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Er öffnete ein Portal.

Er ging hindurch.

Er kam an seinem Ziel an.

Er ging auf die Knie, Kopf ehrfürchtig geneigt, und wartete, was passierte.

»Dottore«, die Stimme hallte von den eisigen Wänden wider. »Du bist gekommen.«

Er sagte nichts. >Sprich nicht, außer du wurdest etwas gefragt. < Die Harbingers hatten klare Regeln.

»Was kannst du berichten?«

>Sofortige Antwort muss folgen, wenn du etwas gefragt wurdest. <

Sie hatte ihn etwas gefragt. Er musste ihr antworten. Jetzt.

»Der Balladeer hat behauptet, er wäre ein neuer Rekrut. Dorothe und Girasnitz glaubten dem Balladeer nicht. Sie entfernten ihn von den anderen Rekruten. Sie folterten ihn. Er hatte ihnen nichts verraten. Sie wissen nur, dass er ein wandernder Samurai war.« Er hatte seinen Kopf immer noch geneigt, seine Stimme war in Ehrfurcht gesenkt.

»Wie steht es um ihre Beziehung?« Die eisige Frau vor ihm betrachtete ihn mit einem abwiegenden Blick.

»Ich habe es noch nicht geschafft.«

Ein Splitter messerscharfen Eises flog Millimeter an seinem Gesicht vorbei. Er zuckte nicht im Geringsten zusammen.

»Der Balladeer hat ihn eingesperrt. Er behauptet, es wäre zu seinem Schutz. Es ist gut, dass der Balladeer ihn nicht gehen lässt. Er weiß zu viel.« Er hielt inne. »Sie haben sich geküsst.«

»Was?« Die Frau war erbost. »Du hast klare Anweisungen bekommen. Bringe sie auseinander. Er weiß zu viel.« Die Frau überlegte. »Es gibt jedoch eine andere Möglichkeit. Hätte er denselben Rang, oder höher, wie der Balladeer, wäre nichts einzuwenden. Hat er aber nicht.« Ihre Stimme wurde lauter. »Es geht nicht. Er wird uns verraten! Kümmere dich darum!«

Der Blick der Tsaritsa war eisig.

Dottore neigte seinen Kopf ein letztes Mal und verschwand erneut in einem Portal.

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Wusch, wusch. Das gleichmäßige Rauschen der Wellen wirkte beruhigend, ja fast schon hypnotisierend.

Möglichst unauffällig sah Scaramouche sich um. Kazuha durfte nichts bekommen.

Er wusste von dem Auftrag der Meisterin, den sie Dottore erteilt hatte.

Er wusste davon, seit Dottore sie in dem Raum vor einer Woche beobachtet hatte.

Er hatte sie zu einem Strand gebracht, weit weg von Sneznayah.

Der Platz war perfekt. Eine weite Fläche, ohne jeglicher Hindernisse, das nächste Dorf Meilen entfernt.

Scaramouche hatte einen Plan. Er musste Kazuha dafür vorbereiten, jedoch ohne ihn wissen zu lassen für was. Scaramouche war klar, dass sie früher oder später gegen mindestens einen Harbinger kämpfen mussten.

Er erzählte Kazuha, er müsse seine Schwerttechnik und das Benutzen des göttlichen Auges perfektionieren.

Kazuha durfte nur den Grund nicht erfahren. Noch nicht.

»Also, wie geht's jetzt weiter?«, Kazuha war ein Stück entfernt, er hatte sich wohl auch umgeschaut, und rief ihm zu.

»Aufwärmen. Siehst du die Insel dort drüben? Einmal hin und zurück.« Scaramouche war zu ihm gelaufen und setzte seinen Hut ab. Seine Schuhe folgten kurz danach und nach kurzem Überlegen zog er auch sein Oberteil über den Kopf.

Er erwischte Kazuha dabei, wie er ihn anstarrte und grinste innerlich. »Planst du mit Klamotten zu schwimmen oder was ist.« Er trat einen Schritt auf ihn zu und beugte sich hinunter. »Oder brauchst du meine Hilfe«, fügte er mit einem hämischen Grinsen hinzu.

Ein Todesblick von Kazuha. Jedoch begann er sich an den Knöpfen seines Kimonos zu schaffen zu machen.

Beide, nun nur noch in ihren Hosen, begannen los zu schwimmen, Scaramouche klar in Führung. Er befahl, keine Pause auf der Insel zu machen, sondern direkt wieder zurück zu schwimmen. Kazuha schnitt eine Grimasse. >Du musst deine Ausdauer trainieren<, dachte er.

Ohne Vorwarnung warf Scaramouche sich auf Kazuha, als dieser ankam und drückte ihn mit einem Stock zu Boden. >Wo hatte er den so plötzlich her?!<

»Zu langsam«, Scaramouches Blick war eisern.

»Ich hatte nichtmal eine Pause!«, Kazuha schnaufte.

»In einem Kampf hast du auch keine Pausen«, Scaramouche kniff die Augen zusammen.

»Nochmal«, sagte er dann und warf Kazuha einen weiteren Stock zu. Ohne ihm Zeit zum Überlegen zu geben, hatte Scaramouche wieder angegriffen, Kazuha war wieder bewegungsunfähig zu Boden gedrückt.

Scaramouche sagte nichts, stand einfach auf und half Kazuha hoch. Diesem, nun ansatzweise vorbereitet, gelang es Scaramouches nächste Attacke abzuwehren, endete am Ende jedoch doch wieder unter Scaramouche.

»Gut, die Technik hast du begriffen. Wir üben das jetzt noch ein paar Mal und dann wird das jeden Tag zum Aufwärmen wiederholt.«

Jeden Tag? Kazuha wollte jetzt schon nicht mehr.

»Jetzt müssen wir uns um deine Kraft kümmern. Du magst ein edler Samurai sein, jedoch fehlt es dir viel an physischer Kraft. Ich kann dir hierbei schlecht helfen, du musst lediglich regelmäßig Kraftübungen machen. Füg dies zu deinem Aufwärmtraining hinzu.«

Oh nein.

»Bevor wir uns der Benutzung deines göttlichen Auges widmen, beginnen wir mit dem Perfektionieren deiner Schwerttechnik. Du benutzt einen Einhänder, ist das richtig?«

Kazuha nickte.

»Ich selbst benutzte einen Katalyst, das heißt ich bin schwächer in der Defensiven. Du jedoch kannst mit einem Schwert die meisten Angriffe abblocken.« Scaramouche ließ seinen Stock fallen. »Ich möchte, dass du mich angreifst. So kann ich sehen auf welchem Stand du bist.«

Kazuha kniff die Augen zusammen. »Hast du nicht gerade gesagt, dass du schwächer in der Defensiven bist?«

Scaramouche lachte leise auf und trat einen Schritt auf Kazuha zu. Er nahm sein Kinn in die Hand und beugte sich zu seinem Ohr hinunter. »Nun mach dir mal keine Sorgen um mich«, wisperte er dann.

Kazuha wurde leicht rot.

Scaramouche trat wieder einen Schritt zurück. »Ich warte«, sagte er dann herausfordern.

Kazuha riss sich zusammen und umgriff den Stock fester. Er stürmte auf Scaramouche zu und begann seine typische Schwerttechnik. Schnell, elegant, tödlich.

Scaramouche wich jeder einzelnen Attacke aus. Und er war schlecht in der Defensiven?

Dann, dann endlich. Ein Treffer.

Er stoppte nicht, er wollte gleich wieder angreifen, doch Scaramouche hob seine Hand und hielt den Stock fest.

»Sehr schön. Du hast mich getroffen. Es liegt jedoch noch ein weiter Weg vor dir. Du kannst noch viel aus deiner Technik herausholen.« Scaramouche überlegte. »Ich denke das war genug für heute. Wir wiederholen morgen, was wir gemacht haben. Außerdem werden wir dein göttliches Auge einsetzen.«

Kazuha nickte und mit diesen Worten nahm Scaramouche Kazuhas Hand und teleportierte sie zurück in das eiskalte Sneznayah. 

Der 9. DienerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt