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„Zum letzten Mal, Heini, das reicht nicht aus!"

Elothon war in Rage. Nicht nur schämte er sich für das, was er getan hatte, nun verstand Heini auch noch partout nicht, was geschehen musste, also setzte er erneut an.

„Das ist etwas, dessen Folgen dem einfachen Volk nicht gelehrt werden – wozu auch, niemand von ihnen ist für den Dienst bestimmt –, jedoch entsteht durch den Austausch der wahren Namen ein Bund zwischen zwei Personen, ein Bund der Dienerschaft. Wer immer den Namen zuerst sagt, bietet dem Gegenüber seine Dienste an – angenommen werden sie, wenn der Beherrschende ebenfalls seinen Geburtsnamen nennt. An dem Abend in der Kneipe haben wir unsere wahren Namen ausgetauscht."

Endlich ging Heini ein Licht auf. Er stotterte:

„A-aber, wenn der B-Beherrschende s-seinen Namen z-zuletzt nennt, d-dann ..."

„Dann bin ich in diesem Bund der Dienende, und du der Herrschende." In Elothons Stimme war deutlich die Erleichterung darüber zu hören, dass sein Gegenüber es endlich verstanden hatte. „Dieser Bund könnte die gesamte Weltordnung gefährden. Wenn Lords nicht länger uneingeschränkt herrschen, könnte das Volk anfangen, ihre Weisungen zu hinterfragen. Und dann wird das Land erneut in Kriege gestürzt, die Blut fordern."

Heini verstand. Er stimmte zwar nicht zu, welcher Untergeben tat das schon, aber widersprach auch nicht. Welcher Untergebene tat das schon.

„Und einer muss sterben, damit der Bund aufgehoben wird?", erkundigte er sich stattdessen und sah sich unruhig im Burghof Elothons um. Das Ganze begann ihm unheimlich zu werden.

„Richtig", bestätigte Elothon. „Es tut mir leid." Dann winkte er ein paar Wachen, die hinter ihm gestanden hatten, und wandte sich ab. Hinter sich hörte er Heini um Hilfe schreien. Seine Hände zuckten, und er musste sich an einem Ast festhalten, um nicht hinterherzustürmen – er war schließlich immer noch auf eine unheimliche Art Heinis Diener –, aber er schaffte es, dem Drang standzuhalten. Dazu trugen wahrscheinlich die Nägel bei, die seine Schuhe am Boden hielten, gestand er sich ein. Das war nicht seine eigene Widerstandskraft, es war die der Physik.

Es war spät am Abend, Elothon warf sich alleine in seinem Bett hin und her. Dies sollte Heinis letzte Nacht sein, morgen sollte dieser Fluch ein für alle Male beendet werden. Die Stricke, die ihn vorsorgehalber im Bett hielten, schnitten in seine Handgelenke. Rational wusste er, dass dies die richtige Entscheidung war, dennoch zwang ihn der Bund, Heinis Rettung nicht aufzugeben.

Verzweiflung kroch in ihm auf. Das alles war ein großer Fehler, der arme Mann durfte nicht einfach sterben. Er selbst würde sich an seiner Stelle in den Tod stürzen, der Bauer konnte schließlich nichts für Elothons Fehler – ja, so würde es sein.

Der Plan gab dem Lord neue Kraft. Seine Zähne schmerzten bereits, dennoch versuchte er ein letztes Mal, mit ihnen die Knoten an seiner rechten Hand zu lösen. Und endlich gelang es auch. Es dauerte nicht mehr lang, dann war er ganz befreit. Mit schnellen Schritten machte er sich auf, um seinen Herren zu retten.

Die Gittertür zum Verlies quietschte leise, als Elothon sie öffnete. Seit Jahrzehnten hatte es nicht mehr verwendet werden müssen, schließlich hatte es keine Kriege gegeben, aber in dieser Nacht hielt es seinen Herren gefangen.

Vor der Zelle, in der Heini sich befand, standen zwei Wachen. Elothon machte sich bemerkbar, und sofort wandten sie sich ihm zu, bereit, ihn gefangen zu nehmen. Doch Elothon wusste nun, wie es war, gegen den eigenen Herren zu arbeiten.

„Ich, Lord Elothon, befehle euch, mich zum Gefangenen zu lassen, und anschließend uns beiden die Flucht aus diesen Gewölben zu ermöglichen."

Elothon sah, wie es beide innerlich fast zerriss. Abends noch hatte er den Befehl gegeben, ihn unter keinen Umständen hineinzulassen – und nun forderte er es. Es tat ihm beinahe leid, als er sah, wie die Zweispaltung der beiden Befehle ihnen innerliche Schmerzen verursachte. Schließlich warfen beide ihre Waffen nieder und kauerten sich schluchzend in eine Ecke. Anscheinend siegten neue Befehle über alte, das war gut zu wissen.

Der Weg war frei. Der Lord sammelte die Waffen auf, die konnte er wohl gebrauchen, und befreite dann Heini von seinen Ketten. Das Skelett aus dem Nachbarverlies grinste sie dabei höhnisch an, aber Elothon schreckte jetzt gar nichts mehr ab. Er grinste einfach zurück.

Mein Beitrag zum Ideenzauber 2022Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt