Alkohol hat eine sehr negative Eigenschaft...
Seine Wirkung verfliegt sehr schnell, wenn man ihn gewöhnt ist.
So war es auch kaum verwunderlich, dass irgendwann der Moment kam, in dem mein Hirn merkte, dass seine Aktivität irgendwie gebraucht würde.
Zumindest nahm es das an...
Dieser Moment kam genau in der Sekunde, in der Sherlock sich erneut auf mir aufrichtete und meinen Körper zu betrachten begann.
Die Glut im fast erloschenen Feuer gab der alabasterfarbenen Haut einen warmen, rosigen Schimmer.
Die offensichtlich effektiven und nicht steroidal aufgepumpten Muskeln vor mir zeichneten sich mit beinahe scharfen Abgrenzungen von dem viel zu dünnen Körper ab.
Hier und da stachen ein paar prägnante Knochen hervor, doch das machte den Schwarzhaarigen weiß Gott nicht unattraktiver.
Er wirkte so jung... So...
So absolut das Gegenteil von MIR!
Ich wusste sehr genau, dass die erhabene sternförmige Narbe auf meiner Schulter hässlich war.
Ebenso wie mein Körper, der durch die Invalidität und dem nicht mehr täglichen Kampfeinsatzgebrauch deutlich an Straffheit und Bemuskelung verloren hatte.
Natürlich hatte ich ein paar Kilo zugelegt und...
"John..." Sherlocks dunkle Stimme ließ mich schluckend den Kopf wegdrehen.
Eine sinnlose Geste, wenn es um einen derart brillanten und sturen Kopf ging.
Eine lange, schlanke, aber nichtsdestotrotz unnachgiebige Hand legte sich an meine Wange und drückte mein Gesicht wieder nach vorne.
"Du denkst zu viel... John."
"Oder zu wenig…", gab ich ihm in einem Anfall von verletztem Stolz entgegen.
Gott, wie sollte eine wundervolle Kreatur wie er auch nur jemals Interesse an...
"John... Schluss damit, das ist lächerlich!"
Auch wenn es absurd war, in diesem Moment hatte ich wirklich das Gefühl, Sherlock las meine Gedanken.
Schluckend und beschämt über mich selbst, öffnete ich die Augen und sah ihm entgegen.
Die grünblaue Galaxie bohrte sich in meine Seele, durchleuchtete sie bis in den letzten Winkel, nur um mich noch nackter da stehen zu lassen, als ich mich... trotz der Tatsache, dass wir unterhalb unserer Nabel noch beide bekleidet waren... fühlte.
"Sher... Ich..."
"Du bist ein Idiot, ich weiß."
Diese *Ich kenne die Fakten, danke dass du sie wiederholst*-Stimme reizte mein ohnehin angeschlagenes Ego bis nahe an den Rand der Wut.
Das durfte doch nicht wahr sein!
"Jetzt funkle mich nicht so an. ICH kann nichts dafür, dass du in diesen kleinkarierten Schubladen denkst, in die ihr Normaldenkende so gern alles steckt um es der Illusion einer NORM anzupassen."
Das...
Jetzt reichte es!
Dieser idiotische, rechthaberische Bast...
"Du, gerade DU, solltest doch langsam wissen, dass diese Dinge mir völlig egal sind..."
Da war sie wieder... Diese verdammte Stimmlage, die mir Schauer durch das Rückenmark jagte, ohne das ich es wirklich wollte.
Die zarten, schlanken Finger des Violinenspielers glitten über meine gesunde Schulter, streichelten hauchzart darüber, fuhren über meinen Brustmuskel, der sich sofort unwillkürlich anspannte und glitten schließlich zu den dunkelrosafarbenen Ausläufern der Schusswunde.
Augenblicklich wandelte sich das zuvor einsetzende Kribbeln in ein sehr unangenehmes Gefühl und ich war versucht, erneut angewidert den Kopf wegzudrehen, was Sherlock mit einem kurzen "Lass den Unsinn!" unterband.
Irgendwie versuchte ich immer wieder Entschuldigungen dafür zu finden, wieso ich diesem arroganten Arsch eigentlich immer wieder ohne zu zögern gehorchte.
Meistens log ich mir selbst was vor... Erklärte es mit der Tatsache, dass Soldaten eben Befehlen gehorchten ohne nachzudenken...
Doch im Inneren... Tief in mir, da wusste ich, dass es einfach daran lag, dass ich SHERLOCKS Befehlen einfach gern gehorchte.
Ich wusste, ich konnte ihm vertrauen.
Meistens jedenfalls...
Erneut fuhren die Finger zu der Wunde und der Blick des Detektives wurde eindringlicher.
Er deduzierte mich.
Ein Teil von mir hasste es abgrundtief, wenn er das tat.
Doch der andere... Dieser kleine nicht totzukriegende Teil in mir... Der genoss diesen Blick gerade viel zu sehr, als ich jemals zugegeben hätte.
"Diese Normen sind langweilig, John", wurde ich belehrt.
"Diese allzu perfekten, modellierten und operierten Körper, die noch nur eins sind… NICHTSSAGEND... Was soll ich damit?"
Die Musikerfinger fuhren den sternförmigen Rand der Verletzung entlang, glitten zu der Mitte und verweilten, völlig drucklos, ein paar Zehntelsekunden dort.
Schließlich fuhren sie, diesmal weiter gefächert, zu meinem Herzen und blieben dort ein paar Schläge lang liegen.
Ein leichtes Lächeln deutete sich auf den sinnlichen Lippen vor mir ab, dann schloss Sherlock die Augen, legte den Kopf etwas zurück.
Erst als er wohl gefunden hatte, was er erwartet hatte, öffneten sich seine Augen wieder und er sah mir mit diesem unverschämt zufriedenen fast schon triumphalen Blick entgegen, den er immer hatte, wenn er einen Fall gelöst hatte.
"Du magst es, wenn ich dich ansehe... Du gibst es nicht zu, aber es ist so.
Habe ich Recht?"
Der Mistkerl wusste verdammt genau, dass er so gut wie nie falsch lag...
Aber die Genugtuung ihm das jetzt unter die Nase zu reiben, würde ich ihm bestimmt nicht geben.
Nicht, dass er das nicht gewusst hatte, denn er fuhr unbeirrt fort.
"Dein Gesicht ist gegerbter, faltiger als es bei einem gewöhnlichen Mann deines Alters angemessen ist."
Hatte ich erwähnt das er ein Ar...
"Du bist aber noch nie gewöhnlich gewesen, weshalb du auch um einiges interessanter für mich bist, als es Menschen für gewöhnlich sind...", fügte er hinzu und lachte mich wieder mit diesem gottverdammten Grinsen an, was mich rasend vor Wut und scharf zugleich machte.
"Dein rechter Arm ist stärker geworden seit Afghanistan. Er war früher weniger in Benutzung, hat aber durch deine psychosomatischen Beschwerden Kräfte zulegen müssen, was zu einer leichten Schieflage des Bizeps geführt hat.
Ferner dein Gew..."
"Es reicht jetzt...", knurrte ich leise, als er auf mein Gewicht zu sprechen kommen wollte.
Er grinste bloß, wollte erneut ansetzten, doch das unterband ich, in dem ich einen Nahkampftrick aus meiner Ausbildung einsetzte.
Es dauerte nur einen Herzschlag, dann lag der immer noch grinsende Consulting Detective unter mir.
"Es stört mich nicht im Geringsten, wenn meine Oberschenkel etwas abgepolstert sind, hatte ich sagen wollen..."
"Du musst immer das letzte Wort haben, oder?", seufzte ich mit gespielter Resignation in der Stimme, worauf er wieder nur süffisant grinste und wisperte:
"Wer hat denn mit dem Reden angefangen... Wo es doch so viele schöne anderen D..."
Mein Kuss beendete seinen Satz und ich konnte spüren, dass er dieses eine Mal so gar nichts dagegen hatte...
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Merry Christmas
FanfictionBBC Sherlock. Ein Weihnachtsfest das alles zwischen Sherlock Holmes und Dr. Watson für immer verändern wird.