Kapitel 3

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Völlig verdattert wachte ich auf, zerzauste Haare und verspannte Gelenke. Mein Blick wanderte zur Uhr, der Zeiger stand auf 8. Warum zur Hölle wachte ich schon so früh auf? Ich musste nicht lange überlegen, um eine Antwort zu erhalten, ich hatte wieder von ihm geträumt. Selbst wenn ich schlafe verfolgte er mich, ich würde dies gerne abstellen können, aber es funktionierte nicht, egal was ich machte. Gähnend raffte ich mich auf, kramte mir einen Pullover und eine schwarze Leggins aus meinem Kleiderschrank und begab mich ins Bad.

Frisch geduscht und mit schlechter Laune bemühte ich mich die Treppen hinunter in die Küche zu gehen, ohne dabei hinzufallen, ich fühlte mich so schwach, hatte keinen Antrieb. Unten erwartete mich schon sehnsüchtig meine Katze, sie hatte einfach immer Hunger, anders als ich. Am Küchentisch frühstückten schon meine Mutter und meine beiden Brüder, der Tisch war mit allerlei Leckereien gedeckt. „Möchtest du auch etwas essen?“ fragte sie mich und nahm einen Schluck Kaffee. „Nein, ich habe keinen Hunger.“ „Hast du am Wochenende schon was vor?“ fragte sie weiter. „Stefan hat eingeladen, aber ich weiß nicht ob ich hin gehen soll, irgendwie habe ich keine Lust.“ Antwortete ich ihr. „Wenn du dich anders entscheidest, fahr bitte nicht betrunken mit dem Auto.“ Legte sie mir ans Herz und wandte sich wieder dem Frühstück zu. „Nein, keine Sorge. Falls ich etwas trinken würde, würde ich bei Stefan auf der Couch übernachten.“ Ich setzte mich kurz zu ihnen an den Tisch und starrte auf meinen Handybildschirm, las mir die erhaltenen Nachrichten durch. Hauptsächlich Informationen über die bevorstehende Party. Es würde mir gut tun, meine Freunde zu sehen, mich ablenken. Schließlich begab ich mich wieder in mein Zimmer, schaltete den Fernseher an und öffnete das Fenster. Prompt holte ich mir eine Zigarette und kauerte mich auf das Fenstersims. Diese innerliche Vorfreude die ich empfand als ich sie anzündete, war immer wieder das Highlight meines Tages. Mein Blick wanderte in die Ferne, es war Ende Januar, ich würde lügen wenn ich sagen würde es sei tiefster Winter, heute schien die Sonne und färbte die Landschaft mit ihrem trüben Licht. Wenn es doch endlich wärmer werden würde, vielleicht hätte auch ich dann bessere Laune oder einen Lichtblick auf bessere Zeiten. Ich nahm einen tiefen Zug, schloss die Augen. Bald ist Schulschluss, unser Lehrer hatte uns noch einen Test in Fachkunde aufgebrummt, Lust zu lernen hatte ich aber nicht. Als ich zu Ende geraucht hatte legte ich mich wieder in mein Bett, suchte nach neuen Angeboten im Internet. Dem Fernseher schenkte ich keine Beachtung.

Völlig perplex wachte ich auf, meine Augen verklebt und meine Wangen nass. Ich war eingeschlafen und hatte wohl im Schlaf geweint, kein Wunder bei dem Mist was ich geträumt hatte. Ein Blick auf mein Handy verriet mir das es nun 1 Uhr war, darunter etliche Nachrichten von Stefan, ob ich heute auch kommen würde oder nicht und wenn ja ob ich eine Flasche Wein mitnehmen könnte. Ich hatte ihm noch nicht zugesagt. Ich tippte eine kurze Nachricht, dass ich kommen würde, in 5 Stunden würde es dann auch schon losgehen. Kurz wischte ich mir mit der Hand über das Gesicht, fütterte meine Fische und ging dann wieder in die Küche. Ich sollte etwas Essen, wenigstens einen Bissen musste ich hinunter bekommen. Meine Mutter sah ich nirgends, ebenso wenig meine Brüder. Im Kühlschrank fand ich nichts Essbares, auf was ich Lust hätte, also schnappte ich mir eine Scheibe Brot. Ich biss ab und musste sogleich den Würgereiz unterdrücken. „Das ist so ekelhaft.“ Seufzte ich, quälte mir die Schnitte dennoch hinunter. Wie sollte ich mir die Zeit bis hin zur Party noch vertreiben? Fachkunde lernen oder doch noch eine Runde mit dem Auto fahren? Ich holte mein Handy raus und rief einen Kumpel an, ob er noch was Trinken gehen möchte. Er sagte mir zu, ich setzte mir noch eine Mütze auf und machte mich auch gleich auf den Weg.

Das Kaffee in dem wir uns trafen war nicht weit entfernt, ich war mit ihm schon oft hier, es hatte eine gemütliche Atmosphäre und es gab leckere Eistees. Dominik wartete bereits vor dem Gebäude auf mich, die Hände lässig in der Hosentasche. Er kam auf mich zu und wollte mich umarmen:“ Warte kurz.“ Meinte ich schnell, zog noch einmal an meiner Fluppe und dämpfte diese dann aus. Der Bursche drückte mich kurz an sich und fragte dann:“ Und? Was geht so bei dir?“ „Bei mir läuft´s rückwärts und bergab, aber sonst alles super.“ Beantwortete ich seine Frage scherzhaft. Wir setzten uns auf den üblichen Platz, neben dem großen Fenster, sodass ich alle vorbeigehenden Menschen gut beobachten konnte. Ich kannte den Jungen schon eine Weile, ich hatte zur Weihnachtszeit eine Wette mit Stefan am laufen, wer die Meisten Abonnenten auf der Instagram Plattform sammeln konnte und im Rahmen dieser Wette hatte ich dann Dominik kennengelernt. Nachdem er mich um Nacktfotos gefragt hatte, wofür ich ihm mal ordentlich die Meinung geigte, kamen wir ins Gespräch und ich stellte fest, dass wir eigentlich einen ziemlich guten Draht zueinander hatten. Er war zwar um einiges jünger als ich, aber das war mir herzlichst egal. „Weißt du denn schon was du bestellen möchtest?“ fragte er und besah sich die Speisekarte. „Ich werde das übliche nehmen.“ Antwortete ich schlicht und spielte mich mit dem kleinen Lämpchen, welches auf dem Tisch stand, das Ding hatte als Einschalter einen Touch-Sensor, dieser hatte es mir angetan. „Chai Latté oder Eistee?“ Kurz überlegte ich:“ Chai Latté. Und was nimmst du? Also falls du mit deiner Intelligenz Prothese überhaupt etwas Lesen kannst.“ Ich machte immer Witze darüber, dass er so schlechte Augen hatte, aber er nahm mir das nie übel, neckte er mich doch auch immer. „Ich würde was lesen können, wenn du mal diese Lampe eingeschaltet lassen würdest.“ Witzelte er und wandte sich wieder der Karte zu. „Überredet.“ Ich ließ die Leuchte in Ruhe und knabberte stattdessen an meinen Fingernägel rum. „Was hast du heute noch vor?“ erkundigte er sich, während er umblätterte. „Stefan schmeißt heute eine Party, ich habe aber eigentlich keine Lust.“ „Wieso das denn? Wird bestimmt lustig.“ „Ich bin eher nicht so motiviert zum Party machen.“ Seufzte ich. „Ist wirklich alles in Ordnung?“ hackte er nach und sah mich genauer an. Wenn ich so nachdachte, würde bestimmt jeder Außenstehende sehen das es mir nicht gut ging. Ich hatte blasse Haut und durch meinen Ekel vor Nahrung 10 Kilo abgenommen, sodass meine Knochen gut sichtbar waren, deshalb die langen Pullover. Bevor er jedoch weiter fragen konnte, kam eine Kellnerin und nahm unsere Getränke auf, worüber ich sehr erleichtert war.

Wir blieben sage und schreibe 3 Stunden bei unserem Nachmittagstratsch sitzen, bestellten uns noch einmal Getränke, ich meine heißgeliebte Cola, machten Witze über unsere Arbeit und redeten viel über Autos. Er verabschiedete sich mit den Worten „Trink nicht so viel“ und als ich ihm hinterher rief, dass ich keinen Alkohol trinken werde glaubte er mir natürlich kein Wort, hob nur kurz die Hand ehe er von dannen schritt. Als ich in meine Benzinkutsche stieg und den Motor startete dachte ich noch einmal über seinen Abschied nach. Ich nahm mir fest vor keinen Alkohol zu trinken, geschweige denn, lange zu bleiben. Aber irgendwie glaubte ich mir selber nicht.

Tschick, Cola und ein bisschen GrasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt