Kapitel 2

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Am nächsten Morgen war ich die erste von uns, die aufstand. Es war noch recht früh, doch die Sonne schickte bereits vereinzelte Strahlen durch die Rollos in meinem Zimmer.

Ich verließ schlaftrunken mein Gemach, nachdem ich mir etwas leichtes angezogen hatte, und stolperte die Stufen der Treppe hinab in meinen liebsten Raum im Haus, die Küche. Und da es mitlerweile schon Tradition geworden war, trottete Kiwi auch an diesem frühen Tag den gesamten Weg entlang neben mir her. Ich setzte zuerst einmal Wasser auf, damit ich Tee kochen konnte. Normalerweise brauche ich am Morgen einen Kaffe um wach zu werden. Halb schwarz, halb weiss.
Aber die Ereignisse in letzter Zeit sorgten dafür, dass ich beim Aufwachen immer von Kopfschmerzen geplagt wurde, und dagegen half ein frischer Tee eigentlich am besten.

Während das Wasser im dafür vorhergesehenen Kocher zu zischen und brodeln begann, öfnete ich die Terassentür, damit mein kleiner Hund sich etwas austoben konnte. Der süsse Kiwi lief in den Garten und schnüffelte an den Tulpen herum, rannte ein wenig im Kreis und amüsierte mich mit seiner heraushängenden Zunge, die wackelnd aus seinem Mundwinkel schlabberte, während er umher hetzte.

Nachdem das Wasser schön heiss geworden war, und ich es auch hinbekam mir beim Einschenken die Finger zu verbrennen, angelte ich mir aus einem der vielen Wandschränke einen Beutel Kamille und lies meinen Tee ein wenig ziehen, während ich den Tisch zu decken begann.

Als ich gerade die letzte Tasse aufstellte, tapste Kiwi durch die Vollglas-Terassentür und trug seinen liebsten, himmelblauen Quitscheball im Maul. Er legte ihn mir vor die Füsse und sah mich aus - logischerweise - Hundeaugen von unten her an.

Da ich das ganze Spiel ja schon kannte hob ich den vollgesabberten Ball vom Boden auf und schmiss ihn in den Garten hinaus. Der kleine Hund sprintete hinterher und brachte ihn mir wieder zurück. Das Ganze Prozedere wiederholten sie einige Male, bis mein Spielgefährte erschöpft war, sich vor der Tür einrollte und zu dösen begann.

Ich schmunzelte leicht und trank einen Schluck aus meiner Lieblingstasse, ein See mit vielen Enten war darauf abgebildet und sie war noch aus Zeiten meiner Grossmutter, verbrühte mir dabei die Zunge und blies deshalb einige Minuten lang über die Oberfläche des Getränks bis es endlich die perfekte Temperatur erreicht hatte, nachdem ich vorher meine Hand vom Hundesabber befreit hatte.

Ich trank gerade einen Schluck des herlichen Gebräues, als mein kleiner Bruder, gefolgt von unserem Besucher in die Küche stürmte. Mein zwölfjährige Junge und sein anscheinend neuer Freund Mikko sagten ein schnelles guten Morgen und rannten dann zusammen in den Garten. Auch Kiwi entschied sich nun wieder gegen das Faulenzen und sprang hinter Robin her. Direkt auf der Schwelle zur Aussenanlage hielt Mikko aprupt an und drehte sich auf der Stelle um, bis er mich ansehen konnte.

„Dein Bruder hat gesagt, du könntest mir eventuell mit meinem Rätsel helfen", meinte er. Seine rechte Augenbraue hob sich.

„Das kann schon sein... Aber vorher müsstest du mir das Rätsel erst einmal verraten", antwortete ich interessiert. Ich versuchte, es ihm nachzumachen, gab aber nach zwei Sekunden wieder auf, da ich es einfach nicht hinbekam nur eine einzelne Braue hoch zuheben. Es sah wohl ziemlich lächerlich aus, denn Mikko konnte sich nur mit Mühe sein herzerwärmendes, strahlendes Lächeln verkneifen.

Nachdem er sich wieder gefangen hatte und ich meinen peinlichen Zwischenfall überwinden konnte, zitierte er endlich: „Sucht da wo ihr viele Geschichten findet, lange und kurze, alte und neue. Sucht an ihrem Ursprung."

Das brachte mich zum schmunzeln, so schlicht? Ob Mikko wohl doch nicht so schlau war?
„Du scheint wirklich nicht von dieser Welt zu sein. Also die Antwort auf die erste Frage lautet: Bibliothek. Die der zweiten Frage ist meines Erachtens: beim Autor. Wen du willst kann ich dich nachher mit in die Bibliothek nehmen, ich muss da sowieso hin."

Dans Un Pay, Loin D'ici...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt