Rache ist zuckersüß

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Valeria

Wie siehst du denn aus?!" Ric packt mich unsanft am Arm und zieht mich hinter einen der mit Lichterketten geschmückten Bäume.

„Wenn Papà dich so sieht, dann ist die Hölle los!"

„Sorry Bruderherz, aber leider habe ich wahnsinnige Lust den Ruf seiner Musterfamilie etwas zu beschmutzen." Ich schenke ihm mein provokantestes Lächeln und will mich gerade zum Gehen umdrehen, als er erneut meinen Arm greift und mich dazu bewegt ihm wieder ins Gesicht zu sehen. Seine Augen funkeln und spiegeln seine absolut unberechtigte Wut nur zu gut wieder. Er hat nämlich überhaupt nicht das recht dazu, wütend zu sein, nicht er.

„Seitdem Mà tot ist, nutzt du jede Gelegenheit um ihm eine reinzuwürgen. Das bringt sie aber nicht zurück!"

Ich kann den unbändigen Zorn, der jetzt plötzlich meine Kehle empor steigt, kaum zurück halten.

„ACH JA", schreie ich ihn an. „Und was ist mit dir? Jede Woche spaziert eine andere von deinen Tussen durch unser Haus, du  ballerst dir deine letzten Gehirnzellen mit irgend einem Scheiß weg und veranstaltest mit deinen bekloppten Freunden illegale Autorennen. Denkst du wirklich, das bringt Mamá wieder zurück?"

Er starrt mich schockiert an.

„Heeeeeeey Leute." Eine betrunkene Stimme kommt auf uns zu getorkelt.

Ich verschränke die Arme vor der Brust, als ich sehe wer da kommt.

„Stör ich oder was?" Juan schaut abwechselnd zu mir und dann zu Ric. In der einen Hand hält er eine Flasche Hochprozentiges und in der anderen eine Zigarette. Er sieht total fertig aus, aber sogar das schadet seiner abartigen Schönheit nicht. Sein hellblaues Hemd ist bis zur Mitte aufgeknöpft und gibt den Blick frei auf seinen mehr als männlichen Oberkörper. Ich muss kurz schlucken bei diesem Anblick und könnte mich im nächsten Moment selbst dafür ohrfeigen.

„Gefällt dir was du siehst Val?", sagt er unter gesenkten Lidern.

Der Alkohol ist ihm wohl nicht gut bekommen diesem Vollidioten.

„Ich denke wir sind hier fertig!", sage ich mürrisch. Ich kneife meine Augen zusammen und lasse einen letzten  abwertenden Blick zu meinem Bruder wandern, dann drehe ich mich um und stakse davon.

„He Val, zieh doch mal öfter solche Kleider an. Das sieht echt heiß an dir aus"

„Schnauze", rufe ich ihm zu und zeige ihm beim Vorbeigehen meinen Mittelfinger.

Ich höre nur noch sowas wie „such dir eine andere die du flachlegen kannst" und „das ist meine Schwester du Wixxer."

Bin ich denn hier wirklich nur von Affen umgeben?

**

Das Fest ist in vollem Gange. Alles ist mit Girlanden und Laternen geschmückt und der Vorhof unserer Schule wird von immer mehr Menschen gefüllt.

Ich lasse meine Augen über die Menge gleiten, bis ich endlich Rosa entdecke. Ich bin gerade auf dem Weg zu ihr, als zwei Schatten, die sich hinter dem Vorhang unserer Mensa abzeichnen, meine Aufmerksamkeit auf sich lenken.

Irgendetwas hindert mich daran, einfach weiter zu gehen. Trotz des Stimmenwirrwarrs und der Musik, die vom Vorgarten ausgeht, höre ich, wie sich die beiden einer hitzigen Diskussion hingeben.

„Sie haben gerade erst ihre Mutter verloren Valentina!"

Das ist die Stimme meines Vaters und Valentina ist meine Tante. Mit klopfendem Herzen nähere ich mich der Glastür, die schon einen Spalt weit offen steht. Ich stoße sie ein weiteres Stück auf, um mehr von dem Gespräch mitzubekommen.

„Das ist mir klar Leo, aber das geht so nicht weiter."

Sie legt ihre rechte Hand auf seine Wange.

Mein Atem stockt.

„Ich weiß Schatz, es tut mir leid."

Dieses Miststück.

Ich will gerade die Türe aufstoßen und diese Schlange eigenhändig erwürgen, da greift mich eine starke Hand an der Schulter.

„Mach das nicht."

Es ist Juan. Was ist sein scheiß Problem?

„Bist du seit Neuestem mein Bodyguard?", keife ich ihn an und versuche dabei möglichst leise zu reden, damit die Beiden uns nicht hören können, wobei ich diese kleine Show ja gerade eh crashen wollte.

„Ich muss sagen, ich mag diese kratzige Art an dir. Du bist wie ein kleines, wildgewordenes Kätzchen. Wie sehr mir das auch gefällt, leider muss ich dich vor dieser Dummheit bewahren." Er mustert mich eindringlich und in seinen blauen Augen liegt ein Funkeln, das ich mir nicht näher  erklären kann und auch gar nicht will.

Mit klopfendem Herzen weiche ich ein paar Schritte von ihm, weil wir für mein Befinden viel zu eng aneinander stehen.

„Von was für einer Dummheit redest du verdammt?"

„Da drinnen ist dein Dad, mit der Schwester deiner verstorbenen Mutter und wie es aussieht haben die beiden was am Laufen, aber du zu wenig Informationen außer diesem kurzen Moment gerade, um auf ihn loszugehen."

Ich gebe ein ironisches Lächeln von mir.

„Glaub mir, das was ich gerade gehört und gesehen habe reicht mir völlig."

Er vögelt meine Tante.

Er vögelt die Schwester von Mamà.

Er....ich werde ihn umbringen.

„Du musst schweigend beobachten und dich so verhalten als wäre nichts, wer weiß vielleicht steckt noch mehr dahinter."

„Ist das dein scheiß ernst?"

„Das ist er. Vertraust du mir?"

„Natürlich vertraue ich dir nicht, du bist Juan und mal ganz abgesehen davon, seit wann reden du und ich überhaupt miteinander?" Ich deute mit dem Zeigefinger erst auf ihn und dann auf mich, um noch einmal zu verdeutlichen dass die Konstellation sowas von überhaupt keinen Sinn ergibt.

Er macht einen Schritt nach vorne und mit jedem weiteren den er näher kommt, vernebelt seine Präsenz  gemischt mit seinem Parfüm, das nach Zedernholz und frischer Dusche riecht, immer mehr meinen Verstand.

„Ich denke, wir sind uns ähnlicher als dir lieb ist", raunt er und zieht scharf die Luft ein.

Im. Leben.Nicht.

Mein Herz klopft so laut, dass ich Angst habe er könnte es hören, dann entfernt er sich plötzlich wieder von mir und meint: „Wenn du Rachepläne schmieden willst wegen deinem Vater, dann komm zu mir. Ich werde dir helfen. Zu zweit macht es doch auch viel mehr Spaß oder?"

Auf halbem Weg dreht er sich nochmal um und zwinkert mir verstohlen zu.

Nach wie vor Im.Leben.Nicht.

Bei einer Sache hat er aber vielleicht Recht. Rache schmeckt köstlich, vor allem in diesem Fall.

he saved meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt