„Nein, Farid ich weiß nicht wie ich das machen soll. Urlaub habe ich mir die nächsten Wochen nicht genommen, weil Maggie und Harb im Wechsel nicht da sind. Wenn dann kommst du rüber”, meinte Amita, die am späten Donnerstag Abend über den Tisch gebeugt arbeitete. Noch immer schien die Sonne und anstatt einen schönen Spaziergang mit anschließenden Stop bei Amir, einem lokalen Schnellimbiss, der himmlisch gute Pide buk, saß sie zu Hause im Homeoffice und ratterte einen Fall nach dem anderen.
Der Mann, Farid, seufzte leise in den Hörer, ergriff dann wieder das Wort: „Dann fahr ich halt zu dir nach Hamburg. Aber ich penn definitiv nicht wieder auf deinem winzigen Sofa, ne?”
Leicht musste Amita über die Erinnerung schmunzeln — es war ein Blick für die Götter gewesen. Farid überragte sie um mindestens einen Kopf und da sie nur ein Zweisitzer besaß, hatte er ordentlich Verspannungen im Nacken und den Schultern sich zugezogen in den paar Tagen, welcher er bei ihr genächtigt hatte.
„Hm”, entwich es ihr, „Du könntest gerne auf dem Bo—”
„Fick dich, man. Der Gast ist König”, stieß er hervor, „Ich könnt' schon wieder wetten, dass du so eines deiner fetten Grinsekatzen Grimasse in der Fresse hast, Ebru.”
„Es heißt der Kunde ist König, aber auch gut”, lachte Amita auf, „Und du bist definitiv kein Gast, sondern—”
„Gott, ich weiß”, führte er fort.
Gespielt gähnte sie: „Dein Ego ist größer als dein Schwanz, man.”
Sacht strich Amita sich eine verlorene Locke hinters linke Ohr, einmal mehr verblüfft wie ihr bester Freund die alte Amita erweckte — früher lag stets ein frecher Spruch auf den vollen Lippen und das Glühen hinter den Lidern erlosch nie. Wild war sie gewesen mit ihm an der Seite; er holte sie aus der verankerten Arroganz heraus und schenkte ihr unverhoffte Seiten, die sie bis zum heutigen Tag niemals ganz ablegte.
Kurz gefasst: Der Proletenrapper war ihr Fels in der Brandung.
Oftmals war seine Musik, sein Lebensstil grenzwertig, doch trotz allem verblieb er relativ bodenständig. Natürlich hatte er protzige Autos, die sie nicht in ihren kühnsten Träumen benennen konnte noch den tatsächlichen Preis wusste und ein großes Haus, eine Villa, daheim in Spanien neben seiner geräumigen Wohnung in Düsseldorf. Bei ihm waren die Grenzen zwischen Privat und Beruf deutlich erkennbar für sie — zeugte daraus, dass sie ihn schon ewig kannte.
Den Rap verdaute die Brünette mehr oder weniger gut; die abwertigen Worte ließen ihren Mund stauben, aber die Message dahinter verleitete einen zum Arbeiten. Was hatte er erlebt? War sie zum Zeitpunkt des Geschehens an seiner Seite gewesen? All die Fragen, die im ihrem Kopf schwirrten, konnte niemand außer er selbst verraten, jedoch schwieg er wie ein Grab darüber. Farid betonte jedes Mal, wenn sie ihn ausquetschen wollte, dass sie ihren Kopf abschalten und es fühlen sollte, so als wäre sie in seiner Situation — nicht bei allen Songs, ganz gewiss nicht, dennoch überlegte Amita beinahe bei allen gerappten Lines über seine Kopf-und Herzlage. Zwar war er ein Mann und das Klischee Männer seien deutlich chilliger, weniger auf Gefühlskram aus stand im Raum, doch das sagte nichts aus. Rein gar nichts. Kein Mensch, in diesem Fall kein Mann schrieb über seine Erfahrungen, über sein Leben und empfand nichts. Quatsch mit Soße.
Das kehlige Lachen am anderen Ende der Leitung brach den Gedankengang.
„Schwärmst du gerade von meinem Prachtstück? Kannst du die Tage live und in Farbe sehen und anfassen”, raunte er und bescherte ihr eine Gänsehaut.
Sie seufzte auf: „Man Farid wenn du's nötig hast, geh in einen Puff, okay?”
Amita stand nicht mehr auf ihn, schon lange nicht mehr, aber sie musste wohl oder übel zugeben, dass er ihr den besten Sex gegeben hatte. Einige Monate lang.
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ALLES WAS SIE WILL, LX [+16]
Fanfiction❝Sie war sein Ausweg und er schenkte ihr alles was sie will❞ Amita Michajlow steht mit beiden Beinen fest im Leben - sie hat aus einer langjährigen Freundschaft ein Kind bekommen, hat einen akzeptablen Job seit dem sechszehnten Lebensjahr und genieß...