zur Hölle hat Valentin denn jetzt schon wieder mit dem Buch zu tun?

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