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Er fand sie, als es dämmerte, die schönen Glieder vergraben im Wildblumengras neben dem alten Weiher, den Blick gen Himmel gerichtet - hinauf zur dunklen Unendlichkeit, die von Sternen geflutet war. Eigentlich scheute er die Nacht, wenn die Sonne bereits im Horizont ertrunken, das Licht und alle Farbe im Boden einsickert waren, als ob die Welt sie gierig auftrank.

Manchmal war es ihm dann, als ob seine Gedanken anschwollen, als ob sie seiner Kehle entfliehen und in die Dunkelheit hinaus fliegen wollten, die nur noch eine schwarze Glocke war. Denn manchmal waren laute Worte im Schatten der Finsternis leichter als während des Scheins der Sonne. Im Anblick der Nichtigkeit fiel die Angst unseres stillen Poetens manchmal ab.

Zaghaft ging er auf ihre zierliche Gestalt zu. Sie lächelte, als sie ihn bemerkte, die hübschen Augen gefüllt von Überraschung und Freude, die kleinen Sommersprossen auf ihren Wangen langgezogen. Sie waren golden im Licht der Sterne. Golden, wie kreisende Gedanken. Golden, wie neue Mythen. Und wie er sie so ansah, in ihrer wahren Schönheit, wurde ihm erneut bewusst, wie sehr er sich wünschte, sie in seinen Armen zu halten. Diese Sehnsucht war mit der wachsenden Einsamkeit der Nacht aufgeblüht.

Ein Schritt nur, dachte er. Ein paar geordnete Worte, zart und von Herzen, wie die Marginalien, die ihre zerfleddetten Notizbücher zierten. Er wollte die Wildblumen pflücken, die die Wiese füllten, wie die Sterne den Himmel, und an ihren Körper pflanzen, schwere Blütenköpfe zwischen ihre Nacken und ihre Schultern, schwere Blütemköpfe an jeden gezackten Wirbel ihres Rückens.

Gedankenverloren fuhr er die Haut an ihren Händen nach, auf der jeden Tag neue dieser goldenen Sommersprossen heranwuchsen, um sich auf ihr zu verteilen, wie die Sterne am Himmel, wie die Wildblumen auf der Wiese. All das tat er schweigend, während sein Innerstes sich um weiche, sanfte, wohlklingende Worte ringend wand.

Wie legte man Empfindungen dar? Wie ließ man solch grobe Gefühle seine Zunge ohne Gefahr passieren? Wie presste man die Zähne weit genug auseinander, um solch großen Sätze, Platz zum Herausquellen zu gewähren?

Er wusste es nicht. Er hatte Angst, denn er war ein Denker, kein Redner. Seine Worte fühlten sich nur in seinem Kopf wohl, geschützt vor fremden Seelen.

In seiner wiederkehrenden, wachsenden Angst, die hitzend in ihm aufwallte, nahm er ihr Gesicht in seine Hände, das im Mondschein silbrig war und klar, wie das Weiherwasser. Sie sah ihn an, mit einem Blick so warm, dass er die Nacht erleuchtete, wie neues Sonnenlicht und ihm war, als sei sie ein Komet, der klammheimlich sein Innerstes aufriss.

Er spitzte die Lippen und er verengte die Kehle, die ihm schwer geworden war, von der Macht der Worte, die ihm fehlten und doch allein ihr gehörten. Er suchte sie seiner Kehle zu entwenden, doch in seiner Angst und seinem Zwang vergaß er, was er war: Denker nur, kein Redner.

Und die Worte blieben stecken, wie verrostete Schlüssel in ihren Schlössern, konnten ihm diese eine Tür nicht selbst öffnen. Sie verweilten in den Wölbungen seiner Kehle, dem Schatten seines Herzens und innigsten Begehrens. Seine Traumfäden begannen sich zu lösen, wie seine Hände sich von ihren weichen Wangen, wie die Wolken vom Abbild des Mondes. Das silberne Licht fiel auf den Weiher und er erinnerte sich wieder daran, wie er vor Jahren in das kalte Nass gefallen war, wie ihn das kalte Wasser geschluckt hatte. Nicht minder elend war ihm nun zumute.

das schicksal des poetenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt