Prolog

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Stumm beobachtete sie ihn während des Schlafes. Es war erst fünf Uhr morgens und die Sonne ging gerade über den Bergen auf. Leise stieg sie aus dem Bett und tänzelte ins Bad. Ihr Morgenmantel fiel sacht auf den Boden und sie schlüpfte in ein großes T-Shirt. Lächelnd begann sie sich zu schminken. Schon immer wusste sie sich gut in Szene zu setzen. Die Haare ließ sie heute offen über die Schulter fallen. Dann ging sie zurück ins Schlafzimmer. Er schlief noch immer friedlich und sie beschloss ihn nicht zu wecken. Stattdessen öffnete sie die Balkontür und trat in die Morgenfrische hinaus. Eine Gänsehaut überzog ihre Arme, doch es störte sie nicht. Eine Weile blieb sie einfach so stehen, beobachtete die aufgehende Sonne und dachte nach. Sie war ein Mensch, der nie zurück blickte, oder Fehler bereute. Ihrer Meinung nach, hatte sie alles richtig gemacht. Lächelnd löste sie sich vom Geländer und wollte wieder hineingehen, als ihr etwas weißes auf dem schwarzen Boden auffiel. Stirnrunzeln hob sie einen Zettel auf. Warum hatte sie ihn nicht früher bemerkt?

Fühlst du dich sicher? Ich kann dir versichern, es wird nicht von Dauer sein. Er gehört dir nicht.

Wütend knüllte sie die Botschaft zusammen. Jemand wollte ihr drohen? Ihr? Sie begann wütend auf und ab zu tigern.
"Was machst du so früh hier draußen?" Eine Stimme riss sie unsanft aus ihren Gedanken. Sie setzte ein falsches Lächeln auf und drehte sich um.
"Ich dachte, du schläfst noch?"
"Ich wurde durch die Sonne wach. Also, was machst du hier?"
"Nur frische Luft schnappen", log sie "Aber es ist kalt, lass uns rein gehen." Er nickte, trat auf sie zu und küsste sie auf den Hals. Sie ließ es geschehen, aber mit den Gedanken war sie ganz woanders.
"Weißt du wo sie ist?" fragte sie unvermittelt.
"Wer?" Er hörte auf sie zu küssen und runzelte verwirrt die Stirn. Er weiß nichts.
"Vergiss es. Was hälst du davon nach Japan zu reisen?"
"Einfach so?"
"Ja, lass uns die Taschen packen und den nächsten Flug buchen."
"In Ordnung", erwiderte er immernoch verwirrt. "Aber wen meintest du?"
"Niemanden." Sie legte eine Hand an seine Wange und zog ihn zu sich herab.
"Du stehst zu mir?" fragte sie zwischen zwei Küssen. Er sah sie prüfend an. Die Pause, die entstand, gefiel ihr nicht. Hatte er erraten, wen sie meinte? Hatten ihre Maßnahmen nicht gereicht? Sie machte einen Schritt zurück.
"Ich stehe zu dir", sagte er und sah ihr fest in die Augen. Sie erwiderte den Blickkontakt um keine Zweifek aufkommen zu lassen.
"Immer?"
"Immer."

Die Doppelgängerin (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt