ALLES WAS SIE WILL, LX [+16]

09. date night

Nervös ging Amita die Treppenstufen hinab zu ihm. Unten angekommen sah sie ein lila Wagen, der definitiv teurer als ihre Miete im gesamten Jahr war, an dem ihr Date stand. Alex trug eine Jogginghose mit Wolkenmuster drauf, dazu das passende Oberteil und saubere Turnschuhe. Seine Haare waren platt heruntergestylt, die Seiten ordentlich rasiert und das Tattoo am Hals gut erkennbar. Auch das am linken Arm, ein Gesicht eines Mannes, konnte sie ausfindig machen, da er die Ärmel des Sweaters hochgekrempelt hatte — er sah schlichtweg gut aus. Nicht wie ein Gentleman oder ein Spießer, sondern jung und frei.

Beinahe fühle sie sich overdressed, doch seine Augen, die nicht mehr am Bildschirm seines Handys klebten seit sie die Tür geöffnet hatte, beruhigten Amita; ihm gefiel was sie trug. Und scheiße war sie glücklich darüber; er sah sie an als sei sie die schönste Frau — dabei zeigte sie weder Haut noch was Verspieltes.

„Verdammt siehst du geil aus, Kleine”, hauchte der Mann, welcher mit schnellen Schritten auf sie zukam und in die Arme schloss. Das Dior Parfüm, Zigaretten und sein Eigengeruch stiegen ihr in die Nase und sie wollte ihn gar nicht mehr los lassen; er war warm, roch gut und seine Hände verweilen knapp über ihren Hintern. Also im grünen Bereich — obwohl, es hätte ihr nichts ausgemacht, wenn er seine großen Hände dort ablegen würde.

„Dabei bin ich nicht mal deinen Wunsch nachgekommen”, gigste die Brünette, setze dann neugierig nach, „Wo geht's denn hin?”

Alex zuckte nur seine Schultern, ein geheimnisvolles Grinsen im Gesicht. Er wandte ihr seinen Rücken zu, öffnete die Beifahrertür beim vorbeigehen und lief weiter ehe er die Tür des Fahrers öffnete, um selbst einzusteigen. Anstand hatte er alle mal. Zügigen Schrittes folgte sie ihm, ließ sich neben ihn nieder und schenkte ihm ein zufriedenes Lächeln — er sammelte fleißig Punkte bei ihr, was er zu schätzen wusste. Zur Antwort erhielt sie auch eines.

Im Inneren des Wagens roch es genauso wie er selbst, Musik duddelte aus den Lautsprechern — es war Deutschrap, den Interpreten kannte sie nicht. Die Sitze waren im dunklen Leder und fügen sich somit dem teuren Vibe; essen wollte sie hier drin definitiv nicht. Eine Reinigung würde einen guten Teil ihres monatlichen Gehalts einnehmen.

Das Auto setzte sich in Gang, erst langsam bis die Mehrfamilienhäuser Bäumen wichen und das jahrtausend Jahre alte Sternenzelt all seine Geschichten erzählen konnte, wenn man aufmerksamer hinsah, doch diese hatte sie nicht, denn der Mann hinterm Steuer drückte ordentlich aufs Pedal. Angst hatte sie nicht.

„Ich bin ratlos”, meinte Amita ehrlich. Sie waren irgendwo im nirgendwo, kaum ein Haus in Sichtweite geschweige denn ein Restaurant. Mittlerweile war eine Dreiviertelstunde längst vergangen; Ungeduld kribbelte unter ihren Fingerspitzen.

„Entspann dich, gleich sind wir da”, entgegnete Alex, der das Fenster auf seiner Seite hinunterließ und sich eine Kippe anzündete. Er war unglaublich entspannt — entführte er öfters Frauen dorthin? Als hätte er ihre Unruhe wahrgenommen platzierte er seine Rechte auf ihren Oberschenkel und strich mit Druck die Innenseite entlang. Jetzt wünschte sie sich anstatt der Hose einen Rock zu tragen; seine Hand könnte hochwandern und sie berühren. Eintreten sollte es aber nicht.

Weitere zwanzig Minuten später, gefüllt voller Gesprächsstoff rund um die Kindheit beider Erwachsener, hielt Alex vor einem kleinen Lokal an, das an einem Bauernhof grenzte. Nachdem sie ausgestiegen waren, nahm der Rapper wie selbstverständlich ihren Arm, hakte ihn bei seinem unter und führte sie näher an die Szenerie heran. Draußen standen vereinzelt Tische, doch dort saßen nur einige Leute, welche in Pullovern oder Jacken gehüllt an ihren Kippen zogen, während sie untereinander redeten. Ihr viel beim genauen hinsehen auf, dass die meisten durchschnittlich älter waren als der Mann an ihrer Seite und sie selbst, und Lederjacken trugen wie teilweise die Männer im Park, in welchem sie vor einiger Zeit Lisbeth hatte aufgabeln müssen. Hells Angels.