Kapitel 13

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Tayla und ich hatten es unbemerkt in meine Wohnung geschafft. Sie rannte gerade von Raum zu Raum wie ein aufgescheuchtes Reh und bestaunte die ganzen Geräte und Möbelstücke. Zum Glück hatte sie das Aussehen eines dreizehn jährigen Mädchens. Niemand würde sich groß wundern, wenn sie in der Öffentlichkeit neugierig alles betrachtete. Keiner käme auf die Idee, sie für ein Alien zu halten. Was ich jedoch nicht wusste, war, ob es passieren konnte, dass sich Tayla plötzlich in ihre wahre Gestalt zurück verwandelt, wenn sie nicht aufpasste. Also hoffte ich, sie blieb ohne weitere Anstrengung so wie sie gerade aussah.

»Was ist das alles?«, rief sie begeistert und schaute sich schon das Nächste an, ohne meine Antwort abzuwarten.

Ich gähnte und erklärte, dass ich ihr morgen alles zeigen würde. Meine Hand fühlte in der noch nassen Hosentasche nach meinem Handy, aber ich fand es nicht. Schlagartig wurde mir etwas bewusst. Als ich ertrunken war, musste es rausgefallen sein und selbst wenn ich es noch hätte, würde es wahrscheinlich nicht mehr funktionieren. Jetzt trieb es irgendwo im Meer. Ich war heute nicht mehr in der Lage, mich darüber aufzuregen. Im Moment war ich einfach nur froh, noch zu leben. Vielleicht fand ich es bei der nächsten Ebbe wieder. Theoretisch müsste ich es relativ nah am Strand verloren haben. Aber traute ich mich überhaupt noch dahin? Das letzte Mal war ich deshalb gestorben. Es war immer noch ein komischer Gedanke, dass ich wirklich tot gewesen war, weil ich nun lebendig durch meine Wohnung hüpfen könnte, wäre da nicht die Müdigkeit. Fürs Erste hielt ich mich lieber vom Wasser fern.

»Suchst du was?«, fragte Tayla neugierig.

»Ja, mein Handy. Ich muss es im Meer verloren haben.« Seufzend ging ich zu meinem Kleiderschrank.

»Was ist ein Handy?«, quetschte mich Tayla weiter aus, während sie mir folgte.

»Schwarz, rechteckig und dünn. Ich hatte es auf eurem Raumschiff, weißt du noch? Damit kann man Fotos machen, telefonieren, texten, im Internet recherchieren, Spiele spielen und vieles mehr.« Wahrscheinlich konnte sie mit all den Begriffen kaum etwas anfangen.

»Stimmt, davon habe ich mir die Akte auf unserem Schiff durchgelesen. Das kleine Ding bedeutet euch Menschen viel, oder?«

Ich nickte bloß schulterzuckend. Etwas sehr Wichtiges hatte ich nicht auf dem Handy gespeichert. Es war nur schade um die Fotos, und dass ich die Kontakte jemals wieder zusammentragen konnte, war unwahrscheinlich. Ich wollte mir sowieso demnächst ein neues Gerät kaufen, also trauerte ich nicht lange um mein altes. Schließlich war ich nicht so verrückt, mein ganzes Leben darauf zu speichern.

Rasch warf ich mir neue Sachen über und ließ mich ins Bett fallen. Eigentlich wollte ich das Salzwasser noch abduschen, aber es war mitten in der Nacht und ich war hundemüde. Ich vergrub mein Gesicht in einem flauschigen Kissen, als Tayla sich neben mich setzte. »Was machen wir jetzt?«, fragte sie. Statt zu antworten, grummelte ich vor mich hin. Meine Augen ließen sich nicht mehr öffnen. Von dem Adrenalinkick war nun nichts mehr übrig. Und es gab einiges zu verdauen, wenn ich mein Gehirn anstrengte, aber dafür fehlte mir aktuell die Kraft.

»Wieso liegst du hier nur herum?« Sie war echt so nervig wie ein Kleinkind, stellte ich seufzend fest. Ich wollte jetzt schlafen. Mühsam rappelte ich mich auf und schaute ihr in die Augen. »Es ist Nacht und Menschen legen sich dann ins Bett und schlafen, bis es wieder Tag ist oder noch länger. Da du jetzt eine von ihnen bist, solltest du das Gleiche tun«, erklärte ich und verdammte mich innerlich für diesen scharfen Ton, der sich in meine Stimme gemogelt hatte. Wenn ich müde war, nahm ich mir nicht die Kraft zum Freundlichsein.

Sie rollte mit den Augen. »Das ist aber langweilig. Ich will alles über die Menschen lernen«, nörgelte sie. »Hast du das schon vergessen?« Wo war das erwachsene Alien von vorhin? Langsam verlor ich die Nerven. Und dann wäre ich wirklich unerträglich. Das wollte ich ihr allerdings nicht antun, denn damit würde ich sie ziemlich schnell vergraulen. Ich war noch vor wenigen Minuten tot gewesen und jetzt musste ich mich mit einem nervigen Kleinkind abgeben. War das ernsthaft meine Bestimmung? Das Glück der zweiten Chance? Es fühlte sich nämlich eher wie eine Bestrafung an.

Alienwar - Ist das der Untergang?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt