Kapitel 2 - Abbys Writing-Contest by @SabinaOehler

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Hier ist die Geschichte für den Oneshot-Wettbewerb von SabinaOehler

Sternentag

"Guten Morgen. Aufstehen mein Schatz. Heute ist dein großer Tag." Die sanfte Stimme meiner Mommy holte mich aus den Tiefen der Träume. Ich blinzelte. Traumsand verschleierte meinen Blick. Meine Mommy lächelte mich liebevoll an. Ihr dunkelblondes Haar war zu einem einfachen Dutt hochgebunden und gaben somit den Blick auf ihre glitzernden Ohrringe frei. Silberne Sterne schaukelten an dünnen silbernen Fäden. Als mir einfiel, dass heute wirklich der eine große Tag war, ging ein Ruck durch meinen Körper und ich setzte mich abrupt auf. Ich quiekte aufgeregt: „Heute ist mein Sternentag."

Damit war es vorbei mit meiner Müdigkeit. Ich schlüpfte aus dem Bett und hüpfte fröhlich von meinem Zimmer in die Küche. Mein Daddy stand mit dem Rücken zu mir und brutzelte Spiegeleier in der Pfanne. Mmh. Der leckere Duft ließ meinen Magen grummeln.
„Guten Morgen Daddy!" Er drehte sich um und ging vor mir in die Hocke. „Guten Morgen, kleine Maus." Seine Hand wuschelte durch mein Haar. „Und gut geschlafen?" Ich nickte begeistert.
„Ich habe von Kater Mio geträumt. Er hat den gaanzen Kühlschrank leer gegessen." Ich setzte mich an den Tisch, während ich weiter plapperte. „Und dann hat er total rosa geleuchtet. Und dann ist er immer größer geworden. Und dann hat er sich in ein Einhorn-Pony verwandelt." Ich kicherte bei der Erinnerung an den Traum.
Mommy war inzwischen auch schon in der Küche. Sie schenkte mir Orangensaft in mein Lieblingsglas ein. Es war das Glas mit den goldenen Sternen darauf. „Na zum Glück ist Mio wirklich kein Pony geworden. Sonst würde er nämlich nicht mehr in sein Häuschen reinpassen." Mein Blick fiel auf das Holzhäuschen auf der anderen Seite der Küche. Auf einem kleinen Schild stand: Hier wohnt Mio. Daneben war eine Zeichnung von Mio, die ich angefertigt hatte. Damit man immer erkennen würde, wer hier wohnte. „Stimmt, dann bräuchten wir ein großes Häuschen."

Ich nahm mir ein getoastetes Toastbrot vom Teller. Strich mit dem Messer Butter darauf. Ich aß Toast immer nur mit Butter. Der harmonische Duft der Wiesenblumen, die in einer Vase am Küchentisch standen, wehte zu mir rüber. Heute war mein großer Tag. Mein Sternentag. Heute würde ich zum ersten Mal einen Stern in meinen Händen halten. Einen wahrhaftig, echten Stern. Schon bei dem Gedanken wurde ich ganz hibbelig. Im Gegensatz zu dem weit verbreitenden Glauben aller anderen Menschen, wussten wir Sternenmenschen, dass Sterne Geschöpfe mit Herz, Verstand und fünf Zacken waren. Ihr Erscheinen als große helle Kugel benutzten sie bloß als Tarnung. Nur uns Sternenmenschen zeigten sie ihr wahres Aussehen. Meine Mum war ein Sternenmensch. Mein Dad war ein Sternenmensch. Deshalb war es nur logisch, dass ich ebenfalls ein Sternenmensch war. Sternenmenschen beschworen einmal im Monat die Himmelsleiter hervor. Dann kommt der Himmelskorb mit Sternen, die etwas benötigten. Etwas Medizin, wenn sie krank waren oder man polierte sie, damit sie weiterhin hell am Nachthimmel strahlten. Man konnte sagen, wir kümmerten uns um sie. Im Gegenzug bekamen wir von den Sternen eine bestimmte besonderer Eigenschaft. Mommy konnte die Sterne zeichnen, wie keine andere. Daddy konnte mit Sternenstaub wunderbare Torten backen und Omi konnte damit traumhafte Frisuren erschaffen. Niemand wusste, welche Eigenschaft man bekam. Man musste es selbst herausfinden. Meistens zeigte sich die Fähigkeit allerdings erst Jahre später.

Mum und Dad führten gerade ein Gespräch, ob auf die Torte besser goldene oder silberne Sterne aussehen würde. Mum meinte: „Silberne Sterne schauen viel dezenter aus. Ich finde Gold zu prunkhaft." Dad entgegnete: „Aber goldene Sterne heben sich viel besser von dem weißen Fondant ab." Dad war der Meisterkoch in unserem Haus. Er kochte die besten Gemüsecremesuppen und backte die köstlichsten Plätzchen. Besonders der gelbe Zuckerguss hatte sich in mein Herz geschlichen.

Mum war eher die Expertin für detailreiche Gemälde des Sternenhimmels. Niemand konnte die Magie des Himmels besser einfangen als sie. Zumindest kannte ich keinen, der es besser konnte. Ich beschloss, dass meine Meinung in der Diskussion gebraucht wurde. „Ich finde, dass beide Farben auf die Torte sollen. Wir wollen ja nicht die andersfarbigen Sterne benachteiligen." Mum lächelte mich liebevoll, mit Stolz auf dem Zug der Lippen, an. „Nora, was würden wir nur machen, wenn wir dich nicht hätten?" Dad wuschelte mir wieder durch die Haare. „Wenn du das sagst, dann machen wir das so. Du kannst die Sterne auch selbst drauflegen, wenn du willst."

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