6

117 12 1
                                    

Ich wusste nicht mehr, wo oben oder unten war.
Rechts oder links... Sie existierten, dessen war ich mir sicher, aber wo?
Keine Ahnung.
Alles, was meinen Verstand gerade interessierte, war Sherlocks Körper auf meinem.
Der großgewachsene Detektiv hatte seine Beine neben meiner Hüfte angewinkelt und rieb seinen Schoß immer wieder über meinen.
Die köstliche Mischung aus ersehnter Reibung und unbequemer Enge sorgte dafür, dass ich immer wieder unbewusst gegen ihn stieß, was ihm wiederum ein kehliges Keuchen entlockte.
Ich konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, noch wollte ich es wirklich wissen.
Es hatte Minuten gedauert, bis Sherlock offenbar bewusst geworden war, dass ich weder davonlaufen würde, noch irgendwie sonst Missfallen an unserem Kuss empfunden hatte.
So stürmisch und hektisch das hier begonnen hatte, so sinnlich und leidenschaftlich endete der Kuss gerade in dem Moment, wo wir beide offenbar dem Drang nach Sauerstoff nachgeben mussten.


Der Unterschied zu dem, was ich bisher kannte war offensichtlich.
Da pressten sich weder zwei weibliche, weiche Brüste gegen mich, noch war die Person über mir besonders kurvenreich oder zierlich.
Sherlocks Art zu küssen war ebenfalls gänzlich unweiblich.
Sie war typisch... Ja… Typisch Sherlock!
Hart, direkt und doch auf gewisse Weise scheu.
Ich hatte immer das Gefühl, dass er auslotete und testete, was in Ordnung war und was nicht.
Seine Finger waren ziemlich schnell von meinem Hals in Richtung meines Hinterkopfes und meiner Schultern gewandert, als habe er bemerkt, dass sich mein Instinkt daran immer wieder gestört hatte.
Es war schwer den Krieg und die damit verbundenen Erlebnisse zu kontrollieren
Selbst, wenn es um etwas ging, das derart weit von einer Bedrohung entfernt war.

Schwer atmend, öffnete ich die Augen und fand die grünblaue Galaxie direkt vor mir schwebend.
Sherlocks Wangen waren nun sichtbar gerötet und seine Lippen von unseren Küssen ein wenig geschwollen.
Als würden seine Augen etwas suchen, huschten sie kurz über mein Gesicht, dann erst huschte ein wundervolles, warmes Lächeln über das sonst so strenge und kontrollierte Gesicht.

Ich konnte an meiner Hüfte spüren, wie er sein Gewicht leicht verlagerte und nahm in der nächsten Sekunde den deutlicheren, aber nie schmerzhaften Druck auf meiner Härte wahr.
Die schlanken Finger eines Violinenspielers streichelten über mein Gesicht, fuhren die deutlich Falten entlang, welche das Alter und der Krieg in meine Haut geprägt hatten, und streichelten schließlich ganz behutsam über meinen Hals und über meine bekleidete Brust.

"Dein Körper vertraut mir nicht...", hauchte er, jedoch lag in den Worten keine wirklich klare Wertung.
Natürlich brachten mich diese Worte jedoch in Verlegenheit und ich fühlte mich genötigt, etwas zu meiner Verteidigung zu sagen, was Sherlock jedoch mit einem sanften Finger auf meinen Lippen unterband.
"Wie könnte er auch John?
Ich traue mir ja nicht mal selbst..."
"Sherlock...", versuchte ich trotz seiner Geste hervorzubringen, musste mich aber zwei Mal räuspern, bevor ich meinerseits endlich eine halbwegs klare Stimme fand.
"Ich vertraue dir..."
"Lügner", schmunzelte der Detektiv gutmütig und lehnte sich etwas zurück, nahm somit den Druck nun gänzlich von meiner Mitte, was ich einerseits erleichternd, aber auf der anderen Seite auch sehr frustrierend fand.
"Ich habe dir immer vertraut", versicherte ich ihm, worauf er mir erneut in die Augen sah und ernst nickt.
"Aber ich habe dieses Vertrauen zu oft missbraucht..."
Diese Tatsache zu leugnen wäre dumm, vor allem, da Sherlock die Wahrheit sehr wohl kannte.
"Wie ich sagte... Ich war ein Idiot", schloss er seinen Satz und schluckte hart, als müsse er sich sammeln.
"Wir alle sind das... Ab und an...", gab ich ihm mit einem beruhigenden Lächeln zurück, und fuhr mit meinen Händen seine angespannten Oberschenkel entlang bis zu seinem Gesäßmuskel und zurück zu seinen Knien.
"Ich werde alles dafür tun, dass du mir erneut ohne Einschränkungen vertrauen kannst, John.
Das verspreche ich dir."
Er sah mir bei diesen Worten direkt in die Augen und obwohl ich wusste, dass Sherlock Holmes niemals einen Schwur leisten würde, so hatte ich in diesem Moment das Gefühl, er habe es getan.
"Wir haben Zeit...", hauchte ich mit belegter Stimme und zog ihn erneut zu mir herunter.

Merry ChristmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt