Am nächsten Morgen wache ich auf der Terasse auf und wäre am liebsten liegen geblieben. Aber mir bleibt nur noch heute. Also muss ich mich aufraffen und gehen. Die Hitze scheint von Tag zu Tag weiter anzusteigen. Mit dem Stadtplan in der Hand kämpfe ich mich durch die Menschenmassen bis in den Stadtteil Brooklyn. Die Adresse hat sie mir nicht gegeben, darum muss ich auf jeden Klingelschild gucken. Den Namen weiß ich nur von Joleen. Plötzlich tippt mich jemand an die Schulter. Ich drehe mich um. Ein Mädchen starrt mich an. Sie hat lange blonde Haare, in denen eine Sonnenbrille steckt und grüne Augen. Sie erinnert mich an Dahna. Fast schon unverschämt sieht sie mich an.
"Ist irgendwas?" frage ich unsicher.
"Kann ich dir helfen?"
"Bitte?"
"Du siehst aus, als würdest du etwas suchen. Kann ich dir dabei helfen?" Nachdem ich etwas gezögert habe, sage ich"
"Ich suche eine Familie namens McIntosh." Das Mädchen fragt nicht nach dem Grund, sondern nickt, als sei das völlig selbstverständlich.
"Ich kann dich hinbringen." Sie geht voraus. Ich eile hinter her.
"Äh! Wie heißt du eigentlich?" rufe ich.
"Alice", antwortet sie. "Und du?"
"Mary." Sie nickt nur und geht weiter. Nach ungefähr zwei Minuten biegt sie rechts ab und sagr:
"Hier müsste es sein." Ich werde misstrauisch. Sie hat mich in eine dunkle Gasse gezogen, ich kann ur schemenhaft ihren Umriss erkennen. Plötzlich werde ich an die Wand gedrückt und zwei Hände legen sich um meinen Hals. Der Griff wird enger und enger, bis ich anfange Sternchen zu sehen. Ich will schreien, aber kein Ton kommt heraus, nur ein Würgen. Meine Hände versuchen, die des Angreifers abzuwehren, aber er ist zu stark. Ist es Alice? Wenn sie überhaupt wirklich so heißt. Aber dem Griff nach zu urteilen, ist es ein Mann. Ich bekomme nun fast gar keine Luft mehr, da der Angreifer mir mit dem Arm die Nase zu hält. Der Ohnmacht nahe, sinke ich auf den Boden und höre auf mich zu wehren. Hier soll ich sterben? Erwürgt von einem Unbekannten in einer schwarzen Gasse in New York? Die Arme der Dunkelheit greifen nach mir, als eine Stimme ruft:
"Stopp! Bist du wahnsinnig? Lass sie los!" Der Arm wird von mir weggezerrt und Sekunden später ist auch das Gewicht des Angreifers verschwunden. Ich liege auf dem Boden, röchele nach Luft und versuche wieder zur Besinnung zu kommen.
"Was soll die Scheiße? Ich habe es fast geschafft", sagt eine wütende Jungenstimme.
"Was geschafft? Sie umzubringen? Na herzlichen Glückwunsch!" Jemand berührt meine Arme und versucht mich hoch zu ziehen. Ich wehre mich, bin aber zu schwach. Mein Gesicht wird in Richtung Licht gedreht und ich blinzele.
"Wahnsinn", flüstert mein Gegenüber ungläubig. Ich blinzele und versuche meinen Rettee zu erkennen. Blondes Haar, grüne Augen, Moment! Ich kenne ihn doch! Der Hippie-Typ! Ich reiße mich von ihm los und taumele ein paar Schritte rückwärts. Im Schatten kann ich nur Umrisse erkennen. Drei Personen haben mich eingegrenzt. Alice, der Hippie und der Angreifer, kein Mann sondern ein Junge in meinem Alter.
"Was soll das?" Meine Stimme ist nur ein Krächzen. Der Würger blitzt mich so wütend an, dass ich es selbst hier im Dunkeln sehen kann. Alice tritt vor.
"Es tut mir leid, wirklich. Das war nicht geplant. Henry...übetreibt manchmal." Damit meint sie offensichtlich den Angreifer.
"Er hat mich fast erwürgt und du sagst er übetreibt manchmal?" Meine Stimme überschlägt sich und es klingt furchtbar. Alice verzieht das Gesicht.
"Du hast Recht, es tut mir schrecklich leid, Henry auch, stimmt's?" Der Typ schüttelt nur den Kopf, dreht sich um und rennt weg. Warum erinnert mich diese Situation so an Alec? Es tut weh. Der Blondhaarige sieht mich noch immer an. Da macht es klick! Das muss die Familie sein, von der Joleen gesprochen hat, aber wieso hat Alice mich hier her gelockt?
"Was ist?" fauche ich gereizt.
"Du...siehst jemandem sehr ähnlich." Was? Sie wissen von Joleen? Sie kennen sie?
"Wem?" Der Boden droht unter mir nach zu geben.
"Jemand den wir mal kannten."
"Wie ist ihr Name?" Der Blonde zögert und Alice sagt schließlich:
"Joleen. Sie hieß Joleen." Was soll ich jetzt tun? Joleen hat mir nie gesagt, dass sie die Familie wirklich persönlich kennt und offenbar, wie fast überall, keinen guten Eindruck hinterlassen hat. Nach einer Weile entscheide ich mich für die Wahrheit. "Ich kenne sie." Beide reißen erstaunt die Augen auf.
"Wie gut kennst du sie?" fragt der Blonde vorsichtig. Spielt er auf die Unsterblichkeitssache an? Wissen sie davon?
"Wir sollten das nicht hier besprechen!" Alice sieht sich um, als habe sie Angst, dass man uns belauschen könnte. "Komm mit uns. Wir werden das klären." Ich muss mit gehen, weil ich keine andere Wahl habe, aber mir ist nicht wohl dabei.
Wir gehen aus der Gasse raus und ich folge Alice und dem Typ bis zu einem Wohnhaus. Sie schließen auf und warten auf mich, als ich etwas zögernd vor der Tür bleibe. Alice lächelt mich aufmunternd an, aber sie wirkt gestresst.
"Keine Sorge, ich glaube nicht, dass Herny da ist." Ich folge ihr hinein und genau in dem Moment, wo ich das Wohnzimmer betrete, durschneidet ein lauter, durchdringender Klagelaut die Luft. Er ist von einem Mensch, kkingt jedoch einfach furchtbar. Ich zucke zusammen, als um die Ecke ein weiterer Junge biegt, der mich voller Schmerz ansieht.
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Die Doppelgängerin (2)
RandomMary hat ihr altes Leben hinter sich gelassen, um nach New York zu gehen. Aber was erwartet sie dort? Neue Freunde und vielleicht sogar eine neue Liebe? Aber kann sie Alec einfach vergessen? Gerade, als alles offenbar alles gut ist, holt Mary ihre V...