Die Reise beginnt

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Aran sammelte sich. Sein Vater hatte ihn früher immer mit dem Spruch "Ändern nicht ärgern!" aufgezogen. Es hatte den Junge höllisch genervt, aber jetzt spürte er die wahre Bedeutung dieser Worte. Er raffte sich zusammen und sagte zu sich selbst:"Komm Aran. Steh auf und hol deine Sachen. Na komm." Shadow trottete hinter ihm her, als Aran auf sein Zimmer ging. Er schlurfte zum Schrank und öffnete ihm mit einem leisen Quitschgeräusch. Da lagen seine Sachen. Wild verstreut. Willkürlich aufeinander geworfen. Aran war kein Mann der Ordnung, das stand fest. Trotz seines brummenden Schädels bückte sich der Kerl und holte Sach für Sache aus dem Schrank auf sein Bett. Als letztes kam ein kleines, hölzernes Kästchen zum Vorschein. Der Junge legte es aufs Bett und versuchte wahrscheinlich zum tausendsten Mal es aufzubekommen. Unmöglich. Er hatte es bei sich gehabt, als er im Elfenwald gefunden wurde. Doch Aran wusste Eins: Man konnte es nur mit Magie öffnen. Fluchend betrachtete er die auf dem Bett liegenden Objekte: 2 Wämser, 2 Hosen, ein paar Socken, ein kleines Jagtmesser, das er zum 8. Geburtstag geschenkt bekommen hatte, ein Wasserschlauch, ein sebst geschnitzer Bogen und das mysteriöse Päckchen. Er packte das meiste ein, doch er ließ 1 Hose und 1 Wams da. Er steckte sich sein Jagtmesser an den Gürtel, nahm seinen Bogen in die Hand und schulterte seinen Rucksack. Er war bereit. Aran sputete die Treppe runter und versuchte den ekelhaften Gestank nach Tot nicht wahrzunehmen. Er versichterte sich, dass Shadow ihm auf Schritt und Tritt folgte und ging in die Küche. Der Junge überlegte kurz, füllte seinen Wasserschlauch und stopfte sich jede Menge Trockenfleisch in den Mund. Dann füllte er soviel wie möglich davon in seinen Rucksack, ehe er sich aus der Tür wagte. Die Außenwelt lag vor ihm, die Mörder seiner Eltern liefen da irgendwo rum und Aran war bereit. Für alles. Er wollte Alles erfahren: Was in der Welt vor sich ging, wer er war, warum seine Eltern ermordet wurden und wer seine leiblichen Eltern waren. Er pfiff nach seinem Hund und begann seine Reise.
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Während Aran durch die Wildnis des Elfenwaldes Èlfanesá stampfte, dicht gefolgt von Shadow, wirbelten tausende Gedanken in seinem Kopf herum. Er hatte seine Pflegeeltern nicht beerdigt, aber zurückzugehen war undenkbar. Er wollte und konnte den Anblick nicht erneut zu Gesicht bekommen. Es war einfach zu grausam. Wer tat sowas? Und wieso? Es waren keine Einbrecher, sonst hätten sie etwas mitgenommen. Aber wer waren diese 'sie'? Er wurde von einem Geräusch aus seinen trüben Gedanke gerissen. Es war das Knacken eines Astes. Leise, aber dennoch hörbar. Der Junge erstarrte vor Schreck. Das Geräusch wiederholte sich und wurde lauter. Immer lauter. Und da eskalierte die Situation : Aus den Büschen stürzte ein Mann, die Augen weit aufgerissen. In ihnen war die blanke Angst zu erkennen. Aran zog instinktiv sein Messer, aber der Mann beachtete ihn garnicht, sondern rannte keuchend an ihm vorbei. Shadow bellte und heulte die ganze Zeit, was die Lage noch gruseliger machte. Und dann kam das gruseligste, was Aran in seinem ganzen Leben gesehen hatte: Der Typ drehte sich um und formte lautlos, aber nicht zu unübersehen mit dem Mund ein Wort: Lauf.
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Aran erwachte aus seiner Starre. Er starrte den rasseld nach Luft schnappenden Mann an. Er schätzte ihn auf 50, mittelgroß, hatte schulterlanges, braunes Haar, das allerding schon graue Strähnen hatte. Sein bebender Körper war abgemagert, aber unter der Haut zeichneten sich kräftige Sehnen und Muskeln ab. Sein gehetzter Blick flog von Seite zu Seite, als würden sämtliche Dämonen der Unterwelt ihn jagen. Die Kleider waren vielleicht einmal eine Lederrüstung gewesen, doch jetzt hingen sie in Fetzen vom Körper ab. Als Arans Blick auf den linken Arm des Mannes fiel, stockte sein Atem: Dort wo die Hand sein sollte, war nur ein blutiger Stummel, aus dem noch ein Stück des Knochens ragte, der sich dort befinden sollte. Ihm wurde speiübel. Das fing der Mann plötzlich an zu sprechen. Seine Stimme war tief und die Worte kamen nur in Fetzen aus seinem Mund, da er so außer Atem war:"Komm...mit...Junge... Sie...kommen...Wenn du dableibst...holen sie dich." Dann machte der Ältere auf dem Absatz kehrt und rannte wieder los. Aran war schockiert. Wer war das? Wer verfolgte ihn? Und warum? Doch in dem Jungen weckte sich der Überlebensinstinkt und er dachte nichtmehr nach. Er konnte sich mit diesen ganzen Themen befassen, wenn er in Sicherheit war. Also rannte er los, dem Alten dicht auf den Fersen, gefolgt von seinem mittlerweile stillem Hund. Nach kurzer Zeit holte er den Mann ein und fing an, ihn mit Fragen zu bombardieren. Doch dieser machte nur eine wegwerfende Handbewegung mit seiner gesunden Hand, die zeigte, dass sie später reden könnten. Aran rannte was das Zeug hielt und schnaufte schon nach kurzer Zeit stark. Er hatte Seitenstechen und seine schmerzenden Füße donnerten Schritt für Schritt schmerzvoller auf den von Laub bedeckten Boden. Hinter Aran leises Hecheln. Shadow. Er musste lächeln. Der kleine, schwarze Hund war ihm sehr ans Herz gewachsen. Außerdem teilten sie dasselbe Schicksal: Sie hatten keine Eltern mehr. Da blieb der Mann vor ihm so abrupt stehen, dass Aran fast in ihn reingelaufen wäre und unterbrach seine Gedanken somit. "Was ist?" fragte Aran keuchend, während er sich umsah. Sie waren auf einer kleinen Lichtung gelandet."Tut mir leid", sagte der Greis, schwer auf die Knie gestützt,"unsere Begnung hätte wohl besser laufen können."Er grinste schief:"Mein Name ist übrigens Jorge, Aran."

Die Waldläufer des KönigsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt