3 Das Warten hat ein Ende

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"Lorry!"

Meine Cousine,die direkt nach mir an der Reihe war und anscheinend keinen Schmerz fühlte, sah mich ein paar Schritte von mir entfernt ungläubig an.

"Was ist?" irritiert schaute ich zurück.

"Du musst dich im Spiegel sehen."

Wir wurden in den Wartebereich, geführt, in dem auch schon einige andere "neue" saßen.

Einige unterhielten sich leise,meditierten oder betrachteten ihr Spiegelbild da sie sich entweder wirklich verändert hatten oder nach solchen suchten.

Ich hastete immer noch aufgewühlt zu einem Spiegel und musste mir die Hand vor den Mund halten, um nicht aufzuschreien.

"Meine Ha-are,mei-meine Augen." ich strich fasziniert und gleichzeitig geschockt über meine nun dunkelroten Haare und kniff meine....braunen Augen zusammen. Ich erkannte mich nicht wieder im Spiegel.


Meine Cousine sah etwas frustriert aus.

"Deine Verwandlung kommt noch, jetzt schmoll nicht."

"Ich sag doch nichts...es ist nur..du siehst wunderschön aus!"

Jetzt lächelte sie mich an und umarmte mich.

"Jetzt sind wir Engel,wir haben es fast geschafft!"

Gerade wollte ich ihr zurück geben noch nicht genau zu wissen was ich von dieser "Verwandlung"halten sollte, doch da wurden wir auch schon von einer neuen Stimme unterbrochen.


"Die Erwählten haben sich bereit gemacht für eure Rettung. Denkt daran ihr dürft unter keinen Umständen hoch aufs Dach schauen. Ihr Gefährdet dadurch nicht nur euch sondern auch die ganze Zeremonie und das Leben eines Übernatürlichen."

Bei ihren Worten musste ich immer wieder in den Spiegel hinter mir blicken, ich kam mir so fremd vor...

"Miss Thorn!"

"Ja?" Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen und schreckte auf.

"Sie haben ihre Flügel vergessen. Wie wollten sie ohne die ihren Erwählten retten?!"sie sah mich etwas genervt an, sagte jedoch nichts weiter als ich mir meine Kette bei ihr abholte.

Im laufe der nächsten Monate würden wir lernen wie wir unsere Flügel unkenntlich für andere machen konnten. Die ersten Stadien waren sie in andere Gegenstände zu verwandeln, später konnte man es sogar schaffen sie in eine art Tattoo zu verwandeln oder sie komplett unsichtbar zu machen.

Meine Cousine machte mir die Kette, die nur aus einem silbernen dünnen Kettchen bestand ,zu.

"Dankeschön."

Ich flüsterte es ihr zu während wir uns erneut nebeneinander aufstellten.

Mein Vater hatte mir gesagt dass dieses ganze Prozedere langwierig und anstrengen werden würde, doch durch die ganzen Gefühle die stetig auf mich einwirkten fühlte ich mich schon jetzt unglaublich ausgelaugt.

Hand in Hand liefen wir nun schweigend den Platz zurück zur Kathedrale.


Ein letztes Mal strich meine Cousine mit gesenktem Kopf über meinen Handrücken, ehe wir uns los ließen.

Einatmen.

Ausatmen.

Lorelei Thorn du schaffst das,gleich hast du es geschafft.

Ich lenkte mich mit dem Gedanken an die Erwählten...unsere Seelenverwandten ab.

Sich von einem unglaublich hohen Gebäude fallen zu lassen war wohl schlimmer alles was wir bisher leisten mussten.



"Schutzengel schließt nun eure Augen. Konzentriert euch auf eure innere Stimme und lasst euch von ihr leiten."

Die Worte der Schuldirektorin halten noch in meinem Kopf nach, ehe ich meine Augen schloss und ich mich sammelte.

Ein kehliger Schrei durchbrach die Stille und lies mich zusammen Zucken, den Reflex meine Augen zu öffnen musste ich unterbinden.

Ich hörte Schritte über dem Waldboden und ein Schluchzer.


Das erste Pärchen,die ersten Seelenverwandten,hatte sich gefunden.


Ich war viel zu aufgeregt um mit zu zählen wie viele Bindungen schon von statten gegangen waren,doch nachdem auch meine Cousine,leise und nur durch einen Windzug neben mir, für mich erkennbar verschwand, wuchs meine Aufregung. Einige ließen keinen Laut von sich sodass man nur einen eventuellen Schrecken eines Engels oder erleichterten Seufzer hörte.

....

Meine Kopfhaut prickelte,meine Fingerspitzen glühten heiß auf,ein Stoß vergleichbar mit dem bei meiner Verwandlung ging durch meinen Körper,nur dass es diesmal Realität war. Ich wurde nach vorne gezogen und bevor ich wusste wie mir geschah hatte ich eine Person fest in meinen Armen.

Ich riss die Augen auf und sah in die Augen meines Erwählten, meinem Seelenverwandten und dem der mich von nun an für immer begleiten würde und für den ich mein ewiges Leben in der Not würde opfern.


Die Erwählten(Die Schutzengel-Saga)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt