alles was sie will
Ein Schauer durchlief der braunhaarigen Schönheit als mehrere kühle Windböen ihre freien Armen kitzelten — die Erschöpfung steckte tief in den Knochen Amitas, die den Blick von den Computerbildschirmen abwandte, diese auf ihren ziemlich ordentlichen Schreibtisch platziert waren, um zur gegenüberliegenden Seite des Bürozimmers zu schauen. Seit einiger Zeit stand sie nun alleine, veranlagt einen Fall nach dem anderen, baute sich dadurch Überstunden an und hofft, dass sie genug schaffte damit sie die Statistik einhalten und einen Gleittag buchen konnte, den sie unbedingt für nötig hielt, weil ihre Tochter seit längerem träumte einen Zoo oder ein Museum zu besuchen.
Ihre Tochter Elisabeth, die Amita nur Lisbeth nannte, war für ihr Alter schon etwas Besonderes — sie liebte Ausstellungen verschiedener Naturkundemuseen anzuschauen und genoss allgemein Neues zu entdecken. Schon des öfteren führte letztere Eigenschaft der alleinerziehende Mutter zur Panik. Nichtsdestotrotz war sie vernarrt in ihre wilde Kleine, diese momentan bei ihrer Oma war.
Amitas Augen huschten von dem leeren Sitzplatz zum Bilderrahmen, der auf dem Tisch stand. Zu sehen waren Lisbeth und sie selbst, gemeinsam in ihren ersten Urlaub in Griechenland letztes Jahr — Geschichte verband das Mutter-Tochter-Duo sehr, weshalb die Entscheidung schnell auf Athen fiel. Zehn wunderschöne Tage verbrachten sie zum Beginn des Sommers dort, schwammen, sahen sich Sehenswürdigkeiten an und aßen Eis in rauen Mengen. Ein guter Freund und der Vater ihrer Tochter hatte das Bild einrahmen lassen und es ihr zum Zeitpunkt des Urlaubaufenthalts dort hingestellt.
Den Stuhl auf den sie den gesamten Morgen gesessen hatte, war längst in eine Ecke des Bürozimmers geschoben, da das ganze sitzen mit der Zeit unbequem wurde. Dass Amita jemals einen Bürojob ausübte, war bis zur neunten Klasse der Realschule ihr selbst unbekannt, aber im Nachgang bereute sie es nicht eine Ausbildung gemacht zu haben anstatt Abitur — drei Jahre weiter auf der Schulbank zu drücken ohne einen Plan zu haben was ein angebrachtes Studium für danach sei schien ihr unlogisch. Zu dem war das Bedürfnis Geld zu verdienen damals wichtiger.
Mit vier Handgriffen verpackte sie Belege in einen Briefumschlag, legte diesen in ihre Ablage, die mit Postausgang beschriftet war, und schloss einen weiteren Fall ab. Kaum startete sie mit einem anderen klingelte ihr Telefon. Genervt verzog sie das Gesicht — manche Steuerpflichtige schienen nicht zu verstehen, dass man erst bei der allgemeinen Telefonleitung des Finanzamtes anrief.
„Finanzamt Hamburg-Altona, Michajlow guten Abend”, presste sie halbwegs freundlich aus. Kundenservice ätzende, aber war dennoch wichtig. Immerhin sollten öffentliche Ämter stets gut umgänglich für die Allgemeinheit sein.
„Mama”, Lisbeth zog die Begrüßung in die Länge, „ich habe mich verlaufen.”
Genervt stöhnte die Mutter auf:„ Lisbeth wie oft muss ich dir erzählen, dass wir keine Abenteuer veranstalten? Wie lange hat Oma gebraucht dich zu finden?”
Als Gefragte unverständlich in den Hörer murmelte und sich um eine Antwort zierte, konnte Amita hören, dass im Hintergrund mehrere lautere Männerstimmen zu vernehmen waren. Bevor sie ihre Tochter ausfragen konnte raschelte es.
„Hi wir befinden uns im August-Lütgens Park. Wann holst du deine Tochter ab?”
Dabei die Tasche zu packen und den Computer herunterzufahren, seufzte Amita. „Geben Sie mir fünfzehn Minuten, dann bin ich definitiv vor Ort.”
Sie erwartete keine Reaktion auf ihre Antwort und legte auf, zog sich einen olivgrünen Blazer über und fasste sich an die Stirn. Nichtmal einen Monat hier und ihr Kind veranstaltete solche Aktionen — in dem winzigen Kaff, das einige Stündchen von Hamburg entfernt lag, stellte sowas nicht das größte Problem dar. Im einer Stadt mit seltsamen Gestalten und Fremden? Ganz andere Situationen. Amita konnte von Glück reden, dass der Mann anständig war und ihr Kind betreute, während er bescheid gab wo sie hin musste.
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ALLES WAS SIE WILL, LX [+16]
Fanfiction❝Sie war sein Ausweg und er schenkte ihr alles was sie will❞ Amita Michajlow steht mit beiden Beinen fest im Leben - sie hat aus einer langjährigen Freundschaft ein Kind bekommen, hat einen akzeptablen Job seit dem sechszehnten Lebensjahr und genieß...